
Das erste, was auffälit, ist die große geistige Verschiedenheit
innerhalb der Bastards;' sie ist deutlich und auffällig größer als
etwa m einer großen Hererowerft. Die Neigungen, die Intelligenzäußerungen
der sozial oberen und vieler unteren sind hier sehr
verschieden. Das erschwert ein Urteil außerordentlich.
Wenn man Einzelheiten betrachtet, fällt einiges Negative auf.
Besonders lebhaft ist der Bastard nicht, sein Gefühlsleben ist stumpf,
lau, die Gefühle scheinen langsam und träge aufzusteigen und ab-
zuklingen. So macht er sehr oft den Eindruck der Teilnahmslosigkeit.
^ Ab e r es ist natürlich schwer zu sagen, was etwa unter
einer ruhigen und fast unbewegten Maske Vorgehen könnte; daran
muß man z. B. beim Hottentotten stets denken! Beim Bastard
hingegen sind uns doch oft die Züge so wenig fremd und seine
sonstigen geistigen Regungen so verständlich, daß ich glaube, jene
negative Behauptung wird richtig sein. Mit dieser Gefühlsab-
schwächung (dem unsrigen gegenüber) verbindet sich ein bis zum
Phlegma gehendes, ruhiges Temperament (oder stellt einen Teil
davon dar). Das scheint Burenerbschaft; es ist bei den stärker
hottentottischen Bastards eher geringer. Es mag übrigens nicht
nur ererbt, sondern zum Teil dem Klima zuzuschreiben sein; wenn
man auch sagt, daß das gewiß gesunde und schöne Klima im
hochgelegenen Süd west den Weißen arbeitsfähig erhält, ein weit
verbreitetes Energieärmerwerden, ein Nachlassen der Spannkraft,
eine Neigung zum bequemen laisser faire, laisser aller ist bei
Weißen aller Nationalitäten dort unten doch zu verspüren. Der
Bur ist viel phlegmatischer als der Holländer in Europa. — Einerlei,
welches die. Ursache, vorhanden ist deutlich diese Gefühlsarmut.
Sie zeigt sich auch im Mangel an Poesie, an Kunst, an Gesang
USW. —
Mit dem Gefühlsmangel hängt es zusammen, daß man die
Bastards gelegentlich brutal oder grausam genannt hat es
mögen solche Züge einzeln aufgetreten sein, aber im ganzen sind
sie das nicht. Au ch als Undankbarkeit gedeutetes Betragen oder
Unzuverlässigkeit dürfte so erklärt werden. Das Gefühl, dankbar
sein zu müssen, anhänglich zu sein, war wohl in jenen Fällen noch
ga r nicht aufgekommen. W o es einmal wirklich da ist, da zeigt
sich der Bastard im allgemeinen zuverlässig. Das ist das Urteil
der Offiziere, die mit ihnen vor dem Feind gelegen (vgl. B a y e r
1907), das muß höher angeschlagen werden, als das des K au fmannes,
der ihn unzuverlässig nennt, der ihn auf Betrugsversuchen
ertappt, dabei aber selber die Dummheit und Unwissenheit aller
Eingeborenen ausnützt — das sehen die Bastards auch und das
erzieht sie nicht gerade!
Diebstahl, Veruntreuung kommt z. B. in Rehoboth ä u ß e r s t
selten vor. Worthalten g i l t als anständig und wird auch entsprechend
gepflegt — im allgemeinen! — Petrus Diergaard sagte
z. B. einmal, wie davon die Rede war, daß die Bastards Hab und
Gut um Schnaps weggäben, er wette um eine Kuh, daß er eine
Woche lang keinen trinke. Nach 6 Tagen kaufte er (es ging
damals noch) sich welchen im Laden — kein Mensch dachte an jenes
Gespräch — er aber bat, mit dem Abgeben der K uh warten zu
dürfen, bis er wieder auf die Farm gehe. — Daß es auch genug
Unehrlichkeit gibt, ist natürlich.
Ein anderer Charakterzug des Bastards ist ein gewisser Ernst.
Die Heiterkeit, wie sie der Neger hat, ist wohl auch dem Hottentotten
fern, dem Bastard sicher. Eine gewisse Würde ist mitunter
zu sehen, fast immer aber ein ernsterer Zug. Das stört natürlich
absolut nicht, daß man auch einmal lustig ist, daß gelacht und
getanzt wird, jenes ist der Grundzug. Ins Melancholische, wie
etwa bei manchen Südseeinsulanern, gehts aber sicher nicht. —
Eitel muß man die Bastards nennen. Es ist nicht nur Stolz auf
Hab und Gut, Stolz auf ihre Lebensart als Söhne weißer Väter, die
sie jedesmal beim Photographieren noch rasch Toilette machen
ließ, so daß mancher sich ausbat, erst noch einen anderen R o ck
oder einen Halskragen holen zu dürfen, oder daß sie baten, den
Hut keck auf den K op f setzen zu dürfen, weil er ihnen gut stand
— es ist viel rein persönliche Eitelkeit. Beschwerde sich doch
eine alte Frau, daß ich auf meinen Photographien alle ihre Runzeln
mitphotographiert habe, während die Bilder weißer Frauen, die sie
in Europäerhäusern sah, ohne Runzeln seien.
Daß man mit dem Leugnen von Gefühlen vorsichtig sein
muß, zeigen Beobachtungen, die man an besseren und gewöhnlicheren
Bastards bezüglich der Neugierde anstellen konnte. Über
die Meßinstrumente und die Meßtechnik, vor allem über Haar-
und Augentafel waren sie stets über alle Maßen erstaunt. Die
niederen Schichten der Bevölkerung drängten sich, das zu sehen,
amüsierten sich, wenn ihre Nase gemessen wurde, lachten und
debattierten über den Glasaugensatz. Bei den Vornehmen, besonders
alten Männern und würdigen Müttern konnte man am
Gesicht, an den Augen brennende N eugier und große Verwunderung
merken, aber sie beherrschten sich, hielten das unter ihrer Würde,
man hätte sie für teilnahmslos gehalten ohne sehr genaues Beobachten.
— Da zeigte sich doch Überlegung, das Bewußtsein, sie
dürften sich nicht als „Eingeborene“ zeigen und, sagen j wir —
blamieren.