
Außenbezirken der Kapkolonie. Die Familien, die uns interessieren,
saßen vor allem an einer Wasserstelle in 'Großbuschmannland,
in de Tuin *). Auch eine Anzahl anderer Eingeborener,
Hottentotten, Kaffern und Griqua hatten sich da angesiedelt. Das
war der Grund, daß die „Rheinische Missionsgesellschaft“, die
gerade damals in Klein-Namaland eine äußerst segensreiche T ä tig keit
entfaltete, dort eine Missionsstation gründete. -Missionar
S t e r r e n b e r g baute sich in de Tuin 1863 ein Häuschen und
missionierte nun unter der bunt zusammengesetzten Bevölkerung.
Uns interessieren hier natürlich nur die Bastards. Sie waren, wie
die Missionsberichte ausführen, um kein Haar besser als die Hottentotten,
d. h. sie waren nicht getauft — ' wer hätte es tun sollen
unter den treckenden Buren, deren Bastardehen niemand einsegnete
— sie konnten nicht lesen und sehreiben, sie hatten kaum
Kultur. A b e r sie lernten offenbar leicht, sie wurden willige
Schüler — daß Familienstolz, Pflege der Tradition, Zusammenhalt
der Bastards unter sich eher Zunahmen, daß auf diese Weise das
künftige „Vo lk “ als solches überhaupt gehalten und gerettet wurde,
ist sicher großenteils Verdienst des Missionars. Unter seiner
Leitung kamen die Leute zu gewissem Wohlstand; unter seinem
Einfluß entwickelte sich eine Anzahl religiöser Bräuche, verschwand
auch manches Originelle, wie später gezeigt werden soll (Ergo-
logie, Teil IV), jedenfalls blühte die Gemeinde, so daß sie ihrem
Hirten 1864 ein besseres Haus, 1865 ein Schulhaus und eine neue
Kirche errichten konnten, und das kostete ein tüchtiges Stück Geld
und Arbeit.
Die Regierungsreports allerdings (z. B. 1890, S. 6) schildern
diese Bastards als jeden Fortschrittes bar, sie werden als faul,
träge, ungut zu jeder Arbeit dargestellt. Ihre kommunistische
Lebensführung verhindere den einzelnen, der am Boden nur Nutznießung,
kein Eigentum hat, für Verbesserung, Berieselung, Brunnengraben
usw. zu sorgen. So sei fruchtbares Land völlig unbenutzt,
Saätbestellung fehle meist aus Leichtsinn und Faulheit. Dagegen
muß Nüchternheit und Ehrlichkeit zugegeben werden. Der Report
macht keinen ganz objektiven Eindruck. Sicher, ein Zug von all
den schlechten Eigenschaften steckt im Bastard drin, aber der
Report möchte das Vorgehen der Buren und der Regierung beschönigen
und rechtfertigen, die die Bastards (wie gleich gezeigt
werden wird) allmählich aus ihrem unbestreitbaren Besitz hinausquälten.
— In Wirklichkeit g in g wirtschaftlich, die kleine Bastardgemeinde
vorwärts, ihre Geldleistungen für Missionszwecke be-
1) Der Name soll „Garten“ bedeuten, ein Bur hatte einen solchen hier: angelegt.
weisen das einwandfrei. Das alleinige Verdienst an diesem A u fschwung
hat aber auch ausschließlich die Mission (seit 1830).
Derselbe Report muß einräumen, daß die Bewohner von
Steinkopf und Concordia (und das ist ganz dasselbe wie die uns
interessierenden Orte Amandelboom, de Tuin, Pella) als Eingeborene
wirklich gut daran seien, und es könne nicht geleugnet werden,
daß sie in den letzten 50 Jahren tüchtig vorwärts gekommen seien
in ihrer Kultur. Das sei sicher nur dem Einfluß der Missionare
zuzuschreiben, die so beharrlich und unbeugsam energisch und
hingebend mit ihnen gearbeitet hätten trotz mancher Enttäuschung.
Hier also das Zugeständnis, daß solche Bastardgruppen sich
doch .entwickelten.
A b e r nun kamen schlimme Zeiten. Die Missionsgeschichte
schildert recht anschaulich, wie schon immer die Wasserarmut vor
de Tuin drückend, in trockenen Jahren mit ausbleibendem oder
spärlichem R e g en geradezu als gefährlich empfunden wurde. A b e r
wohin? Benachbarte Plätze hatten überall schon Bewohner — man
blieb. Bald aber war es eine andere Macht, die das Bleiben unmöglich
machte, die Hab- und Landgier der reinen Buren. Wir
haben oben gesehen, wie die Burenfarmer über die offizielle
Grenze ständig hinausdrängten. Die Regierung — seit 1806 ist
die Kolonie englisch — verlegte mehrfach die Grenze nach Norden,
schon um das so gewonnene Land verpachten zu können. Unsere
Bastards saßen nun weit jenseits der auch jetzt noch geltenden
Grenze und konnten eigentlich auf freiem Felde ruhig sein, hatte
doch noch 1842 die Regierung erklärt, jene Gegenden nicht
okkupieren zu wollen.
(Report, 1890, S, 4); „On the 14tl1 of September, 1842, the Governor,
in repley to a remonslrance made by certain inhabitants of Steinkopf
ägainst the extension of the Colony from the Buffeis River to the Orange
River, stated that the Governement had no intention of so extending the
boundary, or of interfering with the rights; of the inhabitants.“ —- Das
gilt auch-für die Gegend von de Tuin, das in derselben Zone liegt.
Dieses Freilassen seitens der Regierung hatte nun für die
Bastards seine zwei Seiten. Verpachtet wurde das von ihnen benützte
Weideland freilich nicht, aber andererseits hatten sie auch
keinen Schutz von der Regierung und keine Ruhe, wenn es dem
bösen Nachbar nicht gefiel. Und dieser Nachbar war der Bur.
Er trieb seine Herden in der guten Weidezeit auf die Bastardgebiete
und sparte seine eigenen Grasflächen für die Zeit der
Dürre und Notdurft ;— was der Bastard in der Zeit machte und
wie er sein Vieh durchbrachte, war ihm einerlei — das Gebiet war
herrenlos, und Gewalt konnten die Bastards nicht anwenden, sie