1851.
Am 10. März 4 h. 18 m. a. wurde der Kanton Zürich durch
zwei Erdstösse ziemlich lebhaft erschüttert, die sich auch in Schaffhausen,
an den Ufern des Bodensees, in Lindau, Konstanz, Stockach
und in Ehingen in Württemberg als wellenförmige Bewegungen zu
erkennen gaben. (P. Ac. in Mém. de Dijon.)
Am 12. Juli fand in den Süd-Vogesen ein ziemlich starkes
Erdbeben statt. Die drei über dasselbe vorliegenden Berichte stehen,
abgesehen von den Zeitangaben, sehr gut mit einander in Einklang
und sind geeignet, sich gegenseitig zu ergänzen. Wir geben sie
hier auszugsweise wieder:
1) Bericht von L aurent (C. R. XXXIII. 1851): Ein sehr gut
charakterisirtes Erdbeben fand am 12. Juli 3 h. 30 m. p. in Remire-
mont, statt. Es waren heftige und rasche Stösse-, die von einem
Getöse wie von einem schweren über das Pflaster fahrenden Wagen
begleitet waren. ’Die. Häuser erzitterten stark und die Einwohner
geriethen so in Angst, dass sie zahlreich aus den Häusern stürzten.
Auch auf freiem Felde wurden die Arbeiter sehr in Schrecken versetzt.
Der Stoss setzte sich mindestens 3 Meilen in der Richtung
NO. in dem Thal von St. Amé und Cleurié fort und stärker vielleicht
noch über einen Ausläufer der Vogesen, welcher von der Hauptkette
sich über Gérardmer abgrenzt und in zwei Aeste gegen Remire-
mont und Epinal verläuft. Das Erdbeben durchlief granitisches Terrain,
überlagert von Vogesensandstein, Sandsteinconglomerat und Serpentin.
2) Bericht von P errey (Mém. Ac. de. Dijon 1852): Am 12. Juli
1851 zwischen 2 und 3 h. p. ein starker Stoss in Münster und Sulzbach,
der nur 1 Sekunde dauerte und nicht weithin empfunden zu sein
scheint. An demselben Tage fand nachmittags in den Vogesen ein
Erdbeben statt. „Ich bemerkte,1* schreibt Dr. H axo, „in Épinal um
3 h. 45 m. den Stoss sehr deutlich ; er setzte sich aus zwei aufeinander
folgenden Oscillationen zusammen und war von einem Geräusch
begleitet, so dass ich glaubte, mein Wagen führe in die
Remise. In den oberen Stockwerken bewegten sich die Betten.
Ein Apotheker hörte im Erdgeschoss deutlich das Klirren der Gläser.
Die Bevölkerung wurde sehr erschreckt.“ In Plombières wurde der
Stoss 3 h. 50 m. p. sehr stark empfunden. Er hatte die Richtung
WNW.-OSO. und war von einem Geräusch begleitet, wie es ein
schwerer Wagen hervorbringt, der über schlechtes Pflaster fährt. In
dem Augenblicke des Ereignisses schäumte die Kapuzinerquelle stark
auf, obgleich sie sonst wenig Wasser gibt und zuweilen sogar inter-
mittirend ist. In Luxeuil fand nur eine leichte Bewegung mit ungewohntem
Geräusch statt. Im Thal St. Bresson wurde die Bewegung
2 h. 30 m. und 3 h. deutlich wahrgenommen. In Châtel
an der Mosel (16 km nördlich Epinal) wurden 3 h. 40 m. zwei
Stösse gespürt ; der erste dauerte 1—2 Sekunden, der zweite stärkere
3—4 Sekunden. Die Bewegung hatte die Richtung NO.—SW. und
war von einem eigenthümlichen dumpfen Getöse begleitet. In Ramber-
villiers (29 km NO. Epinal) wurde nichts wahrgenommen. In Corcieux
(östlich von Epinal, 584 m über dem Meere) wurden kurz vor 4 h.
deutlich zwei Stösse in der Richtung SW.—NO. empfunden, die
von einem unterirdischen 8—10 Sekunden andauernden Getöse begleitet
waren. Ferner wurde das Erdbeben in der ganzen Umgegend
von Remiremont sehr lebhaft empfunden.
3) Mittheilungen im Niederrheinischen Courier: Am 12. Juli
zwischen 2 und 3 h. p. fand zwischen Münster und Sulzbach ein
heftiger Erdstoss statt. In Bruyères (Dépt. des Vosges) wurde 3 h.
30 m. p. ein Erdbeben gespürt. Die Erschütterung, welche 2—3 Minuten
andauerte, hatte die Richtung NW.—SO. und war so fühlbar,
dass die Bewohner erschrocken aus den Häusern flohen, doch ist
kein Unglück zu beklagen.
Nach diesen Berichten dürfte das Epicentrum in der Gegend
von RemiremontViPlombières zu suchen sein, die wir ja auch schon
mehrfach als den Ausgangspunkt von Erdbeben kennen gelernt haben.
Hier äusserte sich jedenfalls das Erdbeben am lebhaftesten; auch
liegt Remiremont so ziemlich in der Mitte des erschütterten Gebiets.
Wie die zum Theil sehr abweichenden Zeitangaben miteinander in
Einklang zu bringen sind, ob es sich dabei um Verschiedenheiten
der Zeit, nach welcher gerechnet wurde, oder nur um fehlerhafte
Angaben handelt, ist jetzt natürlich in keiner Weise mehr zu entscheiden
, doch dürfte wohl daran nicht zu zweifeln sein, dass es
sich bei allen Mittheilungen um ein und dasselbe Ereigniss handelt.
Am 24. August gegen 2 h. a. wurde die westliche Schweiz
und .die angrenzenden Theile von Deutschland, Frankreich und Italien
von einem Erdbeben erschüttert, das jedoch trotz seiner ziemlich
weiten Verbreitung nicht sehr heftig gewesen zu sein scheint und
jedenfalls nirgends erheblichen Schaden anrichtete. Sein Ausgangspunkt
scheint im mittleren Wallis gelegen zu sein, wie auch Volger
annimmt. Am stärksten äusserte es sich jedenfalls im oberen Rhone-
Thal, in Lavey, wo einige Decken Risse bekamen und auch die Thermen
eine um 3° höhere Temperatur zeigten, Martigny und einigen anderen
Orten. Auch in Unterwalden wurde es noch ziemlich heftig empfunden;
die Häuser krachten stark und hier und da fielen einige
Gegenstände von den Gesimsen. Ferner wurde es wahrgenommen
in den Kantonen Schwyz, Genf, Waadt, Freiburg, Bern, Solothurn,
Basel, Zürich, im Süden in Lugano und Como, in Frankreich noch
ziemlich stark in Lyon und dem ganzen Rhone-Departement, schwächer
in den Departements Ain, Saône et Loire, Jura, Doubs. In Basel
wurden zwei sehr merkliche Stösse gespürt, der erste gegen 1 h. a.,
der zweite stärkere 2 h. 10 m. a ; von dem viele Personen aus dem
Schlaf geweckt wurden. In Badenweiler wurden gegen 2 h. a.
mehrere Stösse wahrgenommen, welche einige Sekunden andauerten.
(V.; P. in Mém. Ac. de Dijon 1852; P erson, C. R. XXXIII. 1851.)
1852.
Am 24. Mai abends wurde in Eschbach in Baden ein ziemlich
heftiger Erdstoss verspürt.