
Endlich 2 Ehen schlicht X kraus (Vater schlicht) ergab 2
schlichte, 1 flachwelliges, 5 dichtkrause Kinder; von den beiden
krausen Eltern war eines „dichtkraus“, das andere „lockerkraus“ ;
wenn man das eine als hetero-, das andere als homozygotiseh
kraushaarig auffaßt, wären 2 schlichte (cc) auf 6 heterozygotische
„gebogene“ (eC) zu erwarten — was vollkommen realisiert ist.
Untersucht man nun die Kreuzungen der „gebogenen“ unter
sich: 6 Ehen „dichtkraus“ (spiralig) X „dichtkraus“ ergab 21 „dichtkrause“
und 1 „flachwelliges“ Kind. Letzteres darf wohl als Beobachtungsfehler
aufgefaßt werden, der betr. junge Mann (s. Taf. VII,
Fig. 3 u. 4) hat ganz kurz geschnittenes Haar, so daß eine Diagnose
nicht einwandfrei ist; ich notierte eben seinerzeit wellig.
Sonst geht daraus hervor, daß das dichtest krause Haar Homo-
zygie bedeutet. Wenn man diese Annahme macht, müßte dichtkraus
X heterozygotischen gebogenen Formen ( = lockerkraus -p
engwellig + flach wellig) je 5 0% dichte und lockere geben: Und
in der Tat 4 Ehen dichtkraus X lockerkraus ergaben 12 dicht —
und 11 lockerkrause! (Letztere waren: 1 schlicht-wellig, 4 flachwellig,
5 engwellig, 1 lockerkraus.)
Endlich müßten die lockerkrausen, also heterozygotischen Individuen
unter sich in ihrer. Nachkommenschaft ein Auseinänder-
fallen zeigen. Es ergaben:
3 Ehen locker X locker (flachwellig X lockerkraus, locker-
X lockerkraus und engwellig x engwellig), 5 schlichte, 2 flachwellige,
1 engwellig, 2 lockerkraus, 2 dichtkraus. Es erschien also
zunächst in der Ta t ein völliges Auseinanderfallen, aus lockerkrausen
mendelten wieder rein schlichte und andererseits sehr dichtkrause
heraus, ein Teil blieb intermediär — daß die Zahlen bei
nur 3 Ehen nicht besser stimmen, kann nicht verwundern.
W ir dürfen also als nachgewiesen betrachten, daß schlicht
rezessiv, kraus dominant ist; daß man am Grad der Kräuselung
die homo- oder heterozygotische Natur ziemlich erkennen kann,
die stärkst krausen sind homozygotische Individuen.
Die D a v en p o r ts ch e n Ergebnisse an Europäern sind hier also
an diesen Bastards bestätigt, im Gegensatz zu denen B e a n s (1911),
der Philippinenhaar untersuchen ließ. Es handelt sich um Chinesen-
Tagalog-Mischlinge und zwei Negrito-Philippinen-Familien. Er benennt
die Haare nach der (mikroskopisch untersuchten) Querschnittform;
wenn die Querschnittsdurchmesser 100:90 oder mehr betragen,
nennt er das Haar gerade, 100:70— 90 wellig und 100:
60— 70 kraus. E r f in d e t g e r a d e s H a a r d om in a n t (allerdings
auch gewisse Ausnahmen und kleine Unstimmigkeiten; doch ist
wohl der Nachweis erbracht). Nach anthropologischen Termini
dürfte man also wohl sagen, das Merkmal des „Straffen“ der Chi-
nesen (nicht „schlicht“ wie in D a / e n p o r t s und meinem Material)
ist dominant gegen die welligen und krausen Formen, die in der
philippinischen Ur- und Mischbevölkerung stecken. Dieser Unterschied
im Verhalten der Haarform ist außerordentlich interessant
und bedarf dringend der Weiterverfolgung an anderen R a s sen 1).
Sollte sich das Resultat bestätigen, wäre es ein Punkt zugunsten
der Ansicht, daß der Europäer rassenmäßig dem Neger (oder dem
Kraushaarigen überhaupt?) näher steht als dem Mongolen, das
Europäerhaar würde in seinen „Erbeinheiten“ eher mit denen der
kraushaarigen Rassen übereinstimmen. Wirkliche Straffheit und
Krausheit erwiesen sich als starke Gegensätze, Schlichtheit als vermittelnde
oder wohl richtiger als die ursprüngliche, dem gemeinsamen
A u sgang nahestehende Form. Europäer-Mongolen-F2-B e völkerung
wäre da zunächst zu unterzuchen.
B e a n hat ferner darauf hingewiesen, daß nach D a v e n -
p o r t s Tabellen bei der Kraus- und Geradekreuzung die Mutter
die Dominanz „kraus“ stärker zur Erscheinung bringe, bei den
Philippinern dagegen der Vater die Dominanz „gerade“. Ich habe
kaum Fälle, die zu dieser Frage beitrügen. Meine geraden und
gebogenen Verbindungen sind alle so, daß die Mutter das g e bogene
Haar hat bis auf eine umgekehrte; gerade bei dieser ist
nun allerdings nur e in Kind von sechsen schlichthaarig. Ab e r
was will e in Fall sagen!2) -r-r
Bei der Betrachtung der Resultate an unseren Bastards ist
nun noch einmal darauf hinzuweisen, daß aus der Kreuzung von
ursprünglich Schlicht mit Dichtkraus und dann aus der der verschiedenen
Bastarde untereinander außer Krausen, d. h. spiralgedrehten
Haarformen, auch typisch „wellige“ entstehen (s. oben
S. 103). Da „mendelte“ also durch die Kreuzung eine „neue“ Form
„heraus“, genau wie wir das aus vielen Fällen von Tier- und Pflanzenexperimenten
kennen. Ich habe leider nur einen Fall sammeln können,
wo rein echt Wellige mit rein Welligen sich fortpflanzten, es ergab
1 wellighaares und 3 kraushaarige Kinder. Man darf nun wohl
annehmen, daß da noch ein anderer Faktor drinsteckt, daß also
1) S te f fe n s (1897) erwähnt, daß die Bastardabkömmlinge der Semangschicht mit
Malayen gelegentlich starke Rückschläge auf das Kraushaar zeigen; das spräche eher
(aber nicht absolut) für dominanten Charakter dieses engen Kraushaares — dabei ist die
andere Seite auch straffhaarig (mit Mongolenkomponente?). Dagegen scheint nach einigen
Angaben C h e rv in s (Anthrop. bolivienne. Paris 1908) das straffe Indianerhaar dominant
zu sein gegen das europäische und vielleicht auch gegen das Negerhaar.
2) Über die Korrelation von Geschlecht und erblicher Anlage gewisser Merkmale
hat L e n z (19x2) prinzipiell wichtige Erörterungen, auf die verwiesen sei.
F is c h e r , Bastards. ^