
Orange, Missionar H e idm a n n war entschlossen, mitzuziehen. Die
Zeit der Vorbereitung, der Rüstung wurde aber jäh unterbrochen.
Infolge der außergewöhnlichen Dürre und des dadurch bedingten
Nahrungsmangels fielen seit langer Zeit zum ersten Male wieder
Raubscharen von Buschmännern und vor allem Koranna ins Land,
überschritten also den Orange und plünderten nun in der ganzen
Umgebung. Die ihnen am meisten ausgesetzt waren, waren unsere
Bastards von de Tuin, deren Herden nördlich vom Orte gegen
den Orange zu weideten. Es muß wirklich böse gewesen sein,
ich gebe am besten v. R o h d e n s Schilderung über die L a g e und
die nächste Zeit hier Wieder: „Monat um Monat hörte man von
Dutzenden geraubter Rinder, von 40 oder 50 gestohlenen- Schafen
und Ziegen; und alle Versuche, den Korannahäuptling vom Hart-
beestfluß für die Räubereien seiner Leute verantwortlich zu machen,
machten das Volk nur desto frecher. Die Bitten an die geordneten
Obrigkeiten, an den Feldkornet, an den Zivilkommissar, an den
Distriktsrat von Calvinia, sogar an den Gouverneur von Kapstadt,
diesem Unwesen abzuhelfen und die Untertanen Englands gegen
die Räubereien wilder Grenznachbaren sicher zu stellen, waren
vergeblich. Man schien es gar nicht ungern zu sehen, daß die
Bastards an der Grenze auf diese Weise noch mehr bedrängt und
geschwächt wurden. Erst als auch weiße Bauern von den immer
kühner gewordenen Korannas belästigt wurden, wurden einige
Polizeimannschaften aufgeboten und Kommandos organisiert, aber
bei weitem nicht ausreichend, um das fremde Raubgesindel zu
schrecken und zurückzuweisen. Schon war man auf de Tuin
keine Nacht mehr sicher. Abends mußten alle Feuer gelöscht
und die ganze Nacht gewacht gewerden.“ Nun zo g fort, wer fliehen
konnte, nur einige Arme und Schwache waren noch da, der Missionar
selbst erkrankt. Er wollte noch eine kirchliche Abschiedsfeier und
letzte Beratung halten — die Dürre, der weite W eg , die Unsicherheit
hielt die Leute fern. S o verließ er sang- und klanglos am
12. Juli 1868 de Tuin — wenige T a g e nachher wurde es von
Korannas besetzt und geplündert. Man zog nordwestwärts nach
Pella, wo kurzer Halt gemacht wurde. Ab e r auch hierher zogen
allmählich die Koranna und so begann man am 16. Nov. 1868 über,
den Orangefluß überzusetzen - • damit zog also das Bastard völkchen
in unser heute deutsches Gebiet ein! —
Um diese Zeit, ausdrücklich zum Zweck der Leitung bei der
Auswanderung, gab sich die Gemeinde ein Haupt. Da die benachbarten
Hottentotten „Kapitäne“ hatten, wählten die Bastards
auch einen solchen, die Wahl fiel auf H e rm a n n s v a n W y k .
Au ch ein Ratskollegium wurde jetzt gebildet. So fiel also die
eigentliche „Konstitution“ der „Nation“,, wenn man das so nennen
darf, gerade in diese schlimmste Ze itl1) ,,
r Ganz allmählich schoben sie sich nordwärts, noch ungewiß;
wohin. Nach 4 Wochen lagerte der Trupp bei Warmbad und ein
halbes Jahr später sitzt er bei Bethanien. Ein Teil der Familien
hat sich wohl zerstreut in der langen Zeit, es ist nicht bekannt,
wieviele es waren. Eine geschlossene Hauptmasse zog innerhalb
der nächsten 1J4 Jahre weiter nach Norden, Missionar H e idm an n
und ihr neuer Kapitän H e rm a n u s v an W y k führten sie. Man
kann da schön nicht mehr von “ Zug“ sprechen, so langsam ging
es; es wurde unterwegs geblieben, solange ein günstiger Ort,
Weide und Wasser und solange die Nachbarn es zuließen. Schließlich
kamen sie nach Rehoboth, das seit 1864 leer und in Zerfall
war (s. oben S. 12). Die Familien, die dieses Ziel erreichten, sind
folgende: H e rm a n u s v a n W y k (Kapitän) (Cornelius und Christofei
van Wyk, welche beide aber später umgekehrt und wieder nach
Süden gezogen sind), B e n z , J an und P i t B e u k e s , B e z u id e n h o u t ,
J o s e f C la a s e n , C lo e t e , C h r is t ia n und P a u l D ie r g a a r d , D ra -
g o e n e r , de K l e r k ; M o r k e l, H e n d r ik , J a k o b und J a k o b u s
M o u to n , S l e n g e f , C h r i s t o f e i u n d Jan Z w a r t s . Diesem i Familien
nannte mir Herr Missionar H e idm a n n , er meint, es fehlen noch
9 oder 10; diese fehlenden sind nach Bastardangaben, die ich in
Rehoboth erhielt: C o e t s e e , E n g e lb r e c h t , K o o pm a n , S t e e n k
am p , V r ie s v i e l l e i c h t auch noch B o k , V r e y und W i tb o i . Es
dürften etwa 300 Seelen gewesen sein*);
Das war also der Stamm, der sich 1770 in Rehoboth niederließ
und damit die heutige „Nation der Bastards“ begründete. Ich
glaube nicht, daß man es ihnen zu großem Verdienst anrechnen
darf, daß sie diesen 18- wie sich durch ihr Schicksal nachher zeigte
SSI günstigen Platz aussuchten; es war wohl weniger das V erständnis
für seine Weide- und Wasserverhältnisse, als mehr Zufall.
Natürlich an einem ganz schlechten Platz wären sie nicht geblieben;^
daß gerade Rehoboth gewählt wurde, lag wohl daran, daß es eben
seit einigen Jahren leer und verlassen war und dann, daß sein
Besitz überhaupt für niemand feststand. Sie haben sicher über
die Erlaubnis, sich da niederzulassen, mit dem Hottentottenkapitän
Abraham Zwartboi verhandelt, ich glaube aber nicht, daß sie ihm
den Platz abgekauft haben.
• 1) Dies nach gütiger persönlicher Mitteilung des Herrn Missionars H e idm a n n ,
durch briefliche Vermittlung des Herrn Missionars K r e f t — wofür ich auch hier danken
möchte.
2) Die Mission hielt im i . Jahr für etwa 150 Erwachsene und 100 Kinder
Gottesdienst.