
Von der früheren Ansiedelung war kaum noch etwas übrig,
die kahlen und leeren Wände des einstigen Missionshauses und
eine halb zerfallene Kirche standen noch und wurden bald wieder
hergestellt, die Bastards richteten sich allmählich ein, bauten sich
provisorische Hütten und es begann nach und nach ein geregeltes
Leben.
Ganz kurz muß hier eingeschaltet werden, was wir vom Schicksal
der abseits gezogenen Bastards wissen. Zunächst muß erwähnt werden,
daß auch die Bastardbevölkerung von Pella, der letzten Haltestelle unseres
Völkchens vor dem Orangeübergang, zum Auswandem gezwungen wurde/
Sie zerstreute sich nach allen Seiten, einzelne kamen den unseren nachgezogen
und gingen in ihnen auf. Daß umgekehrt andere, einzeln, sich
m der langen Treckzeit abspalteten und verloren, wurde erwähnt. Ein
Teil blieb in Warmbad selbst, sitzen. Eine größere Truppe trennte sich
(übrigens wohl meist nicht aus de Tuin stammend) im Bethanischen Bezirk
ab unter einem Führer K la s Z w a r t s , der sich ihr Kapitän nannte. Er
wollte sich Kapitän van Wyk nicht unterordnen und blieb mit seinem
durch Nachzug von Süden auf etwa 20 Familien angewachsenen Anhang
in Grootfontein (Süd) sitzen. Es wurde 1874 mehrfach versucht, sie nach
Rehoboth nachzuziehen, Missionar Heidmann reiste selber hin und stellte
ihnen das Günstige solcher Vereinigung vor, aber Zwarts wollte sich nicht
unter van Wyk begeben. Als in den folgenden Jahren die Verhältnisse
in Grootfontein recht unsicher, wurden, räuberische Buschmänner und
Hottentotten dauernd Vieh stahlen, zogen doch einzelne nach Rehoboth
und fanden dort (1881) Aufnahme. Andere zogen nach Keetmannshoop,
wo heute noch ihre Nachkommen sitzen, noch andere, ein größerer Trupp,
nach Osten an den Rand der Kalahari nach M ie r und Haas, wo ihr
Missionar P a b s t die Station Rietfontein anlegte (heute englisch). — Sie
trafen in dieser Gegend eine schon ansässige Bastardgemeinde, die unter
Dirk Vyrlander so um 181 0 B 1820 herum im Anschluß an den großen
Hottentottenzug Jan Jonker Afrikaners aus der Kapkolonie ausgezogen
waren und sich hier niedergelassen hatten. Mit diesen verschmolzen sie,
heute besteht dort eine sehr ansehnliche Bastardgemeinde (englisch).
Klas Zwarts selber mit wenigen ihm treuen Familien schloß sich
keinen von all diesen an, er wollte sich ebensowenig wie unter van Wyk
hier unter Vyrlander stellen. Er zog vielmehr von Grootfontein (Süd)
aus mit seinen paar Getreuen südwestlich. Wie lange sie sich dort unstät
herumtrieben, ist nicht bekannt; später kehrten sie nach Grootfontein
zurück, verließen es abermals in den 80 er Jahren aus Angst vor den
Kämpfen der Witbois (gegen die Herero) und kehrten dann mit Erlaubnis
der deutschen Regierung (1894) dahin zurück, um es als festen
Wohnsitz angewiesen zu erhalten. Später, 1901, ließen sie sich zu einem
Aufstand hinreißen, dessen Verlauf L e u tw e in (1906, S. 106) schildert.
— Er endete mit der Auflösung dieser Niederlassung. Die Reste wurden
nach Rehoboth überführt — Klas Zwarts war gefallen — es waren noch
22 Männer, einige davon mit Familien.
So gibt es also größere Bastardniederlassungen außer den Rehobothern
nur in Keetmannshoop und Warmbad (und eigentlich dazu gehörig _
aber englisch — in Rietfontein). — Ich kenne diese aber nicht, und
meine Untersuchungen und folgende Beschreibung bezieht sich, wie ja
auch in Überschrift und Vorwort gesagt "ist,- ausschließlich auf das Rehobother
Volk. Vom Rehobother Stammland aus zogen dann einige Bastardfamilien,
vorab im Dienst von Weißen, auch an andere Orte, so daß man
auch sonst im Land solche findet. Die größte Anzahl ist in Otjimbingue,
auch diese habe ich besucht, eine Anzahl auch in die Rehobother Stammbäume
einreihen können, die Verhältnisse dort haben nichts Neues ergeben.
Andere Bastardfamilien sind in Windhuk, in Omaruru, in Karibib usw.
3. Wirren und Kämpfe bis zur tatsächlichen Errichtung- der
deutschen Herrschaft (1893).
Im Jahre 1870 also hatten sich die etwa 30 Bastardfamilien
in Rehoboth niedergelassen und es begann nun eine schöne Entwicklung.
Jetzt bildeten sich die Grundlagen zum späteren Wohlstand
des Bastardvolkes. Nach 2— 3 Jahren war schon ein gutes
Vorwärtskommen zu erkennen, die Viehzucht und dadurch etwas
Handel gestalteten sich recht einträglich, auch die Jagd war damals
noch ergiebig. In schwerer Arbeit wurde für die tief im Felsen
liegenden Quellen ein A u sw e g gesprengt, so daß man nun einen
laufenden Brunnen und reichlich Wasser, auch zum Bewässern von
Gärten, besaß. Besonders der Missionsgarten gedieh, noch heute
zeugen alte prachtvolle hochragende Palmen vom Fleiß des
Missionars. Statt der ersten elenden Hütten errichtete man nach
und nach Backsteinhäuser, es entwickelte sich wirklich eine A r t
Dorf. Daß Missionare solche Entwicklung unter r e in e n Hottentotten
trotz aller Lehre und Hilfe nicht fertig brachten, zeigt
deutlich, daß diese Bastards den reinen Eingeborenen an Tatkraft,
Einsicht und Fleiß doch stark überlegen waren. So versuchten
sie z. B. aus der Viehwirtschaft mehr herauszuholen, sie ließen sich
gute Wollschafe aus Kapland kommen, um zu züchten. Auch daß
sich (1874, >875) nun einige weiße Händler in Rehoboth dauernd
niederließen, zeigt ihre gestiegene Finanzkraft, die es auch erlaubte,
jährlich einige Hundert Mark für Kirch- und Schulzwecke zu
erübrigen.
Ab e r so ganz ungestört und friedlich sollte die Entwicklung
nicht bleiben, dafür sorgten die Hottentotten und ihre Raubr und
Kriegszüge. .Viehdiebstähle hatte es natürlich immer gegeben, die
Buschmänner, dann die in der Nähe von Rehoboth in den Bergen
sitzenden Bergdamara holten sich in Zeiten dürftigen Nahrungserwerbes
gern aus den Herden der Bastards ihre Beute, ebenso
sahen die benachbarten ELottentotten („Afrikander“ im Norden,
„Rote Nation“ im Osten) mit Neid auf den wachsenden Wohlstand
der Rehobother und suchten auf ihre Weise daran teilzunehmen.
Das führte natürlich hier und da zu Streitigkeiten. Unangenehmer
wurden Streitigkeiten mit W eißen. Die paar in Rehoboth wohnenden