
beherrschen und in all ihren Eigenschaften bestimmen. Wo es dem
Botaniker und Zoologen leicht ist, im Experiment generationslange,
bestimmte und gewünschte Kreuzung zu setzen, wo jene mit vielen
Tausenden von beobachteten und genealogisch genau bestimmten
Tieren und Millionen solcher Pflanzen experimentieren — da muß
der Anthropologe mühsam beobachten, wo die Natur und des
Menschen unberechenbare Laune ihm freiwillig ein Experiment
vormachen! Da muß er dann allerdings zugreifen und arbeiten —
es ist heute, da wir naturwissenschaftlich mitten in einer Hochflut
von vererbungstheoretischen Arbeiten und experimentellen Bastardierungsversuchen
stehen, fast unbegreiflich,. daß wir über den
Menschen fast nichts derartiges wissen! Da muß schleunigste A r beit
einsetzen — und ihre Methode muß die Familienanthropologie
sein. Hier liegt ganz sicher eine jw en n nicht ~,?die“) Zukunft
wenigstens des. Rasseteiles der Anthropologie. Nicht Massenu'nter-
suchungen, nicht „Typen“, Mittelwerte und Variationsbreiten bringen
uns mehr weiter — da ist genug erarbeitet worden als Basis —
wenn auch derartige solide Materialschaffung weitergehen muß —
nein, die Einzel-„Linien“, die Familienstämme müssen jetzt die Einheiten
sein; nur ih r Studium kann uns ererbte von erworbenen
Merkmalen unterscheiden, kann uns Wert, Bedeutung, Veränderlichkeit
oder Konstanz der sogenannten Rassemerkmale erkennen
lehren.
Und wie der botanische und zoologische Experimentator
formverschiedene Eltern benützt, um deutlicher zu sehen, was von
Vater, was von Mutter weitergegeben wird, so werden auch wir
d a am meisten lernen, wo auch beim Menschen jene Erscheinung
zütrifft, bei der Rassekreuzung.
Tausendfältig entstanden vor unseren Au g en menschliche
Bastarde, man hat nirgends und nie statistisch und einwandfrei
die E rgebnisse aüfgezeichnet. Das größte Rassekreuzungsexperiment
am Meüscheniggl Weißer und Neger in Amerika — ist wissenschaftlich
ungenutzt abgelaufen, unwiderbringlich sogar, denn kein
Mensch wird je die Aszendenz ;der heutigen „Farbigen“ in Amerika
angeben können. Tausendfältig gehen aber- auch heute noch
Rassekreuzungen vor uns ihren Gang, es gilt, sie zu fassen!
Sicher einer der für die Forschung günstigsten Fälle von K reu zung
Stark differenter Rassen im Großen, gelang es mir zu beobachten,
seine Darstellung ist der Zweck der folgenden Blätter.
Der große Herero- und Hottentottenkrieg 1904-^-7,-1907 haben
weite Kreise unseres Volkes wie mifjäden Verhältnissen unseres
Deutsch-Südwestafrika überhaupt, so mit seiner eingeborenen Be»
völkerung, darunter mit der „Nation der Bastards“ bekannt gemacht.
In Werken, die irgènwie anthropologische Verhältnisse Südafrikas
behandeln, wurden die „Bastards“ mit ein paar Worten abgetan,
eine wissenschaftlich vvenig interessierende Mischbevölkerung. Jetzt
würden, sie uns politisch und wirtschaftlich von Interesse ' — man
sprach und schrieb von ihnen. In diesem Zusammenhang lernte
Verfasser sie, zuerst aus der kleinen Schrift: B a y e r , „Die Nation
der Bastards“ kennen — jetzt in der Zeit des allgemeinen Interesses
der „Mendelschen Re g e ln “ bei der Bastardierung la g der
Gedanke nahe, einmal von der alten Gewohnheit der Anthropologie
reinen Rassen abzugehen und den V o rg ang der Bastardierung
zu studieren — ob der Gedanke fruchtbar und seine Au s führung
lohnend war, sollen folgende Kapitel beurteilen lassen.
Gerade d ie s e Bastardnation zu untersuchen, ermutigte die
dankenswerten Auskünfte, die Verfasser von Herrn Major B a y e r ,
Herrn Hauptmann B a r t e n s t e in , Herrn Prof. L e o n h a r d S c h u lt z e ,
Herrn Missionsinspektor S p i c k e r u. A . erhielt und wofür er allen
diesen Herren verbindlichst dankt.
Der Plan fand dank der gütigen und mich zu lebhaftestem
Danke verpflichtenden Befürwortung des Herrn Geheimrat Prof.
W a ld e y e r die Billigung der König!, preuß. Akademie der
Wissenschaft, d ie mir d u r c h Z u w e n d u n g e in e r e n t s p r e c h e n d
en S um m e au s d e r H um b o ld t - S t i f tu n g d ie R e i s e e r m
ö g lic h t e . Ich möchte auch an dieser Stelle dem Kuratorium
der H um b o ld t -S t iftu n g und der Königl. Akademie meinen tiefgefühltesten
und. aufrichtigsten Dank aussprechen. Ebenso sage
ich-der d e u t s c h e n a n th r o p o lo g is c h e n G e s e l ls c h a f t und ihrem
damaligen Vorstande, den Herren Geheimrat R a n k e , Prof.
A n d r e e ( f ) , Hofrät S c h l i z und Geheimrat W a ld e y e r ergebensten
Dank für eine Unterstützung, die sie mir aus dem M ie s s c h e n
L e g a t für meine Reise zukommen|§ießen. Wenn bei der Bearbeitung
des Bastardvolkes einige Resultate zutage traten, neben
anthropologischen auch folkloristische, wenn sich vielleicht auch
einige Winke und Folgerungen praktischer, wirtschaftlicher und
politischer A r t ergaben H gerade heute so wichtig, wo die Frage
der Mischehen die gesetzgebenden Instanzen noch lange beschäftigen
wird — so möchte Verf. alle diese als Dank den g e nannten
deutschen gelehrten Gesellschaften darbringen, besonders
erfreut, daß er die Früchte auf deutschkolonialem Boden pflücken
und so nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der großen
deutschen Heimat Nutzen stiften durfte.
Die Aufgabe, die sich bot, war demnach die, das sogenannte
„B a s ta rd v o lk “ zu studieren, also festzustellen, wie in den aus Buren-
Hottentotten-Kreuzungen entstandenen Mischlingen die Rassenmerk