
ohne sich hier auf Erörterungen des Rassebegriffes einzulassen,
kann man ruhig behaupten, die beiden elterlichen Partner gehören
verschiedener Rasse an. Und daß Europäer und Hottentotten sich
in s eh r v ie le n anthropologischen Merkmalen und s e h r s ta r k
voneinander unterscheiden, bedarf keiner weiteren Belege. Es
handelt sich also um Rassebastarde. A b e r das Problem wird komplizierter,
sobald man sich die Frage vorlegt, sind die beiden
Stammrassen re in ?
Daß im Sinne der Bastardierungslehre zunächst die Europäerahnen
nicht reinrassig sind, ist ohne weiteres klar, haben doch gerade
an „Europäern“ G. und Ch, D a v e n p o r t das Mendeln von
Haar — A u g en fejjy H autfarbe usw. nachgewiesen. (Freilich könnten
diese Binnenunterschiede innerhalb der Europäer gegenüber den
Hottentotten sich einheitlich verhalten — über solche Dinge, die
in den Bereich der Artbastardierung gehörten — wissen wir noch
zu wenig.) Daß nicht etwa eine anthropologisch fast ganz einheitliche
europäische Bevölkerung — etwa aus geographisch engem
Bezirk — die Stammväter bildete, zeigt die Herkunftstabelle der
Burenfamilien (s. S. 42). Über die anthropologischen Charaktere
der einzelnen aber wissen wir nichts.
Die hotten tottische Seite ist ebensowenig rein. Zwar dürften
die Hottentottenweiber, die die ersten Bastardfamilien bilden halfen,
„reine Hottentotten“ gewesen sein, aber daß die Hottentotten
linguistisch-kulturell nachweislich einen hamitischen Einschlag, fo lg lich
somatisch Rassenelemente aus Nordostafrika besitzen oder besaßen,
hat v. L u s c h a ^ (1906— 1907) nachgewiesen.
Ab e r außerdem sind seit jener ersten Bastardbildung ins
Bastardvolk auf dem W e g e über nicht reine Hottentottinnen und
wohl gelegentlich auch unmittelbar negroide Elemente eingetreten,
Hottentotten-Damara-Mischlinge. Vielleicht sind auch noch andere
Einschläge da, so etwa ein wenig Malayenblut z. B. in der Familie
G e r t z e (s. S. 50).
Diese eigentümliche Beschaffenheit der Stammrassen läßt also
schon von vornherein recht verwickelte Ergebnisse erwarten!
Immerhin muß man bemerken, daß fast alle überhaupt faßbaren
anthropologischen Merkmale bei allen (gemischten) Rasseelementen
der einen wie der anderen Elternseite je etwa gleichsinnig aus-
schlagen, also haben z. B. in der hottentottischen Seite alle, die
Hottentotten, Neger usw. breite Nasen, in der europäischen Seite
alle (dunkle und helle, nordische und alpine) relativ zu jenen
schmale usw.
Dann dürfte noch besonders zu betonen sein, daß die K reu zung
beider Rassen einseitig ist, daß (von verschwindenden A u s nahmen
abgesehen) „der“ Ahn weiß, „die“ Ahnin hottentottisch ist.
Kann man sich nun nach dem heutigen Stand der Ver-
erbungs- und Bastardierungslehre etwa theoretisch ein Bild davon
machen, was anthropologisch aus dieser Europäer-Hottentottenmischung
zu erwarten ist?
Gewiß. Das ist nicht etwa aus Kenntnis der tatsächlichen
Ergebnisse nachträglich konstruiert, sondern man wird zugeben,
daß im P r in z ip für diese Kreuzung dasselbe zu erwarten ist wie
für eine Europäer-Negerkreuzung. Für diese führt B a u r (1911)
aus, daß die erste Bastärdgeneration nach den vorliegenden Beobachtungen
etwa intermediär zu sein scheint, „die Konstanz in den
weiteren Generationen ist aber s ic h e r nur s c h e in b a r . Neger und
Europäer unterscheiden sich nicht bloß in einigen wenigen, sondern
in s e h r zahlreichen Erbeinheiten; z. B. allein die Hautfarbe hängt
von einer l a n g e n R e ih e von Faktoren ab. Es könnten daher
in F 2 einer solchen Kreuzung nur u n t e r v i e l e n T a u s e n d e n
von Individuen einzelne auftreten, die wieder reine Neger oder
reine Europäer sind, die übergroße Mehrzahl dagegen wird immer
wieder eine bunte Mischung der Erbeinheiten der beiden Rassen
aufweisen, d. h. u n g e f ä h r wieder so aussehen wie die Fj-Indi-
viduen“ .
Man konnte also auch bei unseren Bastards eine ; äußerst
bunte Mischung von Typen, alle erdenklichen Kombinationen erwarten.
Diese Mannigfaltigkeit mußte noch gesteigert werden
(und die Möglichkeit, sie ziffernmäßig zu fassen, sich verringern)
durch den Umstand, daß nach beiden Stammrassen gelegentliche
Rückkreuzungen vorkamen. Voraussetzung, daß die theoretische
Erwartung zutreffe, daß also alle die vielerlei Kombinationsmöglichkeiten
sich verwirklichen und nebeneinander leben, ist das Fehlen
von Ausleseprozessen (worauf B a u r wiederholt hinweist) und das
Fehlen von stark modifizierend auf Einzeleigenschaften beim Einzelindividuum
einwirkenden Faktoren der Umwelt.
Daß eine Analyse solcher Bevölkerung höchstens nur zu
e in i g e n Resultaten, nicht zu einer Lösung der Aufg abe führen
k a n n , kommt daher, daß (B a u r :) „die Menschenrassen ganz ungemein
kompliziert zusammengesetzt sind. Wenn man zwei Rassen
kreuzt, die sich in etwa 20 Faktoren unterscheiden, dann bekommt
man in F 2 eine unendlich komplizierte Spaltung (220)2 = über eine
Million Millionen verschiedene Kombinationen“.
B a u r meint mit Recht, daß etwa die Bevölkerung Zentraleuropas
derart beschaffen, also ein solches Kombinationsgemenge
sei und fügt dazu: „Selbstverständlich ist es da nur möglich, zunächst
einzelne Merkmale, die in einfacherer Weise sich zu ver