weniger als 155 Erdbeben wahrgenommen, 37 derselben wurden allerdings
aus anderen Gegenden, vorzugsweise der Schweiz, nach hier
fortgepflanzt, 118 aber nahmen ohne Zweifel ihren Ausgang von der
unmittelbarsten Umgebung von Basel. Dabei muss noch daran erinnert
werden, dass in dem gegenwärtigen Jahrhundert die seismische
Thätigkeit bei Basel verhältnissmässig gering war, ihre Maxima vielmehr
in das 14., 16. und 17. Jahrhundert fallen.
Hätten wir aus jenen Jahrhunderten gleich ausführliche Nachrichten
, wie aus dem letzten, so würde die Zahl der Basler Erdbebentage
sich wahrscheinlich mindestens verdreifachen. Aus den
Jahren 1356 und 1357 sind z. B. in unserem Verzeichniss nur zwei
Erdbeben aufgeführt, während uns die Chronisten berichten, dass in
diesen Jahren längere Monate hindurch fast kein Tag in Basel ohne
Erderschütterungen verging. Im Jahre 1650 ferner wurden in Basel
nach W ieland und B rombach 40—50 Erdbeben verspürt, die beiden
Chronisten führen aber nur die stärkeren, im ganzen 24, speciell auf,
und daher finden sich auch nur diese in unserem Verzeichniss angegeben.
Man darf daher wohl sagen, dass das Basler Schüttergebiet
an Häufigkeit der Erschütterungen alle anderen im Gebiet des
Oberrheins gelegenen übertrifft. Auch was die Heftigkeit der Erschütterung
betrifft, stehen verschiedene der älteren Basler Erdbeben
unter den oberrheinischen an erster Stelle. Das furchtbare Erdbeben
vom 18. Oktober 1356, welches Basel und viele Ortschaften in der
Umgebung vollständig zerstörte und auch in vielen Orten im Eisass
noch sehr erhebliche Verwüstungen anrichtete, ist zweifellos das heftigste
von allen, welche in historischen Zeiten im Gebiet des Oberrheins
sich ereignet haben. Sehr heftig und von zerstörenden Wirkungen
begleitet waren ferner die Erdbeben vom 12. Mai 1021,
,25. November 1346, 25. Januar 1348, 1. Juni 1372, 13. December
1428, 29. November 1610 und 11. September 1650. In den letzten
Jahrhunderten dagegen haben die Basler Erdbeben meist nur geringe
Stärke besessen.
Die Häufigkeit der Erdbeben in der Umgebung von Basel beruht
wie im Norden beim Mainzer Becken auf dem Zusammenstoss
zweier Gebirgssysteme, dem oberrheinischen mit dem des Jura, und
der dadurch hervorgebrachten starken Zerklüftung und Zerstückelung
der ganzen Gegend, die in dem Auftreten zahlreicher zum Theil sich
kreuzender Verwerfungsspalten ihren Ausdruck findet. Der eigentliche
Schwarzwald (im orographischen Sinn) schneidet im Süden mit
einer scharfen Verwerfung, der Rheinspalte ab, längs welcher zum
Theil sogar die Gneissmassen des Gebirges bis unmittelbar an den
Rhein herantreten. Südlich der Rheinspalte folgt das im allgemeinen
SW.^rNO. streichende Jura-Gebirge, welches aber selbst wieder in
zwei, orographisch und geologisch scharf unterschiedene Theile zerfällt,
den nördlichen und niedrigeren Plateaujura und den südlichen
höheren Kettenjura. Der erstere muss, geologisch betrachtet, noch
dem Schwarzwald zugerechnet werden. Er zeigt ganz die Gesteinsfolge
des letzteren, seine Schichten.sind ferner nicht gefaltet, sondem
neigen sich sanft gegen SO. Durch zahlreiche Spaltenthäler
wird er in eine Anzahl plateauartiger Massive zerlegt. Der Ketten
iura unterscheidet sich von ihm durch das Auftreten der Kreideformation
und gewisser Tertiärablagerungen, welche im Schwarzwald
fohlen vor allem aber durch die starke Faltung und Knickung seiner
Schichten. Die Grenze beider Gebirgstheile bildet eine lange Ver-
werfungslinie welche sich von Oberzeichen über Densburen, Kmn-
berg Läufelfingen bis Waldenburg verfolgen lässt und längs welcher
mehrfach Ueberschiebungen des Kettenjura über den Plateaujura
stattgefunden haben. Der Kettenjura ist ebenfalls von zahlreichen
Bruchlinien und zwar sowohl Längs- als Querspalten durchsetzt.
(Vergl A. Müller, Geognostische Skizze des Kantons Basel.
Die Nachrichten über die meisten Basler Erdbeben sind leider
viel zu dürftig, um eine genauere Bestimmung des Ausgangspunktes
zu ermöglichen oder um Beziehungen zu bestimmten Bruchlimen
nachweisen zu können. Auch über die Verbreitung lasst sich nur
wenig Bestimmtes sagen. Die überwiegende Mehrzahl derselben
scheint ziemlich lokal beschränkt gewesen und nur m der nächsten
Umgebung der Stadt wahrgenommen zu sein. Andere breiteten sich
aber auch ziemlich weit in der Schweiz, Baden und Eisass aus.
Mehrere, von denen etwas genauere Nachrichten vorhegen, wurden
im Badischen stärker und weiter hinaus gespürt als im Eisass. Zum
Theil mag der Grund hierfür wohl in dem Umstand zu suchen sein,
dass die Granite und Gneisse des Schwarzwaldes den Stoss besser
leiteten, als die losen Diluvialablagerungen der Ebene Vor allem
aber dürfte doch der Ausgangspunkt der Erdbeben selbst bestimmend
für ihre vorwaltende Verbreitungsrichtung gewesen sein. Sehr lehrreich
sind in dieser Beziehung die beiden Erdbeben vom 16. Januar
1878 und dem 5. December 1879, welche sich fast ausschliesslich
nach Osten der Rheinspalte entlang und nach Nordosten ins Wiesenthal
hinein und dessen Umgebung fortpflanzten. Es unterliegt wohl
keinem Zweifel, dass bei beiden der Rhemspalte selbst eine Hauptrolle
zufällt, und ihre Ursache in einer Verschiebung einer Erdscholle
längs dieser Spalte zu suchen ist. Das Erdbeben vom 24. Januar 1 tiö i
dagegen, dessen Ausgangspunkt im Jura lag, breitete sich auch nach
N. und NW. ziemlich weit aus, bis Beifort, Altkirch, Maassmünster
und Mülhausen.
3 ) Z e i t l i c h e V e r t h e i l u n g d e r E r d b e b e n .
Die Untersuchungen über zeitliche Vertheilung der Erdbeben
sind durch die weitgehenden Folgerungen, welche P errey und F alb
aus dem von ihnen nach dieser Richtung hin zusammengesteliten
statistischen Material glaubten ziehen zu können und den von ihnen
darauf aufgebauten, einigermassen abenteuerlichen Erdbebentheoneen,
in neuerer Zeit ziemlich in Misskredit gekommen. Von verschiedenen
hervorragenden Seismologen wird vollständig geleugnet, dass Erdbeben
zu irgend welchen Zeiten häufiger seien, als zu anderen, bo
glaubt z. B. H örnes (Die FALß’sche Erdbebentheorie und ihre wissen