hauptsächlich nach Osten aus. Vermuthlich hat bei ihnen wesentlich
die Freudenstadter Verwerfung eine Rolle gespielt.
Die rh e in i s c h e Mi t t e l spa l t e . Das S t r a s s b u r g e r
S c h ü t t e r gebiet .
Der Lauf des Rheins bezeichnet diejenige Linie, längs welcher
das Gewölbe des oberrheinischen Gebirgssystems am tiefsten eingesunken
ist. Er folgt dabei der Richtung der innersten der grossen
Bruchlinien, die zwar unserem Auge durch die überlagernde Decke
von Diluvium und Alluvium entzogen sind, deren Vorhandensein sich
aber schon durch die zahlreichen vom Rhein ausgehenden Erdbeben
in nachdrücklicher Weise kundgibt. Ich will sie der Einfachheit
wegen unter dem Namen der rheinischen Mittelspalte zusammenfassen,
obgleich es sich hier gewiss ebensowenig, wie an den Bruch-
rändem der Vogesen und des Schwarzwaldes um eine einzelne lange
Spalte handelt, sondern wahrscheinlich um eine ganze Anzahl staffelförmig
angeordneter, einander mehr oder weniger paralleler und an
einzelnen Stellen wohl auch durch Querbrüche mit einander verbundener
Bruchlinien.
Unter allen Orten am Rhein tritt keiner häufiger als Ausgangspunkt
von Erdbeben auf als Strassburg; und zwar ist das keineswegs
bloss darauf zurückzuführen, dass von hier zahlreichere Nachrichten
vorliegen als von anderen Orten, denn auch im letzten Jahrhundert
hat Strassburg alle übrigen Orte am Rhein durch die Häufigkeit der
Erdbeben übertroffen.
In Strassburg sind nach unserem Verzeichniss im ganzen 62 Erdbeben
beobachtet worden. Von diesen sind aber fast die Hälfte,
nämlich 28, aus anderen Gegenden nach hier fortgepflanzt worden,
von den übrig bleibenden 34 dagegen lässt sich theils mit absoluter
Sicherheit, theils wenigstens mit sehr grösser Wahrscheinlichkeit behaupten,
dass sie von der allernächsten Umgebung von Strassburg
ihren Ausgang nahmen. 20 von ihnen, also fast zwei Drittel, fallen
in das gegenwärtige Jahrhundert. Die heftigsten waren diejenigen
vom 17. September 1357, dem 30. September 1669, dem 3. August
1728 und dem 8. November 1802, welche sämmtlich einige Zerstörungen
an Gebäuden, wenn auch von geringem Belang (Einsturz
von Schornsteinen, Beschädigungen am Münster, Spalten in Mauern)
verursachten.
Was die Verbreitung der Strassburger Erdbeben betrifft, so
fehlen von denjenigen aus den früheren Jahrhunderten natürlicherweise
genauere Nachrichten. Das Erdbeben vom 3. August 1728
zeichnete sich durch eine aussergewöhnlich grosse Verbreitung aus.
Es wurde nicht allein in der gesammten oberrheinischen Tiefebene
von Mainz und Frankfurt bis Basel, sondern auch noch darüber hinaus
in der Schweiz bis Genf, Bern, Zürich und Eglisau lebhaft empfunden.
Die Erdbeben des letzten Jahrhunderts dagegen zeigen
mehr einen lokalen Charakter. Von den zahlreichen Erschütterungen
des Jahres 1802 breitete sich nur die heftigste am 8. November nach
Norden bis Weissenburg aus. Alle übrigen wurden nur in der nächsten
Umgebung von Strassburg wahrgenommen Besonders hervorgehoben
zu werden verdient, dass keiner der nahegelegenen Orte am
Rande' der Vogesen von irgend einer derselben betroffen wurde.
Unter den späteren Erdbeben besitzen wir nur von zweien genauere
Nachrichten über ihre Verbreitung, nämlich von denjenigen am
23 December 1826 und am 14. Oktober 1876 Beide. zeigen eine
grosse Uebereinstimmung. Sie breiteten sich fast ausschliesslich nach
Osten aus Mit Ausnahme von Strassburg selbst und den unmittel
bar benachbarten Orten Schiltigheim und Bischheim wurden von ihnen
nur Ortschaften auf der badischen Rheinseite getroffen nämlich bei
dem ersteren Kehl, Neumühl, Sundheim, Kork, Offenbuxg und die
Murggegend, bei dem letzteren Kehl, Kork, Bodersweier, Zierolshofen,
Leutesheim, Linx, Honau, Diersheim, Rheinbischofsheim Die nächsten
Orte am Vogesenrande blieben auch bei diesen beiden Erdbeben,
wie in den Berichten ausdrücklich hervorgehoben wird unerschüttert.
Die Art der Verbreitung berechtigt daher wohl zu dem
Schluss, dass die unter Strassburg hinziehende Verwerfung gegen
^ Ste Von den Orten am Rhein erscheinen ferner noch Mannheim
mit fünf und Speyer mit vier Erdbeben. Von keinem derselben besitzen
wir genauere Schilderungen. Endlich gehört hierher noch das
Erdbeben vom 24. Januar 1880, dessen Epicentrum, wie schon aus-
gefflhrt, in der Südostecke der Pfalz zwischen den Orten Neupfotz,
Rülzheim, Langenkandel und Billigheim, also in der unmittelbarsten
Nähe des Rheins lag. Das Erdbeben breitete sich hauptsächlich
längs des Rheins und nach Osten zu über einen grossen Theil des
nördlichen Schwarzwaldes und Württembergs aus. Die Annahme der
b a d i s c h e n Erdbeben-Commission, dass es sich bei demselben um eme
Bewegung längs der rheinischen Mittelspalte handle, erscheint daher
vollständig berechtigt. Die weite Verbreitung des Erdbebens nach
Osten zu spricht wieder dafür, dass die rheinische Mittelspalte gegen
Osten einfällt. Dagegen ist die Ansicht der Commission dass bei
dem Erdbeben noch eine zweite transversale btosslime thatig gewesen,
von E c k widerlegt, worauf ich weiter unten noch zuruckkomme.
D a s S c h ü t t e r g e b i e t des Ka i s e r s t uhl s .
Von den Erdbeben, welche von der nächsten Umgebung des
Rheins ausgegangen sind, habe ich bis jetzt diejenigen des Kaiserstuhls
unerwähnt gelassen und zwar desshalb, weil dieselben mit der
rheinischen Mittelspalte aller Wahrscheinlichkeit nach m keinem Zusammenhang
stehen. Es bildet vielmehr der Kaiserstuhl e i n selbständiges,
zwar sehr eng begrenztes, aber sehr ausgeprägtes behuttei-
gebiet. Die Zahl der hier wahrgenommenen Erdbeben ist frei ich
keine sehr grosse, es sind im ganzen 1 1 , die allerdings sammthch
dem gegenwärtigen Jahrhundert angehören. Dass aus früheren Jahrhunderten
keine Nachrichten vorliegen, erklärt sich sehr einlach aus