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fürchtet man sich mehr vor ihnen, auch
scheint man dort ihre Jagd nicht so gut zu
verstehen, wie in Brasilien. •—• Die Haupträubereien
dieser grofsen Katzen sind gegen
die Hirsche, Rehe, Cavien, Capybaras, wilden
Schweine und dergleichen Thiere gerichtet,
sie sollen aber nur wenige lebende Thiere verschmähen,
da sie selbst die Waldschildkröte
Jabuti {Testudo tabulata.) verzehren, deren
rein ausgeleerte Panzer wir häufig in den greisen
Wäldern gefunden haben, wenigstens behaupten
die brasilianischen Jäger, es sey die
Unze {Onca), welche diese Panzer ausleere. —•
Oefters waren diese Schalen der Schildkröten
rein ausgeleert, wahrscheinlich mit den Klauen,
und dabei übrigens nicht beschädiget, öfters
aber war ein Theil des Panzers weggebissen.
Seitdem man im Lande Rindvieh erzieht, stellen
sie vor allen anderen Thieren diesen besonders
nach. — Wittert das Rindvieh im Sertong
den Yaguar bei Nacht, so rottet es sich
zusammen, die Stiere traben umher und brüllen
unaufhörlich. Die Unze greift einen vorbereiteten
Stier nicht leicht an, dagegen Ochsen,
Kühe, Kälber, Pferde, Maulthiere und
Schaafe desto eher. — Fängt sie ein Kalb, so
hat man oft die Mutter gegen den Räuber anrennen
gesehen. Ein Stück Vieh soll sie
tüdten, indem sie ihm auf den Rücken springt,
mit der Tatze die Nase ergreift, den Kopf
rückwärts zieht und auf diese Art das Genicke
bricht, welches aber allerdings nur eine Fabel
ist5 alsdann fafst sie, wenn sie stark ist, das
gelödtete Thier mit dem Gebisse und zieht es
gravitätisch an eine sichere Stelle. — Hat
die Unze einen solchen Raub vollbracht, welches
bei Nacht geschieht, so saugt sie demselben
das Blut warm aus, frifst gewöhnlich sogleich
etwas von der fetten, weichen Halshaut
b
und der Brust, verscharrt den Rest und ruhet
nun nicht gar weit von demselben entfernt
in einer verworrenen, mit Dornen, Bromelien
und ähnlichen undurchdringlichen Gewächsen
angefüllten Wildnifs aus, um in der folgenden
Nacht noch einmal zu dem Raube zurückzukehren.
— Am gefährlichsten ist die Unze,
wenn sie Junge hat. —• In dieser Periode
hat man öfters das Junge gefangen oder geschossen
und alsdann gehört, wie die Mutter
unter heftigem Brüllen in der ganzen Gegend
umherirrte und über den Verlust ihrer Nachkommenschaft
untröstUch war. — Zu Irancozo
stellte man in einem solchen Falle der Mutter
Selbstschüsse und erlegte sie ebenfalls bald, —
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