
Die Tabellen zeigen nun dasselbe, wie die Kurven! Wenn
man die Ziffern bewerten will, muß man bedenken, daß die einzelnen
Gruppen zum Teil sehr klein sind; so wird die Unsicherheit
ziemlich groß, was sich in der Größe des wahrscheinlichen Fehlers
zeigt. Trotzdem lehren die Zahlenreihen einiges wesentliche.
Je größer die Ziffer, desto stärker weichen die betr. Gruppen'
voneinander ab; natürlich darf man nur je dasselbe Merkmal vergleichen.
Ein berechneter Mittelwert aus mehreren (hier 8) Merkmalen
ist natürlich nur mit solchen aus genau denselben Merkmalen
vergleichbar. Hier kann ich also vergleichen: Da sieht man
(unterste Rubrik beider Tabellen) d a ß d ie „M i t t “ -G ru p p e d e r
B a s t a r d s g e n a u g le ic h s ta r k v o n B a d e n e rn w ie vo n H o t t e n to
t te n abweichen; bei Frauen ist die Ziffer nach jeder Seite 198
(bei Männern differiert es etwas). Die Typendifferenz der Eu-
Gruppe ist stets gegen die Badener Gruppe kleiner, gegen die
(reine) Hottentottengruppe größer als die der Mitt-Gruppe; so
steigen die Mittelwerte der zweitletzten Linie voii links nach rechts,
die der untersten von rechts nach links! (Nur bei den mittleren
Männern ist die Ziffer zu niedrig, was als Zufall infolge zu geringen
Materials anzusehen ist; die Regelmäßigkeit a l l e r anderen
Zahlen kann durch diese eine-nicht erschüttert werden).
Im ganzen müßte, wenn meine Individuenzahlen alle groß
genug wären, in allen Rubriken jeweils die obere Ziffernreihe nach
rechts, die untere nach links zunehmen; für, ich möchte sagen, besonders
bezeichnende Merkmale trifft das sehr schön ein, z. B.
Lippendicke (Männer und Frauen), Nasenindex (Frauen, Männer
beinahe). Sonst zeigt sich, daß das Material für-diese Behandlung
etwas klein ist. Ab er jedenfalls bestätigen die Ziffern die
Kurven und zeigen: E in V o r h e r r s c h e n e in e r d e r b e id e n
S tam m r a s s e n , ein s t ä r k e r e s H in n e ig e n d e r B a s t a r d s zu
e in e r d e r b e id e n E lt e r n r a s s e n e x i s t i e r t n ic h t , d ie B a s t a r d s
s te h e n im g r o ß e n g a n z e n m it te n zw is c h e n b e id en . V o n
e in e r P r ä p ö t e n z k an n man s ic h e r n ic h t sp r e ch e n .
Man kann endlich noch einen Blick auf die a b s o lu t e Größe
der Typendifferenzen werfen. Zum Vergleich wurde deshalb die
zwischen beiden Stammrassen beigesetzt. Man sieht, sie ist im allgemeinen
bedeutend größer, vor allem in den die beiden Rassen
schon auf den ersten Blick kennzeichnenden Merkmalen: Nase,
Körpergröße, Lippen da ist sie drei- bis viermal so groß.
In anderen Punkten ist sie nur weniger größer, gelegentlich
kleiner — Schwankungen, die gewiß zum Teil auf der viel zu g e ringen
Größe des Materiales beruhen. — Der Durchschnitt aus
allen acht Merkmalen zeigt wieder die viel größere gegenseitige
Differenz der beiden Stammrassen im Verhältnis zu den Bastards.
Vergleichungen mit Typendifferenzen anderer Rassen sind Mangels
Material noch unausführbar; nur P o n ia t o w s k i (1911) hat einiges.
Die Typendifferenz für den Kopfindex zwischen Bastards und
Hottentotten (Männer 119, Frauen 374) ist z. B. ebenso groß wie
die zwischen Malayen und Altbayern (144) oder Neger und Birmanen
(385) oder Engländer und Malayen (305) und größer als
zwischen Birmanen und Altbayern (60)', dagegen kleiner als
zwischen Engländern und Altbayern (519) oder Nagada und A lt bayern
(640) ^
Das sollte nur ein kleines Beispiel sein, die Zukunft wird aber
da noch sehr viel schönes Vergleichsmaterial bringen können.
Ist nun das obige Resultat von Ziffern einwandfrei und beweist
die darin ausgedrückte etwa gleichmäßige Ähnlichkeit nach
beiden Stammseiten auch wirklich eine entsprechende gleiche erbliche
Beeinflussung?
A u f das Resultat ist zunächst die Wahl der Merkmale von
großem Einfluß. Man sieht aus den obigen Kurven, daß in e in z
e ln e n Punkten besonders stark die e in e Stammrasse vorwiegt
(in anderen die andere); wenn ich nun zur Vergleichung der Typen
nur gerade solche Merkmale herausgreife, bekomme ich Kurven
und „Typendifferenz“, die zugunsten e in e r Stammrasse ausschlagen.
Zwar wird durch Berücksichtigung der Variabilität in der ly p en -
differenz das etwas gemildert, aber nicht ausgemerzt. Man muß
also die Merkmale abwägen, man muß das Material anthropologisch
werten. Wichtiger und schwerer vermeidbar ist folgender Umstand.
Wir vergleichen Merkmale nach ihrer Ähnlichkeit, wir
wissen aber dabei ganz und gar nicht, wieviel von dem festgestellten
Merkmal auf ererbter Grundlage beruht, wieviel auf individueller,
zufälliger Ausgestaltung; die W irkungen der Umwelt „modifizieren“
eben die Merkmale, um einen jüngst viel gebrauchten
Ausdruck zu benützen, den z. B. B a u r (1911) klar erläutert. Wirkte
z. B. die Umwelt (Ernährung, Klima) auf die e in e Stammrasse stark
ein, z. B. wuchsbefördernd, auf eine zweite neu einwandernde
aber noch nicht, so werden die hier entstehenden Bastarde unter
denselben Bedingungen wie die ansässige eine Mutterrasse stehen und
d i e s e r in jenem Merkmal mehr gleichen als der anderen — aber
nicht durch Vererbung, sondern als dieselbe „Modifikation“. Das
1) Alle'diese sind Schädelindices, die meinigen Kopfindices, aber die Typen-
differenz ist vergleichbar.