
H o f fm a n n die Chirurgen übereinstimmend die Mulatten an „vita-
lity and general physical condition“ den Negern gegenüber für
inferior erklären; G o u ld zeigt in seinen statistischen Erhebungen,
daß im Mittel der Brustumfang und die Lungenkäpazität geringer
sind als bei beiden Elternrassen. Das alles zeigt hier eine Schädigu
ng der Bastarde als solcher. Es wird besonders betont, daß die
sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der untersuchten Mulatten
und Neger dieselben waren. Wie verschieden alper solche W ir kungen
der Rassenkreüzung sind, zeigt nicht nur dieses geradezu
und kraß entgegengesetzte Verhalten dieser Mulatten und unserer
südafrikanischen Bastards, sondern auch die Tatsache, daß Mulatten
und Mulatten zweierlei sein kann. Derselbe Autor T i l l in g h a s t
führt aus, daß jene Hinfälligkeit der aus Engländer-Negerkreuzung
entstandenen Mulatten bei den Mulatten der Südstaaten fehle, die
Spanier und Portugiesen als Väter haben. E r führt an, daß ein
ohne Kenntnis der Degenerationstheorie beobachtender Autor,
E d w a r d L o n g (Hist, of Jamaica, London 1774) gefunden habe,
daß die Mulatten in Jamaica „under-vitalized“ [und sehr unfruchtb
a r 1)], die auf Cuba, Haiti und Portorico dagegen kräftig (und
fruchtbar) waren |ij^ jene stammen von Engländern, diese von R o manen
ab; dabei gedeihen reine Neger in Jamaica, das Westafrika
im Klima usw. sehr ähnelt, ausgezeichnet.
Die Frage nach der Wirkun g der Rassenkreuzung auf Kôrpér-
größe, allgemeine Konstitution* Gesundheit und Lebensdauer ist
also von Fall zu Fall zu lösen, män darf nicht verallgemeinern,
Das betonen auch B r o c a (1860), W a i t z (1877) u, a. Die Genannten
erörtern das Problem ausführlich, bringen sehr viele Beispiele
— (s. Literatur), aber wenig wirklich zuverlässiges Material; —i-
es hat keinen Zweck, auf all diese Berichte einzugehen. Dasselbe
gilt von einer ganzen Reihe neuerer Arbeiten, z. B. H e r v é (1906)
Eine andere hier zu besprechende Erscheinung ist das L ä n g e r w
e rd e n d e r G e s ic h t e r b e i M is c h lin g e n . H a g e n (1906)
machte zuerst darauf aufmerksam. Er fand, daß bei Tamil-Malayen-
mischlingen die Gesichter deutlich lä n g e r w e r d e n a ls b e i b e id e n
E l t e r n r a s s e n , dasselbe stellte er für chinesisch-malayische Bastarde
und für Mischmalayen fest. „Worin dieses äußerst merkwürdige, aber
sehr charakteristische Längerwerden des Gesichtes der Tamil-
Malayenmischlinge zweiten Grades seinen Grund hat, das ist eines
der Rätsel, welches wir augenblicklich noch nicht entziffern
1) Die Fruchtbarkeit ist eine Sache für sich — oft tritt bei Tieren besondere
Kräftigkeit. Mast, ein und dabei Unfruchtbarkeitj sie hängt nicht ohne weiteres mit jener
.zusammen und soll unten noch besprochen werden..
können . . . .v.-scheint eine sp e z ifis ch e v ie lle ich t nur spezifisch*
malayische Mischlingserscheinung zu sein.“ Er fand die Erscheinung
aber auch bei Melanesiern. — . Ich konnte, (oben im anatomischen
Teil) zeigen, daß eine solche Gesichtslängenzunahme auch
bei unseren Bastards zu beobachten ist. A b e r erklären kann ich
sie so wenig wie .Ha g e n , es ist hier zunächst großes Material zu
beschaffen! Man muß eventuell an einten Zusammenhang mit der
Zunahme der Körpergröße denken, daß es nur eine Teilerscheinung
von ihr w ä re 1); da würde man z. B. an die Zunahme der Körpergröße
der modernen europäischen Bevölkerung und ihre Lang-
gesichtigkeit-, denken dann wäre es also gar keine direkte
Bastarderscheinung.
Über die Körpergröße der betreffenden Mischmalayen sagt
H a g e n nichts, konnte unter jenen anthropologischen Verhältnissen
eine Zunahme auch kaum feststellen mangels fast aller Vorarbeiten.
Bei meinen Bastards haben wir die Zunahme der Körpergröße
kennen gelernt. A b e r der Zusammenhang ist keineswegs erwiesen!
Auch am Gehirnschädel könnte Ähnliches Vorkommen. H a g en
bemerkt, daß bei Rückkreuzung von Tamil-Maläyen mit Malayen
der vorher kurz gewordene K o p f (s. oben) nun lang wird, wie der
dem Malayen zugrunde liegende Urtypus (s. oben) — dabei aber
oft diesen ü b e r t r i f f t , über ihn „hinausschießt“.' Seine Vorstellung,
daß d u r c h die Kreuzung die „Vererbungstendenz des ursprünglichen
Rassenelementes“ . . . . „gewissermaßen : zu erhöhter
Reaktion aufgestachelt werde“, genügt unseren heutigen exakten
Ansprüchen, wie sie die Mendelexperimente geschaffen haben,
nicht mehr — mit Vererbungstendenzen, Atavismus usw. ist heute
nichts mehr anzufangen!
Das Geschlechtsverhältnis.
Als eine weitere biologische E igentümlichkeit von Mischlingsbevölkerungen
wird häufig die Änderung des Geschlechtsverhältnisses
angegeben. Ich habe oben (S. 128) gezeigt, daß bei unseren Bastards
k e in e Ä n d e r u n g gegen die europäischen Ahnen besteht. Ich
möchte auch da nicht verallgemeinern, nur wieder betonen, daß
wir statistisch einwandfreie Beobachtungen brauchen2). Zuletzt
hat P e a r l (1908) entsprechende Angaben gemacht, er findet an
einem Material von über 200000 Geburten in Buenos-Aires, daß
Ehen von Italienern mit Argentiniern verhältnismäßig mehr Knaben
1) Entsprechendes hat ja P it ta r d für den Schädelindex gezeigt, der mit steigender
Körpergröße abnimmt. (Bull. Mem. Soc. Anthr. Paris 1905.)
2) Auch Tierexperimente sind da noch nicht eindeutig vorhanden.
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