
Einen schönen Fall solcher Leiste bildet P ö ch von einem
Neumecklenburger im Globus (Bd. X CIII, S. 7) ab. —
Neben wulstigen Lippen kommt bei Hottentotten nicht ganz
selten eine Lippenbildung vor, die man vielleicht am einfachsten
als „Kußstellung“ bezeichnen könnte; auch diese fand ich allerdings
nur zweimal, bei Bastards (Taf. X V , Fig. 1) ist diese Form in g e ringem
Maße vorhanden. Daß die Lippenhaut hier und da eng
gefältelt ist, wird unten (Haut) noch erwähnt werden. Wie bei
uns und ebenso bei den Hottentotten ist auch bei den Bastards
die Mitte der Oberlippe (von Ausnahmen abgesehen) durch einen
die Lippenrinne (Philtrum) unten abschließenden kleinen Höcker
markiert, so daß der Lippensaum nicht in einem einheitlichen Bogen,
sondern in Form des Amorbogens zieht. 8 % hatten einen einfachen
Bogen. Geschlechtsunterschiede werden an den Lippen wie
auch an der Nase nicht beobachtet.
Re cht gut entwickelt ist in den meisten Fällen das K in n .
Oft liegt es etwas weit zurück (Taf. IX , Fig. 2), aber ist auch dann
als solches deutlich herausgehoben; meist aber springt es ganz gut
vor, bald breiter und runder (Taf. X V I I I , F ig. 4), bald von sehr
zierlicher Bildung (Taf. X V , F ig. 2, Taf. X V I , F ig. 1). Auch Grübchen
im Kinn wurde beobachtet, ebenso bei älteren Frauen g e legentlich
ein sogenanntes Doppelkinn. Von hier geht dann die
Unterseite des Gesichtes in weicher Linie in den Hals über, nur sehr
selten bildet sich dort ein schärferer Winkel. In der Profilbetrachtung
markieren sich hier gelegentlich die Kieferwinkel einigermaßen
stärker als man es gewöhnt ist.
Endlich sei noch die O h rm u s c h e l betrachtet.
Sozusagen normale Ohren, also Ohren, an denen sich irgend
etwas besonderes nach Größe, L ag e und Form der einzelnen Teile
nicht angeben lassen, wie sie auch der Mehrzahl der Europäer und
der Hottentotten (?) zukommen, haben 6 9% der Bastards. Dabei
sind natürlich nach Form und Größe die individuellen Unterschiede
wie bei uns, man sieht gutgebildete große und breite Ohren (z. B.
Taf. X V I I I , Fig. 4) oder schmale, hohe (z. B. Taf. X II, F ig. 1) oder
große, abstehende (z. B. Taf. VIII, F ig . 2). Der Rand zeigt die
wechselnde Gestaltung wie bei uns, stärkere D a rw in s ch e Höcker-
chen sind wohl noch seltener, das stärkste. zeigt Taf. III, Fig. 2
(aber meine Beobachtung war ja beschränkt). — Die übrigen 3ijf§;-
zeigen zunächst angewachsene Ohrläppchen, wobei der Grad dieses
Anwachsens und der Ausprägung eines Läppchens überhaupt ziemlich
schwankt (Taf. X III , F ig. 4, Taf. X IV , Fig. 2, 3, Taf. X V , Fig. 1).
Dagegen haben 2/g von diesen noch andere Besonderheiten, die
wohl alle aufgefaßt werden dürfen als Anklänge an oder richtige
Ausprägungen des „Buschmannsohres“. P ö c h (1911) beschreibt dieses
so: „eine sehr kleine Ohrmuschel, der nicht nur jede Spur von
einem Läppchen fehlt, sondern die mit ihrem unteren Rande eigentümlich,
wie in die Wang e hineingezogen aussieht; der Helixrand
ist sehr weit umgerollt, von einem D a rw in s ch en Knötchen ist in
der R e g e l keine Spur zu entdecken; der Beginn des oberen Randes
vom Ansätze streicht fast horizontal weg, oft ist ein beträchtlicher
Anteil der oberen Hälfte der Ohrmuschel gar nicht frei, sondern
mit der Kopfhaut verwachsen“.
Ich entnehme der P ö ch sch en Abhandlung1) die unten folgende
Textfigur (5).- Nach diesem besten Buschmannkenner P ö c h , aber
ebenso nach v. L u s c h ä n s (1906) sehr bestimmt ausgedrückter
und auf reicher Erfahrung beruhender Ansicht ist diese Form der
Ohrmuschel eine Sonderbildung der Buschmänner, für sie und nur
für sie charakteristisch. Den Hottentotten fehlt sie, wie ausdrücklich
betont wird,» ja v. L u s c h a n sagt, er habe „ohne eine einzige
Ausnahme“ bei Hottentotten nur die europäische Ohrform gesehen.
Ganz so scharf möchte ich dieses Jetztere nun nicht aussprechen;
es gibfflzweifelsohne Ohren, die in einzelnen Zügen, etwa in der
Form des oberen Helixrandes und der ganzen oberen Ohrkuppe
stark an das Buschmannohr erinnern, ja ich bin überzeugt, daß es
a ls A u s n a h m e typische Buschmannohren bei Hottentotten g e legentlich
geben kann; das sagt aber sicher g a r n i c h t s gegen
die völlig berechtigte Aufstellung dieser Form als „Buschmannsohr“
und gegen die, wie auch ich glaube, vollständige Richtigkeit
der von v. L u s c h a n und P ö c h angegebenen Tatsache, daß „ d e r “
Buschmann jenes eigentümliche Ohr, „ d e r “ Hottetott eine andere,
der unserigen gleiche Ohrform habe.
Um so mehr darf man überrascht sein, bei Bastards gelegentlich
nicht zu verkennende „Buschmannsohren“ ahzutreffen (s. Text-
fig. 5 u. 6). -
Die Ähnlichkeit ist eine außerordentlich große. Die oberste
Kuppe des Ohres, also der höchste Rand der Helixwölbung steht
fast in gleicher Höhe wie das obere Ende des Ohransatzes, das
Ohr ist klein, steht mit seiner (physiognomischen) Längsachse ziemlich
schräg, der Helix ist stark umgekrempelt. Freilich ganz so
typisch wie die als solche ausgesucht typischen Buschmannsohren
ist die Bildung hier nicht, aber man wird sagen müssen, es kann
trotzdem nichts anderes sein. Von diesen Formen aus gibt es nun
Übergänge zu den europäischen,, wenigstens möchte ich einige
Merkmale dahin deuten.. Ein geringes Hochsteigen d e r . obersten
. 1) Herr Kollege P ö ch hatte die Güte, mir beifolgendes Bild zu überlassen,
wofür ich ihm verbindlichst danke.