
Dieselbe Freude an charakteristischen Bezeichnungen, die
einen Teil dieser Beinamen entstehen ließ, veranlaßt den Bastard
auch dazu, den unter ihm lebenden Weißen rasch einen bezeichnenden
Namen zu geben. Neben Berufsnamen, wie kurzweg: Ober-
lütnant (für den Distriktschef), Missionar, kommen eine Reihe eigentlicher
Übernamen1) vor. Ein Kaufmann K., der eine weiße Mütze
trug, dabei übrigens besonders hellblond ist, wurde Witkaps (Weißkappe),
ein Herr S. mit seiner gestreiften Sportsmütze als Strip-
kaps bezeichnet. Herr Kaufmann W., der schon in frühen Jahren
etwas graue Haare hat und älter aussieht, wird Oudaop, alter Kopf
oder alter K e r l genannt. Zwei Herren H., Onkel und Neffe, beide
sehr hellblond, heißen out-faleke und klein-faleke (alt-fahl-blond).
Mich selbst nannten sie wegen der anthropologischen Messungen
den „Meeter“ (also den „Messer“).
Auch die bräuchliche A n r e d e darf: vielleicht hier noch erwähnt
werden. Daß der Burenbrauch- der Ansprache als ©om
(Oheim) für ältere Männer, als Ma (Mutter): für Frauen sich deutlich
erhalten hat, wurde schon angedeutet. Weiße werden als
Mister, F rau en : als Missis angeredet; - nur der Distriktschef, der
Missionar, der Regierungstierarzt erhalten die Anrede „Meneer“
und die Frau des Missionars „Mefrouw“. Daß sie sich des R an g unterschiedes
von Mister und Meneer wohl bewußt sind und ihn
zwischen Kaufleuten, F'armern und anderen, die sie mehr für
ihresgleichen :zu halten stolz genug sind und andererseits den
Regierungspersonen und dem Missionar absichüich ausdrücken,
geht aus folgender kleinen Begegnung hervor, die mir den Bastard
auch- als scharfen Beobachter und Überleger zeigt. Ich stand
innerhalb der ersten Tage meines Rehobother Aufenthalts oft im
Ladenraum bei „Mertens & Sichel“, um die einkaufenden Bastards
unauffällig zu beobachten; so lehne ich am Ladentisch, ein hereinkommender
Bastard, ein jüngerer Mann, lehnt sich lässig neben
mich mit) einem: freundlichen „agterday Mister“ (— Abend! das
„guten“ verabscheut er). -— Ich berühre mit einem „Guten:Abend“
meine Mütze mit der Hand.---.i D a wirft er nur einen raschen
Blick auf meine nicht abgearbeiteten Hände, den A n zu g usw. und
entschuldigt sich —. holländisch natürlich — sofort beim Ladeninhaber,
daß er Mister gesagt habe, das müsse kein Farmer oder
Kaufmann sein. Neben Meneer redeten sie mich nach einiger
ärztlicher T ätigkeit als „Dokter“ an.:
I) Auch Schimpfnamen, so machen sie aus den (katholischen) Missions-Patres
„Capater“ — das Wort bedeutet., aber einen kastrierten’ Bock.
Die Eingeborenen erhalten ihre (europäischen) Rufnamen,
Willem, Zacharias usw., oder die Hottentotten ihre eigenen hottentottischen
Namen.
Natürlich wird auch das Vieh benannt, wenigstens soweit es
eine Rolle spielt S und das sind in erster Linie die Zugochsen.
Es ist ganz bezeichnend, daß bei uns auf dem Land die K u h namen
mit mehr (man entschuldige) Liebe ausgeteilt werden, was
sich in der Mannigfaltigkeit und Abwechslung, in der Benützung
von Menschennamen z e ig t1). Dagegen erhalten beim Buren die
Kühe nur selten einmal einen Namen, wohl aber die Ochsen. Der
Bur ist (wie S c h o n k e n zeigt) erfindungs- und phantasiearm in
der Namengebung, ein Blick auf die südafrikanische Landkarte tut
es dar; aber bei der Benennung der Ochsen zeigt sich immerhin
seine Vorliebe für seine Zugtiere. Der Bastard hat das übernommen,
ja S c h u l t z e zeigt, daß sogar der Hottentott seine Ochsen mit dem
holländischen Rufnamen nennt, den der Ochse gewöhnt ist und
auf den er beim Ziehen horcht.
Von Namen sind zunächst solche nach Bergen übernommen
worden, besonders für große, für Achterochsen, die also als hinterste
Paare ziehen, an der Deichsel; da gibt es: Kuhberg, Tafelberg,
Langberg, Dwarberg (Dwar = quer), Bloemherg (Blume), Ront-
berg (rund); dagegen sind Smalberg und Vorberg kleinere Tiere,
die weiter vorn in der Gespannreihe gehen; daneben stellen sich
ganz entsprechende Namen mit ,,-felt“, Blumfeit, Langfeit usw.
Dann kommen Namen nach Eigenschaften wie Swartkop, Kusch-
kop, Kleinoor, Plaidoor (Plaid?). Endlich noch eine sehr beliebte
Namengebung nach populären Personen, so daß Namen wie Oom
Krueger, oder nur Krueger, Leutwein, Trotha, Lütnant ausgeteilt
werden und ein Mann als auf guten R u f und Popularität stolz darauf
sein darf, wenn viele Ochsen seinen Namen tragen!
Gerne werden ganzen Gespannen, also den 16 — 20 zusammen
ziehenden Tieren ähnliche Namen gegeben — alle auf berg — ;
beim Trecken wird jedes Tier zur Aufmunterung, oder ehe eine
Peitschenermahnung kommt, mit dem Namen gerufen unter dauerndem
Hü und Het und Hooo.
Pferdenamen notierte ich: Bruin (braun), Bleß, Fuchs, Blauer
(diese beiden deutsch benannt!), Aboll (der Name wurde nach
S c h o n k e n gelegentlich zum Scherz an häßliche Eingeborene gegeben:
Apollo!) Liboll (wohl eine sinnlose Nachbildung zu vorigen).
Ziegen und Schafe haben meist keine Namen, man hört g e legentlich
„Bunt“ „Gelb“, „Bleßbock“.
1) S. Schwarzwälder Kuhnamen. Zeitschr. f. deutsche Wortforschung (K lu g e )
Bd. 11, 1909), ferner solche aus Sachsen in Würzburger Generalanzeiger 1912, Nr. 126
Fisch e r , Bastards. 19