
Bastards. Der Geschicklichkeit der Distriktschefs, dem Vertrauen,
das sie sich —e zum Teil im Feld vor dem Feind _ bei. den
Bastards erwarben, ist es zu danken, daß allmählich wirklich regiert
wurde, also das Schutzverhältnis mit seiner Selbständigkeit de facto
in ein Untertanenverhältnis mit wenigen Vorrechten 'umgewandelt
wurde fr; so wurde der Boden für die völlige zivile Verwaltung
vorbereitet,
Von solchen Vorrechten ist zu nennen: die Befreiung der Bastards
vom Paßzwang der übrigen Eingeborenen (Verordnung vom
18. August 1907, D. Koi.-Blatt 1907, S. 1181) und vom Verbot,
beliebig viel Pferde und Großvieh zu halten (ebenda).
Dagegen sind die Bastards in die „Grund- und Umsatzsteuer“
mit einbezogen (Verordnung vom 1 April 1909 und Nachtrag vom
12. Oktober 1910), wonach ländlicher Besitz 1 Pfg. pro Hektar
Grundsteuer (unbewirtschafteter Besitz innerhalb der Polizeizone
das Doppelte) und Kleinsiedelungen 1 M. für jedes angefangene
Hektar tragen müssen, dazu 2 % des Wertes Umsatzszeuer (außer
zwischen direkten Deszendenten und Ehegatten).
Von altem Re cht und Rechtsbrauch der Bastards ist mir
nichts bekannt geworden; irgendetwas wie ein R e ch t, auch nur
ein traditionelles scheint nicht zu bestehen, d. h. es wird wohl einfach
von Fall zu Fall nach bestem Wissen verfahren — der B e stand
des Volkes ist, wie erwähnt, noch zu jung, um schon festere
Regeln zu haben. Gelegentlich, das wird man leider zugeben
müssen, wurde auch von diesem besten Wissen abgewichen, der
R a t bevorzugte gelegentlich doch seine eigene Verwandtschaft,
z. B. bei der Landverteilung und der Schuldentilgung durch A b gabe
von Gemeindeland. Das hat zum Teil zu ziemlicher Erbitterung
der Armen gegen die Reichen geführt1).
Au ch die Verwaltung besorgt der R a t natürlich einfach nach
Gutdünken; das meiste hat wohl inzwischen die deutsche Regierung
in die Hand genommen. Beim Distrikts- (bzw. Bezirks-)amt ist
eine Polizeistation geschaffen. A b e r auch die -Bastards sind zu
Polizeidiensten gut verwendbar; so erfahre ich aus den Rehobother
A k ten 2), daß 1899 der damalige Distriktschef v. S ch önau -Wehr mit
einer Patrouille aus 15 Bastards eine Hottentottenbande wegen E r mordung
aufbrachte; die Leute, die sich ‘dabei besonders gut
1) Ganz interessant ist .übrigens und‘soll darum ausnahmsweise erwähnt werden,
das‘entsprechende Verhältnis bei den'Rietfonteiner Bastards; hier hat 1885 Vilander mit
seinem Rat ein. Gesetzbuch hergestellt, das F r a n c o is (1899) abdruckt; -es regelt die
Einsetzung des .Rates, dessen Befugnisse und den Viehverkehr, .also das. Weiderecht,für
Durchreisende üsw. — ‘ und die Bastards von Kamaggas haben sich 1857' eine 'Gemeindeordnung
gegeben, aus der S c h u l tz e (1. c.) das wichtigste' mitteilt.
. 2) .Mir gütigst zur Verfügung gestellt dufch den Herrn Distriktschef -Hölsdher.
hielten und deren Mitwirkung die Ergreifung der Übeltäter vorzüglich
zu danken ist, erhielten „regierungsseitig erhebliche Geldbelohnungen“.
— Auch dauernd versieht ein Bastard in Rehoboth
das Am t eines Dorfpolizisten.
Auch, als Absperrposten bei Viehseuchen wurden Bastards
mit gutem E r fo lg benützt.
Neben dem Distriktsamt ist als amtliche Stelle die Re ichspostanstalt
zu nennen, dann die Regierungstieraztstelle, die Herr
Dr. S c h e b e n zum großen Nutzen des Landes lange Jahre innehatte.
D ie k i r ch l i ch e L e i t u n g der Bastardgemeinde liegt ausschließlich
in der Hand der (evangelischen) niederrheinischen
Missionsgesellschaft. Oben wurde gezeigt, Wie Missionar H e id mann
Führer der Bastards, nicht nur auf religiösem Gebiet war.
Am 1. Jan. 1907 zog sich He idma n n zur wohlverdienten Ruhe
zurück, seitdem ist Missionar B l e c h er der Vorstand der Rehobother
Kirchengemeinde. Die Mission kann mit der Tätigkeit ihrer
Missionare und mit den Erfolgen der Mission sehr zufrieden sein.
Die Bastards sind eine religiös im allgemeinen eifrige Gemeinde.
Die große Mehrzahl der Bastards in Rehoboth sind wohl getauft,
einige wenige halten sich kirchlich abseits, auf alle anderen kann
der Missionar rechnen. E s sind an gewöhnlichen Sonntagen in
Rehoboth etwa 150 Seelen im Gottesdienst, etwa gleichviel Männer
und Frauen. Gesang und Predigt sind natürlich in kaphöllän-
discher Sprache. Die Gemeinde ist organisiert, es sind Kirchenälteste,
Katecheten usw., ernannt. Auch nachmittägliche Christen-
lehre und Abendandachten sind gu t besucht und die Bastards
wissen über gehörte ¡Predigten guten Bescheid. Eine kleine Schar
ist zu einem Musikohor . aüSgebildei, der neben dem Harmonium
auch orchestral den Gottesdienst verschönen hilft.
A b e r noch viel aktiver als durch Kirchenbesuch haben die
Bastards ihre Kirchlichkeit gezeigt im Bau der Rehobother Kirche.
Die alte Kirche, die aus den ersten Zeiten stammt, die. Zeugin
manchen Kampfes und oft Zufluchtsstätte darin War, und an ihrer
Türe die Kugelspuren sehen läßt, war zu eng, zu unansehnlich
und schlecht geworden. Die Bastardgemeinde beschloß 1892 einen
Fond zu sammeln für eine neue Kirche. Jährlich flössen als freiwillige
Gaben 1000 bis 2000 Mark und 1907 schritt man zum
Kirchenbau, 1,909 wurde die Kirche feierlich eingeweiht, ein prächtiger
Bau (s. oben, F ig. 2). Daneben steht ein stattliches Missionshaus.
Außerordentlich große Verdienste erwirbt sich seit langer
Zeit die Mission um den Unterricht. Von An fang an haben die
Missionare die Bastardkinder unterrichtet; die Schule ist gu t orga