Punkte wahrgenommen, welche von ersterem theils durch Gebiete,
aus denen negative, theils durch grössere Zonen, aus welchen gar
keine Nachrichten vorliegen, getrennt sind, nämlich im 0. in Donau-
eschingen und Pföhren, im S. in Aarau, im W. in einigen Orten
im Eisass (s. unten).
Die Form der Erschütterung wird in sehr mannigfaltiger Art
geschildert, bald als ein mehr oder weniger heftiger Stoss, Ruck
oder Schlag, bald als deutlich wellenförmige, auf und ab schwankende,
bald als rüttelnde Bewegung, vielfach nur als ein leises Erzittern
des Bodens oder Hauses. Im allgemeinen wurde nur ein Stoss
wahrgenommen, nur an wenigen Orten wurden deutlich zwei rasch
auf einander folgende Stösse empfunden, von denen meist der erste
der stärkste war. Schallerscheinungen begleiteten fast allgemein die
Erschütterung oder gingen ihr worauf. An einigen Orten, nahe der
Grenze des Schüttergebiets, wurden nur die Schallerscheinungen
ohne gleichzeitige Erschütterung wahrgenommen.
Das Gebiet stärkster Erschütterung umfasst das obere Wiesenthal
bis etwa Zell abwärts, Todtmoos, den Feldberg, die Orte am
Südostabhang des Feldbergmassivs, die Umgebung von St. Blasien
und Schluchsee. Hier wurde das Erdbeben von der gesammten Bevölkerung
wahrgenommen und grösstentheils als „stark“ oder „sehr
stark bezeichnet. In Todtnau und Todtmoos sollen einzelne Personen
in Folge der Erschütterung umgefallen sein, in .letzterem Ort
auch verschiedentlich Gegenstände. „Die Erschütterung war so
heftig, dass man glaubte, die Häuser stürzten ein.“ In Marnbach
(bei Zell) erhielt das Eis der Wiese Risse. In Schwarzhalden und
Blasiwald (zwischen St. Blasien und Schluchsee) stürzten viele Leute
erschreckt ins Freie; in ersterem Ort. erhielt in einem Hause eine
Wand einen Riss. In Urberg (südwestl. von St. Blasien) fiel in
einem Hause das Verschlussblech von der Ofenöffnung ab.
D a s Erdbeben ging wa hr s che i nl i ch aus von der
Grenzl ini e zwi s chen Gr ani t und Gnei s s , die sich von
der Bä rha l de l ängs des Sü d os t a b ha n g e s des He r zogen-
horns na ch SSW. zieht . Von hier pflanzte sich die Erschütterung
nach SW. und NO. weiter als in den übrigen Richtungen fort. Neben
der Lage' und Gestalt der Erdbebenaxe zeigten sich vielfach die
Streichrichtungen der Gesteine für die Fortpflanzung der Erschütterung
massgebend. Die grossen Verwerfungslinien erwiesen sich überall
als starke Hemmnisse für die Fortpflanzung der Bewegung. Im N.
scheint das Triberger Granit-Massiv gewissermassen als Wellenbrecher
gedient zu haben. Die Erschütterung in Donaueschingen und Pföhren
ist mit ziemlicher Sicherheit als eine secundäre, hervorgebracht durch
den Einsturz eines kleinen unterirdischen Hohlraums, anzusehen.
Aus dem Eisass liegt eine noch dazu etwas zweifelhafte positive
Nachricht aus Kolmar vor; da die übrigen Angaben von hier negativ
lauten, so ist die Erschütterung hier jedenfalls äusserst schwach gewesen.
Deutlicher wurde das Erdbeben in St. Ludwig, Sierenz,
Habsheim und dem Rebberg bei Mülhausen (östlich der Bahn), am
stärksten, wie es scheint, in Habsheim, wo in einem Hause in Folge
der Erschütterung ein Bücherschrank umstürzte, beobachtet. (Strassburger
Post.) Die genauesten Angaben hat Dr. B ronnert, Assistent
an der Chemie-Schule in Mülhausen gemacht. Derselbe theilte Folgendes
mit: „Am 13. Januar wurde von mir in meiner Wohnung,
Brubacher Strasse auf dem Rebberg, östlich der Bahn im ersten Stock
ein Erdstoss wahrgenommen. Es war nach meiner Uhr 5 Uhr 15 Min.
Nachmittags; da dieselbe gegen die Telegraphenuhr o Min. nachging,
so war es also 5 Uhr 20 Min. Ich sass an meinem Schreibtisch.
Es war eine einmalige, etwa 10 Secunden andauernde Erschütterung,
die Alles erzittern liess, ohne in einer Richtung bestimmend
zu beeinflussen. Möbel fielen keine um, dazu war der Stoss
zu schwach. Dagegen gerieth eine Hängelampe in Schwingungen,
doch entsprachen auch diese keiner bestimmten Himmelsrichtung.
Nachbarn haben den Stoss ebenfalls wahrgenommen, jenseits der
Bahn, im eigentlichen Mülhausen, konnte dagegen Niemand die geringste
Auskunft geben.“ Auch sonst liegen aus Mülhausen nur
negative Nachrichten vor (Professor F örster) , ebenso aus Pfirt
(Apotheker K ern), Altkirch (Kreisdirektor Illing) , Hüningen (Bürgermeisteramt),
Gebweiler (Oberlehrer W irz) , Neu-Breisach (Bürgermeisteramt).
Auch die Seismometer der Strassburger Erdbebenstation
zeigten an dem Tage keinen Ausschlag.
Die vier erschütterten Orte St. Ludwig, Sierenz, Habsheim,
Rebberg liegen nahezu auf einer von SO. nach NW. sich erstreckenden
geraden Linie, während in der gesammten Rheinebene die Erschütterung
nicht mehr wahrgenommen wurde. Diese Erscheinung
hat etwas Räthselhaftes. Am wahrscheinlichsten ist die Annahme,
dass es sich hier um ein sogenanntes Relaisbeben, uin eine durch
das Hauptbeben hervorgerufene Auslösung von Spannungen längs
einer in jener Richtung in der Tiefe verlaufenden Dislocationslinie
handelt. Ein unmittelbarer Beweis für diese Annahme lässt sich
allerdings nicht erbringen. Doch darf wohl darauf hingewiesen
werden, dass im Sundgau und besonders in der Umgebung von Mülhausen
schon mehrfach selbständige, nicht von anderen Gegenden
nach dort fortgepflanzte Erschütterungen beobachtet sind, so am
18. August 1728, am 1. September und 2. December 1761, am
11. März 1816, am 29. Januar 1835, am 24. Januar 1840, am
4. März 1859.
In Menzenschwand wollen einige Bewohner eine halbe Stunde
vor der Haupterschütterung eine schwächere beobachtet haben. Nachbeben
wurden wahrgenommen in Lorettoberg (südl. Freiburg) um
6 Uhr, in Ebringen (südwestl. Freiburg) zwischen 12 und 1 Uhr
Nachts, in Kirchzarten und Hinterzarten zwischen 2 und 3 Nachts,
in Kränkingen und Breitenfeld (bei Uehlingen) um SVä Uhr, in
Schachen (Amt Waldshut) um 7]/i Uhr, in Triberg am folgenden
Morgen um 6 Uhr.
Am 25. Januar wurde in Sulzburg (Amt Staufen) eine leichte
Erderschütterung wahrgenommen. (Breisgauer Ztg.)