
So kann ich also für alle diese Maße nur zeigen, daß bei den
Bastards keine Verschmelzung zu mittleren Werten stattfindet, daß
vielmehr höchstwahrscheinlich die M e n d e ls ch e n Regeln gelten,
dagegen kann ich eine Analyse nach Dominanz oder auch nur der
Anzahl (mindestens) zu postulierender Erbeinheiten nicht bieten.
Mehr E rfolg ergaben dagegen einige deskriptive Merkmale,
Formunterschiede im Gesicht und seinen Teilen.
Die F o rm d e r A u g e n s p a l t e wurde, wie oben (im Anat.
Teil, S. 84) gezeigt, als „schief“ oder „gerade“ unterschieden und
für a l l e Individuen notiert. Es sind 25 °/0 „schiefe“, 75 % „gerade“.
Da dieser Zustand der Gesamtbevölkerung einer F 2-Generation entsprechen
muß, ist anzunehmen, daß die Eigenschaft „schief“ rezessiv
und „gerade“ dominant ist. Die familienweise Untersuchung bestätigt
das vollauf.
E s müßten Verbindungen gerade x gerade zum Teil n u r
Kinder mit „geraden“ und zum Teil Kinder mit geraden u n d
schiefen Aug en haben:
Sechs Ehen „gerade X gerade“ x) haben 17 Kinder n u r gerade,
acht Ehen gerade X gerade haben 40 Kinder: 21 gerade, 19 schief;
man erwartet etwas mehr gerade; oben wurde gezeigt, daß ein
Teil der „schiefen“ Kinderlidspalten noch gerade wird — also wieder
ein Fall, wo die spätere Dominanz in der Jugend noch nicht ausgeprägt
ist.
Die Verbindungen „schief“ X „gerade“ müssen t e i l s n u r
Kinder mit „gerader“ Spalte haben: eine solche Ehe hat deren fünf.
— Der andere Teil müßte je 50 °/0 haben, es sind sieben Ehen mit
sechs geraden und 16 schiefen; also wieder zu viel „schief“, was
sich aber wie oben erklärt2). Endlich „schief x schief“ darf nur
„schief“ produzieren -— da habe ich leider nur e in en Fall mit nur
zwei Kindern, die allerdings der R e g e l entsprechen.
Ich glaube, der Nachweis, daß die Form der Lidspalte sich
nach den M end elschen R e g e ln vererbt, ist völlig erbracht, die
„schiefe“ Form ist rezessiv, die „gerade“ dominant, in der Jugend
ist zum Teil die Dominanz unterdrückt.
Dieses s c h ie f und g e r a d e bezieht sich, wie kaum betont
werden muß, auf die Lidform der Hottentotten und Europäer; es
k ö n n t e bezüglich der ostasiatischen Augenform anders sein — wir
haben parallele Erfahrungen aus dem Tierreich — ich glaube es allerdings
nicht.
1) Man gestatte den kurzen Ausdruck!
2) Sogar sehr vollständig, denn nach der Berechnung im Anatomischen Teil sind
es 25 7 0 Kinder, die die Form wechseln; diesen Prozentsatz hier in Anwendung gebracht,
würde die Ziffer gerade stimmend machen!
S a lam a n (1911) erwähnt, daß die sogenannten chinesischen
Juden schlitzäugig seien, daß hier die Augenform des Juden rezessiv
sei gegen die des Chinesen und führt eine private Äußerung Dr.
S e l igm a n n s an, daß bei Kreuzungen zwischen Chinesen und
Weißen, Malayen und Melanesiern oder Malayen und Weißen „the
peculiar Mongolian eye with its epicanthus is always dominant!“
Schiefe Lidspaltenform und Mongolenfalte sind aber zweierlei!
Ebenso sagt N e u h a u s (Zeitschr. Ethnol., Bd. X V I I , 1885,
Verhandl. S. 30), daß ein Halbchinese (Vater Chinese, Mutter Kanakin)
geschlitzte Aug en habe. — Dagegen scheinen Europäer-Eskimo-
Mischlinge zum Teil gerade Aug en ohne Mongolenfalte zu haben!
Systematische Untersuchungen, vor allem an der F 2-Generation,
wären da sehr wichtig!
Auch für die Weite der Lidspalte habe ich eine Deutung der Vererbung
versucht, aber vergebens; ich glaube, daß hier zahlreiche Erbeinheiten
zugrunde liegen, die zum Teil je dasselbe, nur steigernd, bedingen,
wie bei Nilss on-Ehles rotsamigem Weizen oder der Ohrenlänge
von Kaninchen. — Ich hatte jeweils für die Größe der Lidspalte nur
notiert: eng (e), mittelweit (m) oder weit (w). — Familienuntersuchung
ergibt nun:
Verbindg. e x e = 2 m i .w
4 ,, e x m = 2 e 9 m 2 w (darunter I Familie mit nur m, deren 6)
10 „ m X f f i “ 3 e 31 m 13 w, darunter
(3 „ m X m = 9 m)
. 4 ,, m x w |||b 2 e 6 m '1 w
1 w X w = 3 m 1 w.
Zum Teil ist leider die Zahl der Fälle viel zu klein, so daß mir
also eine Deutung nicht gelang.
Dasselbe gilt für die L ip pend icke , wo die Gesamtzahlen ein rezessives
Verhalten der dünnen gegen die dicken und wulstigen Lippen andeuten,
aber die Bestätigung an den Familiengruppen gelang nicht. Es
sind zu wenig Material oder zu viele Erbeinheiten.
Wenn man die Lippendicke einteilt in: dünn = d, mittel = m und
dick = k ergab sich:
10 Verbindungen d x d 10 d 22 m 7 k
3 „ d x m — Wggm 7 m 5 k
4 ,, d x k = 2 d 3 m 7 k
4 ,, m x m = i d J Di i k
1 „ m x k i= 1 d — I k
Ganz ebenso ergeht es der Untersuchung der Form der Nasenlöcher.
Das Verhalten der Gesamtheit (also F2) spricht dafür, daß auch
hier ein Mendeln festgestellt werden kann, denn die N asenlöche r sind
z. B. bei 25 % schrägoval, bei 75 °/0 rundlich und queroval, und zwar
rundlich in 19, queroval in 56 °/0; es würde schrägoval rezessiv sein.
Aber die familienweise Untersuchung führte zu keinem Resultate, keine der
Kategorien erwies sich als deutlich rezessiv.
F i s c h e r , Bastards. f f