
individuum, v ie le oder nur m e h r e r e „reine“ Merkmale e in e r
Rasse zu vererben.
Die Generationen verschieben sich aneinander, bei den außerordentlich
zahlreichen Rassenmerkmalen — von denen ja unsere
untersuchten Haarformen, Augenfarben, Körpermaße usw. nur einige
grobe sind — ist die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten ungeheuer
groß, die reiche Auswahl, die die Ehelustigen haben, ihre
Zufallsneigung, wird immer neue Kombinationen entstehen lassen.
In der wirklichen F 2- und F 3-Generation entstanden viel häufiger
Individuen, die gleichzeitig bezüglich v ie le r Eigenschaften e in e r
Rasse glichen! Also die M e r km a le der Stammrassen sind einzeln
auch nach (unendlich) vielen Generationen noch da, aber die Ä h n lichkeit
der Individuen mit den Elternrassen ist geringer geworden.
Das alles g l theoretisch erschlossen — verwirklicht sich aber
n u r , wenn keinerlei Einflüsse von außen diesen Vorg ang stören,
wenn also Ausleseprozesse jeder Art, direkte und indirekte Wirkungen
der Umwelt fernbleiben. (Solche sollen unten besprochen
werden.)
Umgekehrt wäre geradezu das Vorhandensein solcher Einflüsse
nachgewiesen, wenn man eine anthropologische Veränderung
solcher Bastardpopulationen feststellen könnte. * A n unserem
Bastardvolk macht es mir bestimmt den Eindruck, als ob eine V e r änderung
nicht stattfände. Die Masse der untersuchten Bevölkerung
stellen 5., 6. und 7. Generationen dar; a l le reinrassigen Merkmale
von beiden Seiten her sind wohl erhalten. Man findet nach
dem Gesamteindruck einen Unterschied zwischen den jungen und
den um zwei bis drei Generationen älteren Individuen n ich t'Ä jich
glaube nicht, daß dieser Eindruck, der bewußt und in Kenntnis
des Problems aufgenommen wurde, trügt. Zu einer statistischen
Feststellung und zu ziffernmäßigen Belegen ist mein Material
zu klein.
W i r d ü r fe n a ls o w o h l m it e in ig e r S i c h e r h e i t s a g e n ,
e in e e inm a l e n t s ta n d e n e B a s t a r d b e v ö lk e r u n g — a ls B e i s
p ie l d ie R e h o b o th e r B a s t a r d s s t e l le n e in e b e z ü g l i c h
d e r v e r e r b b a r e n a n th r o p o lo g i s c h e n M e r km a le k o n s t a n t
b le ib e n d e P o p u la t io n dar.
So gen an nte P räpoten z der Vererbun g.
Eine ganz besonders wichtige Frage beim Rassenkreuzungsproblem
ist die nach dem Einfluß der einzelnen Stammrasse auf
das Kreuzungsprodukt. Es ist klar, daß diese Frage wie praktisch
für den Tierzüchter, so auch praktisch und theoretisch für die
Anthropologie grundlegend ist. Ab er wir besitzen fast keine wirkliehen
Kenntnisse! Nur allgemeine Ansichten sind verbreitet und
gelten als Wissen, wo auch nur die Anfänge einer exakten Untersuchung
fehlen! Am leichtesten zu beobachten ist zunächst die
Erscheinung, daß einzelne Individuen innerhalb ihrer Rasse ihre
persönlichen Merkmale besonders ausgeprägt — stark — „rem“ -
häufig — vererben, daß also sie über die entsprechenden des anderen
Elters „vorherrschen“, daß sie „durchschlagen“, „präpotent“ sind.
So haben Hengste ob dieser Eigenschaft besondere Berühmtheit
erlangt, man kennt solche Bullen, Hunde usw., man hat menschliche
Fälle hierher gerechnet, das Erhaltenbleiben des väterlichen
Familientypus trotz des Einflusses der aus den verschiedensten
Familien stammenden Müttern der einzelnen Generationen, man hat
die Habsburger Lippe, die Bourbonennase und anderes in diesem
Zusammenhang angeführt. Die Tatsache solcher persönlicher Präpotenz
ist wohl, als richtig anzunehmen. Ab e r man hat unter diese
Bezeichnung alles mögliche zusammengefaßt. A lle diese Erscheinungen
bedürfen erneuter Prüfung. Bei einigen ist es schon erwiesen,
daß sie offenbar nichts anderes bedeuten, als die Dominanz
eines Merkmales nach den M en d e lsch en Regeln, so die Habsburger
Lippe (s. H a e c k e r , [1911], S t r o hm a y e r i 19 11 ])•
Für andere Fälle, die im einzelnen nicht untersucht sind,
dürfte sich dasselbe heraussteilen, ja es ist die F'rage, ob nicht alle
diese Erscheinungen hierher gehören, soweit sie überhaupt auf V e r e
r b u n g beruhen. So wäre v i e l l e i c h t (es muß geprüft werden)
ein besonders „präpotent“ sich vererbendes Individuum (Zuchthengst)
nichts anderes als eine zufällige Kombination von besonders
vielen homozygotischen Eigenschaften mit Dominanzcharakter, und
zwar von solchen, die dem Züchter willkommen oder die sonst auffällig
sind. Andere Individuen sind bezüglich derselben Eigenschaften,
die sie äußerlich besitzen, vielleicht heterozygotisch, dabei
könnten bestimmte äußerliche Eigenschaften durch mehrere Einheiten,
die getrennt vererbt werden, bedingt sein, es ist klar, daß
ein solches Individuum dann „seine Eigenschaften“ weniger stark
vererbt.
Endlich wäre zu denken, daß ein Teil der Erscheinungen
nicht auf eigentlicher Vererbung beruht, sondern auf Einflüssen,
die der Gesundheitszustand, die äußeren Umstände, das Soma des
Eltertieres auf die Keime ausübt, die vielleicht einmal ganz besonders
günstig sein können — aber darüber wissen wir noch gar
nichts!
Noch viel problematischer, um nicht gleich zu sagen unrichtiger
und unhaltbarer als der Begriff individueller Präpotenz (als
13 F i s c h e r , Bastards.