
a. Die Wirtschaft.
Die Grundlage der gesamten Lebensführung ist Viehzucht.
Das Bastardland ist ausgezeichnetes Weideland — nach der A n sicht
sehr vieler deutscher Barmer viel zu gut für die Bastards—
es kann gewaltige Mengen Vieh ernähren.
Anfangs, d. h. nach dem Einzug ins heutige Gebiet, war alles
Land Gemeindeland. Ob dann schon bald nominell eine Verteilung
zur Nutzniesung stattfand, die auf ungenannte Zeiten gedacht ist,
oder nur praktisch eine solche erfolgte, weiß niemand mehr recht.
Jedenfalls wurde im Laufe der Zeit in der Hauptstadt Rehoboth S
und sicher ist es in den anderen größeren Ansiedlungen ebenso ■ /-•
das Stück Land; auf dem sich der Bastard sein Haus baute, sein
Eigentum; die Häuser standen und stehen weit genug, daß der
Sohn neben dem Vater oder in der Nähe sich sein Haus erbauen
konnte. Ebenso gehörten dann (zur Nutznießung oder eigen) jeder
Familie Gartenland, d, h. ein Streifen, auf dem Korn und anderes
gepflanzt wird, am Revier. Das übrige ganze Land gehörte der
Gemeinde. Von diesem Land wurde 1898 ein nicht ganz unbeträchtliches
Stück abgetreten. Die Bastards hatten große Schulden, bei
einzelnen Kaufleuten bis zu 25000 M. A n diesen Schulden waren
die Großleute und Kleinleute, d,. h. die Angesehenen, sogenannten
Reichen (für den Kaufmann: die Kreditwürdigen) und die Menge
der anderen beteiligt, die Großen natürlich bei weitem am meisten.
Zur T ilgun g dieser .Schulden wurden c a ., 68 000 h Gemeindeland
verkauft, zur Resttilgung dann'1900 nochmals einige Stücke L an d 1).
(Das sind die in der geographischen Skizze’ oben genannten deutschen
Farmen.) Damals wurde dann das Gemeindeland an die
Familien verteilt zu erblichem Besitz. Daß d abei.d e r die V e r teilung
besorgende R a t seine Verwandtschaft nicht gerade benachteiligte,
behaupten heute viele, die nicht ganz zufrieden sind. Nur
bei Rehoboth und bei A u b sind noch kleine Stücke Gemeindeweide.
■ — Verkaufen kann der Bastard sein Land nicht ohne
weiteres, jeder Verkauf bedarf der Genehmigung von „R a t“ und
Gouvernement.
Außer dem erwähnten Haus in Rehoboth bzw- der betreffenden
.Ansiedlung besitzt nun auf dem Familienland, der „Farm“,
jede Familie ihr Haus oder. Pontock, so daß jede draußen auf
dem Land und drinnen in der „Stadt“ ihr Haus hat.
Diesesreiche W eideland ist nun mit Vieh besteckt;. Die Bastards
dürfen als reiche Viehzüchter bezeichnet werden, B a y e r (1907)
sagt, „es stehen Rinder und’ Fettschwanzschafe im Bastardland,
1) Rehobother Akten (Distriktsamt).
deren Wert Millionen beträgt“, dazu kommen eine Menge Pferde.
Nach' den dem Distriktsamt von den Bastards selbst gemachten
Angaben ^besitzen sie, rund 4600 Stück Großvieh, 35 ooö Stück Kleinvieh
(Schafe und Ziegen) und 500 Pferde, aber diese Angaben sind
damals aus Furcht vor Steuern sicher viel zu niedrig gehalten, man
darf mindestens nochmals 25—-30- %' zuzählen, zumal die Liste der
Besitzer lange nicht vollständig ist. Die Haltung dieses Viehstandes
ist .ja die bekannt einfache in Südwest. Ställe gibt es natürlich
nicht; ein ganz- kleiner Teil, soviel als man für den unmittelbaren
Bedarf nötig hat (eine milchende Kuh, einige Ziegen, ein R e itpferd,
ein Dutzend Paar Treckochsen) sind beim Haus, d. h. bei
Rehoboth auf ‘der Weide, einzelnes Kleinvieh auch direkt am Haus
in einem Dornkraal, alles andere ist auf der Farm oder Weide
sonst wo.
Zur Hut dieses Viehs, gleichzeitig als Knechte und Mägde,
hat der. vornehmere Bastard sein „Vo lk “, d. h. eine Anzahl Hottentotten
oder Damara oder beides, gelegentlich auch Herero. Dies
Vo lk besteht meist aus Familien des betreffende» Stammes, die in
Abhängigkeit vom Bastard als dessen Leute leben. E s sind rund
600 erwachsene Damara. und 460 Kinder, 500 erwachsene Hottentotten
und 300 Kinder nach den Angaben, die die Bastards dem
Rehobother Distriktsamt gemacht haben. Da die Aufnahme dort
noch nicht alle Familien umfaßt, können es etwa 10a— 150 mehr
sein von jedem der beiden Stämme. Die besorgen also vor allem das
Yieh. Fütterung u sw .' fällt ja weg, es handelt sich also um das.
Hüten, das Treihen zur Tränke, auf andere Weiden oder zum V e r kauf.
Vom Hottentotten erbte der Bastard eine ausgesprochene
Vorliebe, man kann schon sagen Liebe zu seinem Vieh und trennt
sich ungern davon. E r könnte aus Verkauf viel mehr herausschlagen,
aber er behält seine Tiere gerne, - „das Vieh auf der
Weide ist ihnen lieber als die Pfundstücke in der Vorkiste“ läßt
B a y e r ihren Distriktschef B ö t t l i n sagen. Verkauft wird an die
Lädeninhaber, wenn das Konto für tägliche Bedarfsartikel die entsprechende
Höhe erreicht hat, dann an Händler oder nach außen.
A u f die Zuchtprodukte kann hier nicht eingegangen werden.
Früher hatte der Bastard die Viehhaltung nicht viel anders g e trieben
als, die anderen Eingeborenen, jetzt hat er den Wert eigentlicher
Zucht kennen gelernt und handelt darnach. Ein ausgezeichnetes
Verständnis für das Tier, die erwähnte leidenschaftliche Vorliebe
für Viehzucht eignen ihn dabei besonders zum Züchter, so
kann es nicht wundern, wenn (natürlich * neben minderwertigem
1) Rehobother Akten (Distriktsamt).