Steigt man noch tiefer herab, so bleibt man auf demselben
Trümmermaterial, wie vorhin geschildert wurde. Hervorzuheben ist
hier die gewaltige Grösse der Granitquadern, ihre eckige und kantige
Form; sie stimmen vollkommen in ihrer Gestalt und Lagerung mit
den früher geschilderten Granittrümmern an .dem südlichen Kamme
des Seeufers überein und liegen auch in der Sturzlinie dieses Kammes.
Für die Blockbildung auf dem Kamme kann man keine andere
Ursache als die der blossen Verwitterung annehmen, deren Wirkung
jetzt noch aufs schönste beobachtet werden kann. Wir halten es
schon aus diesen Gründen für ausgeschlossen, dass die Blockbildung
im Thale einer Moränenbildung, herrührend von einer früheren Vergletscherung
im Gebirge, ihren Ursprung verdankt. Da der Boden
des Sees, wie früher geschildert wurde, aus festem Fels besteht, so
muss dieser sich auch unter dem Abschlussdamme in einer gewissen
Tiefe wieder finden. Die Frage ist nur, in welcher Tiefe? Wir
haben Grund zu glauben, wie aus den späteren Untersuchungen und
Schilderungen hervorgehen wird, dass der anstehende Fels in nicht
allzugrosser Tiefe zu finden ist. Vielleicht tritt er schon an jener
Stelle zu Tage, wo der Abfluss des Sees sich über eine gewaltige
Granitmauer ergiesst und hier den sogenannten Wasserfall des
Weissen Sees bildet. Diese Granitmauer ist von einer solchen
Grösse und Ebenheit, dass man auf den Gedanken kommen kann,
hier vor einer Spaltungsfläche des anstehenden Granits zu stehen.
Die Grösse der in der Nachbarschaft liegenden Granitstücke lässt
jedoch auch die Deutung nicht unmöglich erscheinen, dass wir in
der Sturzfläche des Wasserfalls nichts anderes als die Seite eines
gewaltigen Granitwürfels vor uns haben. Jedoch würde dann dieser
Block alle übrigen an Grösse bedeutend übertreffen. Hätten wir es
wirklich mit anstehendem Fels zu thun, so würden wir denselben
ungefähr 40 m unter dem Seespiegel vorfinden. Die Blockanhäufung
am Ausgang des Sees hätte demgemäss die Höhe von ebenfalls
40 m erreicht.
Schwarzer See.
Ungefähr 100 m tiefer als der Spiegel des Weissen Sees befindet
sich nahezu südlich von demselben der Sc hwa r z e See.
Seine Höhenlage beträgt 950 m, seine Grösse . 14 ha. Die Gestalt
des Sees ist ebenfalls eine dreieckige, jedoch weniger lang gestreckt,
so dass er, besonders da er in einem ziemlich runden Einsturzkessel
zu liegen scheint, bei dem Wanderer einen kreisrunden Eindruck
erweckt. Von dem Weissen See ist er durch den schon früher erwähnten
Querriegel des Reisberges geschieden, dessen breiter Rücken
sich scharf in westöstlicher Richtung von der eigentlichen Kammlinie
vorschiebt. Wie es beim Weissen See die nördlichen Steilabstürze
dieses Bergrückens waren, die das südliche Ufer des Sees
bilden, so sind es hier die südlichen Abstürze desselben Rückens,
die nach Norden zu die steilen Wände des Kessels erzeugen, in dem
das Seebecken sich befindet.
Wir finden hier dieselben steilen Wände, denselben wilden
Charakter, wie wir beides am Weissen See kennen gelernt haben.
Wichtig jedoch ist es zu bemerken, dass diese jähen Felsmauern
hier nicht direkt an den See herantreten, sondern schon in einiger
Entfernung vom Ufer eine etwas weniger steile Neigung annehmen.
Dieselbe Erscheinung zeigt sich dort, wo wir in westlicher Richtung
vom See aus die Steilabstürze des eigentlichen Hauptkammes erreichen.
Auch hier hört das scharfe Einfallen der Felsmauern plötzlich
auf, und es bildet sich zwischen dem Fuss dieser Felsenmauer
und dem Seeufer eine förmliche Terrasse, deren Ausdehnung 300 m
erreicht. Dieselbe hat einen so ebenen Charakter, dass in den Zeiten
der Schneeschmelze sich auf derselben kleinere Wassermassen halten
können, die ihren Abfluss in östlicher Richtung in das Seebecken
finden. Ueber eine Felsstufe stürzt hier das Wasser im Frühjahr
herab und bildet den Wasserfall des Schwarzen Sees. Der trennende
Fels zwischen Terrasse und See zeigt besonders im Hochsommer die
mannigfaltigsten Spuren des fliessenden Wassers. Der anstehende
Granit ist überall mit abgerundeten Flächen versehen, die viele
Aehnlichkeit mit den Schliffflächen zeigen, wie sie die Wirkung des
Eises auf hartem Fels hervorbringt.
Die südliche Seite des Sees wird von einem breiten Querriegel
begrenzt, der sich in westlicher Richtung vom Hauptkamme nach
Osten verschiebt. Derselbe zeigt nicht so steile Abstürze wie der
Hauptkamm und der südliche Abfall des Reisberges nördlich von
der soeben geschilderten Terrasse. Seine Abhänge sind sanfter und
ähneln mehr den Hängen, wie sie der Reisberg darbietet, wenn wir
denselben noch weiter nach Osten verfolgen. Dort schiebt sich der
letztere nahe an den soeben geschilderten Querriegel (den Kreyen-
wasen) heran und bildet mit demselben so das enge Thal, durch
welches die Wasser des Sees ihren Abfluss finden. Während also
die Westseite des Sees zum grössten Theil von der erwähnten Terrasse
begrenzt wird, wird das nordöstliche Ufer de.s Sees durch den
Vorstoss des Reisberges, das südliche durch den des Kreyenwasens
gebildet, und gerade das Zusammenstossen dieser zwei Bergrücken
ist in ähnlicher Weise wie beim Weissen See die Ursache der Dreiecksgestalt
der Seeoberfläche.
Die uferbildenden Abhänge des Reisberges und des Kreyenwasens
sind ebenfalls in ganz entsprechender Weise wie beim Weissen
See mit häufigen Geröllquadern bedeckt, deren Entstehungsweise
ohne Zweifel dieselbe ist, wie sie früher bei den ähnlichen Bildungen
des Weissen Sees angegeben wurde. Auch hier liegen die Blöcke
in den verschiedensten Grössen und Formen auf der Höhe und den
Hängen zerstreut und sammeln sich besonders dort in grossen Massen
an, wo die Schuttlinien der beiden Berge Zusammentreffen, also am
eigentlichen Abschlussdamm des Sees. Derselbe ist jetzt künstlich
erhöht und dient in gleicher Weise wie derjenige des Weissen Sees
dazu, die Gewässer des Beckens in den niederschlagsreichen Monaten
zu sammeln und sie in den trockeneren Jahreszeiten allmählich ab