
 
		stimmen.  Die  Temperaturen  vom Oktober  und  November  1890  beruhen  
 ferner  auch  nicht  auf  directen  Messungen.  Die  Temperatur-  
 vertheilung  für  diese  beiden  Monate  wurde  in  der  Weise  erhalten,  
 dass  diejenige  in  den  gleichen  Monaten  des  vorhergehenden  Jahres  
 zu  Grunde  gelegt,  dann  aber  diejenigen  Correcturen  angebracht  
 wurden,  welche  nach  der  Vertheilung  im  September  und December  
 als  wahrscheinlich  angesehen  werden  mussten.  Auch  gaben uns  die  
 Daten  des  beginnenden  und  des  vollständigen  Zufrierens  des  Sees  
 einigen  Anhalt  für  die  Construction. 
 Der Weisse  See  gehört  zu  derjenigen  Gruppe  von Seen,  welche  
 F o b f l   (Classification  thermique  des lacs  d’eau  douce.  Comptes  rend,  
 de  l’Acad.  des  sciences  du  18  Mars  1881)  als  „Lacs  tempérés  de  
 faible  profondeur“  bezeichnet  hat.  Die Wärmeschichtung  ist  in  der  
 einen  Hälfte  des  Jahres,  durchschnittlich  von  Anfang  Mai  bis Mitte  
 November  direct,  in  der  anderen  Hälfte  invers.  Die  Oberflächentemperaturen  
 sind,  der bedeutenden Höhenlage  des Sees  entsprechend,  
 verhältnissmässig  niedrig.  Die  höchste  von  uns  gemessene  Oberflächentemperatur  
 betrug  15°  am  4.  September  1889  Nachmittags.  
 Die  Tiefe  des Sees  ist  ferner  noch  nicht  gross  genug,  als  dass  sich  
 nicht die Temperaturveränderungen bis zum Boden hin geltend machen  
 könnten.  Dieselben  zeigen  noch ziemlich bedeutende  Schwankungen :  
 in  der  Periode,  während  welcher  wir  beobachteten,  von  2°,8  am 
 31.  März  1890  bis  5°,8  am  27.  Juli  1890.  Indessen  weisen  die  
 einzelnen  Jahre  in Bezug  auf  die Grundtemperaturen  sehr  erhebliche  
 Verschiedenheiten  auf.  Während  sich im Winter  1889/90 der Grund  
 allmählich  bis  auf  2°,8  abkühlte,  fanden  wir  am  20.  Februar  1891  
 schon von einer Tiefe v.on 20 m an eine gleichmässige Temperatur von 4°,  
 die  sich  in  den  dem  Boden  nächstgelegenen  Schichten  auf  4°,2  erhöhte. 
   Wenige Tage nach dem Aufthauen  des  Sees im Frühjahr  1891  
 zeigte  die  gesamte Wassermasse  desselben  eine  völlig  gleichmässige  
 Temperatur  von  4°,2.  Diese Verschiedenheiten  der  einzelnen Winter  
 hängen  zweifellos  von  den  wechselnden  Eisverhältnissen  des  Sees  
 ab.  Im  Winter  1890/91  war  der  See  am  7.  December  bereits  vollständig  
 zugefroren  und  behielt  eine  zusammenhängende  Eisdecke,  
 welche  im Februar  eine Dicke  von  0,55 m  erreichte,  ununterbrochen  
 bis  zum  Mai,  wo  dieselbe  allerdings  sehr  dünn  war  und  in  Folge  
 eines Föhnsturms  plötzlich  zerstört  wurde.  Im Winter  1889/90  fror-  
 der  See  allerdings  auch  schon Anfang December  zu,  wurde  auch von  
 da  an  bis  Ende  März  niemals  ganz  eisfrei,  indessen  thauten  die  
 flacheren  Partieen  im  Laufe  des  Winters  mehrfach  vollständig  auf;  
 auch  erreichte  die Eisschicht niemals  auch nur annähernd  die Mächtige  
 keit,  wie  im  folgenden  Winter.  Da  nun  das  Eis  die  unterliegenden  
 Wasserschichten  vor  weiterer Abkühlung  schützt,  so  musste  der  See  
 im  Winter  1890/91  nahezu  die  Decembertemperaturen  beibehalten,  
 während  im  vorhergehenden Winter  während  der  theilweise  eisfreien  
 Perioden  eine  fortschreitende Durchkältung auch  der tieferen Schichten  
 stattfinden  konnte. 
 Weit  auffallender  sind  die Verschiedenheiten  der Grundtempera-  
 Geograph.  Abhandlungen  aus  Elsass-Lothringen.  I.  12