
Anhang.
Die politische Bedeutung der Bastards.
Es kann nicht im Rahmen dieses Buches liegen, auf die zahlreichen
Fragen der Kolonialpolitik, Kolonialwirtschaft und -Verwaltung
oder gar des Kolonialrechtes einzugehen, die sich an das Vorhandensein
der „Bastards“ und der Mischlinge überhaupt knüpfen.
Ab e r mit ein paar Strichen muß doch auf dieses Gebiet hingewiesen
werden, auch der Naturforscher, der sich anthropologisch,
also rein um wissenschaftlicher Probleme willen, mit dem Bästard-
v ° lk beschäftigt hat, es kennen gelernt hat, wird die Pflicht haben,
der Frage nicht auszuweichen, was er denn nun, abgesehen von
seiner speziellen Wissenschaft, aber auf Grund seiner Kenntnisse
vom „Bastard“ als aufmerksamer Beobachter von der Brauchbarkeit,
Zukunft usw. des Bastardvolkes oder des Halbblutes überhaupt
denkt — stehen doch zurzeit solche. D inge im Vordergründe
deutscher Kolonialfrag'en.
So sei im folgenden des Verfassers Ansicht gegeben — nichts
mehr als eine Ansicht, zu der ein naturwissenschaftlich denkender
Beobachter kommen konnte.
Da sei zunächst noch einmal betont, daß man das Bastardvolk,
dem dieses Buch gilt, unter k e inen Ums t ä n d e n zusammen
nennen oder gleich beurteilen darf, wie einzeln entstehende Mischlinge,
daß aber auch diese in den einzelnen Kolonien wohl ungleich
gewertet werden müssen.
Betrachtet man zunächst das „Bastard v o l k “. A u s der ganzen
oben gegebenen Beschreibung geht hervor, daß es-sich um ein
lebenskräftiges, leistungsfähiges und seine Stelle wohl ausfüllendes
kleines Volk handelt.
Die Frage, ob man seine Vermehrung, sein Gedeihen wünschen
soll, ist kaum diskutierbar, es ist da und wächst. Für unsere
Kolonie ist es ohne Zweifel von Nutzen. Die Leistungsfähigkeit
ist der der reinen Hottentotten überlegen. Es kann b e i g e e
i g n e t e r B e h a n d l u n g , L e i tu n g , we i t e r e r E r z i e h u n g , auf
deren Anfänge die rheinische Mission mit voller Befriedigung
blicken kann, ganz gut zu einer eingeborenen Arbeiterschicht
werden. A n erster Stelle käme alles in Betracht, was mit Viehhaltung
und Fuhrwesen zusammenhängt dann aber auch Handwerke,
zu denen ganz gute Ansätze da sind.
Dieses zweite ist nicht mit ganz der Sicherheit zu sagen, wie
das erste. Ob sich wirklich das g a n z e V o lk dazu eignete, käme
auf die Probe an. Für s e h r viele g la u b e . ich es sicher.
Eine dritte Beschäftigung schlägt H e s se , (1904) vor, die als
eingeborene Polizeimannschaft1). Ich halte das für einen ganz ausgezeichneten
Vorschlag und die Bastards für ideal geeignet dazu
ig lg die r i c h t i g e Verwendung vorausgesetzt, d. h. unter weißer
Oberleitung und nie gegen Weiße (es sei denn in momentaner
Not oder schlimmste weiße Verbrecher). A b e r um gegen farbiges
Gesindel, Viehdiebe usw. in d i e s em Lande verwendet zu werden,
über Durststrecken und auf langen Patrouillen sind sie ausgezeichnet.
Und ihr Selbstgefühl als „Bastards“, eine Stufe über „gewöhnlichen“
Eingeborenen, könnte da. sehr gut ausgenützt werden!
.In all den drei „Berufen“ setzte ich „eingeboren“ dazu. Soll
man diese Bastards, von denen viele über, großes Vermögen und
den „Eingeborenen“ gegenüber über einige Bildung verfügen,
dauernd als E in g e b o r e n e , betrachten und behandeln. Meiner
felsenfesten Überzeugung nach unbedingt: ja!
Zunächst kann man einen gewichtigen Grund anführen, der
dieses Festhalten im Eingeborenen Verhältnis als auch in ih r em
Interesse stehend .dartut. Das Bastardvolk ist zwar, wie oben angeführt,
wirtschaftlich, : nach Arbeits- und Ver.waltungsfähigkeit
meiner Meinung nach jedem reinen Eingeborenenstamm überlegen.
A b e r dem Weißen gegenüber würde es keinerlei Konkurrenz aus-
hahen können... Das Leben und der Bestand des Bastardvolkes
hängt, wie ich glaube, davon ab, daß die deutsche Regierung es
gegen die Gelüste, die Sorglosigkeit, den Voraussichtsmangel seiner
eigenen Mitglieder schützt. Wäre Verkaufsfreiheit jeglichen Grund
und Bodens, wäre Einkaufsfreiheit aller Alcoholica gegeben, wäre
der Bastard völlig selbständig, rechtlich als Käufer und Verkäufer,
als Vertragschließender (Kauf-, Pacht-, aber auch vor allem Ehe-
v e rträ g eü so wäre in sehr kurzer Zeit alles Land und der größte
Teil Vieh in der Hand des Weißen; verkauft, verpfändet, weg-,
gegeben gegen Augenblicksbedürfnisse.
Die Bastards gedeihen inmitten des. weißen Mannes Land
wirtschaftlich nur, weil die Regierung ihre schützende Hand über
sie hält. (Nur das Mehr an Gedeihen gegenüber reinen Hottentotten
kann der e i g en en Tüchtigkeit der Bastards zugeschrieben
werden.)
Der Standpunkt, man lasse sie dann eben zugrunde gehen,
wenn sie es nicht besser können, ist natürlich unhaltbar, solange
wir hoffen können, im Bastardvolk für uns eine wertvolle Bevölkerung
zu erhalten und zu erziehen, die bestimmte Arbeit in der
großen und nötigen Arbeitsteilung einer Kolonialkultur übernimmt
B B aber auch nur so lange!.
1) Ebenso jetzt wieder v. Zw e r g e rn , Frankfurter Zeitung Nr. 208, 1911.