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DAS WESTLICHE M I T T E L - A F K I Ii A.
CCCCXXXVII-CCCCXLIII.
Vom westlichen Millel-AIVilia ist zwar mir das Küstenland bisher direct zugänglich geweseii, allein auch hier bilden die Flüsse
w e i t g r e i f e n d e Arme in das Inner e des Cont inentes, und da es mi r gelungen ist, nicht blos die Ablagerungen des S e n e g a l zu prüfen,
s o n d e r n auch eine Was serprobe des N i g e r s zu erlangen und daraus eine Reibe von F o rme n zu ermitteln, so m ö g e n einige dieser Formen,
wcini sie nicht direct von den Quellen des Maudiugo- und Fellata-IIochlandes stammen, doch einen Blick in ferne Gegenden des
d o r t i g e n inneren Continentes gestatten. Die ersten Formen des tropischen und acjiiatorialcn Küstenlandes in West-Afrika sind 1843 der
B e r l i n e r Akademie der Wi s s e n s e h a f t e n niitgetheilt worden. Es waren 58 Arten vom Senegal in Zeichnungen und Präparaten mit wissens
e h a W i c h e r Schärfe vergleichbar vorgelegt worden (Monatsber. S. 135) . Im Jahre 1848 sind ebenda (S. 2 2 7 ) von mi r 2 8 Formen aus
N i g e r - W a s s e r angezeigt worden, welches im J ahr e 1841 geschöpft wurde und das m i r durch Güte des Her r n Dr. MAC WILLIAM in London
z u g e s e n d e t worden war. Seitdem und inzwischen habe ich noch andere reichhaltige Materialien vom S e e P a n i a f u I und S e n e g a l , von
S i e r r a Leona und G u i n e a aus d em KunTi i s che n und königl. Herbarium erhalten. Zuletzt habe ich durch den Missionär Hrn. IlALEun
e i n e Erdpi'obe aus L i t t l e Popo an der Goldküste, im Lande der Aschant i , bekommen, welche sämmtliche Proben hier in der Folge
von Norden nach Süden zusammengestellt werden.
4 3 7 . Schlamm-Ablagerung des S e n e g a l - F l u s s e s . I. Die im Jahre 1843 zur Mitlheilung benutzte Probe war eine
S c h l a m m e r d e vom S enega l , die sich an der Marsilca subterránea des Kü. M H ' s c h e n Herbariums reichlich erhalten hatte. Die F a r b e dieser
z u s a m m e n h a l t e n d e n aber unplastischen Erde ist gelblich graubraun mit einzelnen kleinen gelben Parthien. Sie zeigt keine Blasenbildung
u n t e r Säure und wird beim Glühen erst kohlschwarz, dann röthlichbrauu. Die damal s ermittelten 58 Formen, worunter 42 Polygastern
w a r e n , haben sich, bei fortgesetzter Prüfung von 4 0 Theilchen, auf 9 9 erhöhen lassen, worunter allein 56 Polygastern sind, ausserdem
sind 42 Phytolitharien und grüne Crystallprismen beobachtet. Die Grundmasse ist ein feinsandiger Mulm mit doppeltlichtbrechenden
S a n d l h e i l c h e n , ohne deutlichen Glimmer. Die vorhe r r s chende n organischen Tbeile sind EwioUa tridcntula, quaternaria, Pi-orostaurm
iiplcndriis und Phytol i thar ien, zwischen denen zahlreich zerstreut Navicüla smegalmsis, Besinogmium, Synedra spectahilis mit S . Dimiuc,
Surirella CrtUicula und di e übrigen weniger zahlreich liegen. Slawoptera cardinalis ist nicht selten, die Gallioncllen sind untergeordnet,
wie auch Eunofia amfhioxp. Piimularia hurealis fehlt. Spongolithen sind selten. Ganz neue charakteristische Formen sind Navimila
sclteyaleitsis, Stauronc'is gibbosa, Surirella 7negalopiera, der Surirella Cratícula verwandt, gross, längsstreilig, Surirella Platalea und
Surirella —?, besonders aber ein neues Genus, Prorostaurus splendeus, welches sich durch nicht seitlich stehende, sondern emlständige
Oell'nungen an den Ende n von Stauroneis und Stauroptera unterscheidet, und bereits 1843 (Monat sber . 136) beschrieben worden ist.
U n t e r den Phytolitharien sind Lithodontium bidenttttum und Spongolithis ramosa, letztere als neue Form, bemei'kcnswertb. Sic scheint
e i n e überbildete Form der Sp. obtusa zu sein. Die mei s ten Charakterformen sind durch ansehnliche Grösse und ansprechende zierliche
B i l d u n g ausgezeichnet. Die einzige Meeresform, Coscinodiscus eccentricus, zeigt an, dass die E rdprobe noch aus d em Gebiet e der Fluth
des Meeres, aber schon an dessen Grenze entnommen ist, da sie allein und selten ist.
438. Flussschlamm des S e n e g a l . 11. Die Probe ist von Älisma humile des KuNTn'schen Herbariums. In 5 Analysen
d e r kleinen Menge haben sich 38 Arten feststellen lassen: 17 Polygastern, 20 Phytolitharien und grüne Crystallprismen. Deutliche
G l i m m e r s c h ü p p c h e n fehlten ebenfalls. Die Polygaster n sind ganz übereinstimmend mit den v o r i g e n , nur kommen Biflhigia Qligodon, eine
W e l t f o r m , und ein Si irircHen-Fragment hinzu. Unter den Phytol i thar ien zeichnet sich Litlmstyl. bicalcaralum aus; die übrigen 3 der
v o r i g e n Probe fehlenden Arten sind sonst weit verbreitet. Als Meeres form zeigt sich Spongolithis robusta und giebt dieser Probe ebenfalls
den abgeschwächten Charakter einer an der oberen Fluthgrenze entnommenen Ablagerung des Flusses.
B e i d e Proben des Senegal -Schlammes sprechen aus, dass es im oberen Stromgebiet dieses Flusses keine Krcidebilduugeu noch
n e u e r e Polythalamien-Gesteiue giebt. Die fehlenden Polycystinen und Geolithien scheiden auch solche Gebirgsmassen vom Stromgebiete
des Senegal, vorlänUg auch von der Mandingo-Ter rasse, seinem Quellenlande, aus.
4 3 0 . Erd-Niederschlag im S e e P a n i a - f u l a m S e n e g a l . Die hier zu aualysirende Probe stammt von einem Exemplar
d e r Hgmpkaca coerulea des Ber l iner königl. Herbariums aus j e n em See. Der S e e selbst ist eine Ausbreitung und A u smü n d u n g des Senegal
a n der Küste. In 3 0 .Analysen des g rauen Scidammes, welcher mit Säuren schwache Blasenbildung zeigt, übrigens den obigen Pi'oben
g l e i c h t , fanden sich 52 Speeles mikroscopischer Formen: 32 Polygastern, 16 Phytolitharien, 1 Polythalamie und 2 sehr eigenthümliche
F o r m e n von P l l a u z e n b a a r e n , vielleicht aus dem Inner n der S t e n g e l r ö h r e u yon ^gtnphaeaceen, endlich grüne Crystallprismen, ohne deutlichen
Gümmer. Unter den P o l y g a s t e r n isl Desmogonium t)iiia7iense am häuligsteu, oft in zusammenhängenden Ketten. Discoplea comtu, Cocconc'is
striata sind häufig, Synedra spectabilis und Pinnularia viridis sind in zahlreichen Fragmenten vorhanden. Die Phytol i tharien sind nicht
s e h r zahlreich, die Polylhalamien sehr selten; die Pflanzenhaar e sehr häufig, Crystalle wieder selten. Drei Meeresformen: Coscinodiscus,
Spongolithis cenocephala und Textilaria globulosa, bezeichnen die Küstengegend und den Einlluss des Meeres bei weit vorherrschendem
S ü s s w a s s e r - C h a r a k t e r im See. Die Textilaria schliesst sich im Ansehen mehr den fossilen als den jetzllebenden Formen an, und es
k o n n t e mithin dicht an der Küst e in der Umgebung oder im Boden des S e e ' s ein Polytha l ami en-Ge s t e in , vielleicht Kreidebildung, dadurch
b e z e i c h n e t werden, doch ist die zu vereinzel t e For m nicht ausreichend, dies zu begründen. Vis Difßugia ist eine grosse, da-I). areolata
v e r w a n d t e , abweichend erscheinende Art, aber nur einmal gesehen. Navieula senegalensis ist eine Charakterfoim. Gallionellen und
S p o n g o l i t h e n sind nicht häufig.
4 4 0 . Sumpf-Erde von S i e r r a Leona. Von e iner von ATZELIUS gesammelten Drosera des königl. Herbariums erhielt ich
1 8 4 4 durch Herrn Dr. KLOTZSCU eine kleine Erdprobe des dort igen Sumpllandes. Es Hessen sich 10 Analysen davon machen, aus denen
2 3 Formen entwickelt worden sind: 14 Polyga s t e rn , 9 Phytolitharien. Unter den P o l y g a s t e r n sind besonders mehrere weichhäulige Formen
der Gattungen Aredia, Closterium, Difßugia, Euastrum und vielleicht Zygoxanthinm merkwürdig. Am zahlreichsten ist Navícula lineolata?
mit Prorostaurus? subulatus und dem Hímantídíum. Prorostaurus ist n e u , e iner Stauroneis ähnlich, und eri imert beim ersten Anblick
an Gomphonema gracile. Die Phytol i thar ien sind nicht zahlreich, auch arm an Arten. Spongolithen fehlen ganz. Keine Polythalamicn.
4 4 1 . Dunkelbrauner sandiger E r d b o d e n von L i t t l e Popo, Der Or t Lillle Popo ist der Hafen und Haudelsort an
der Sciaveuküste. Es ist ein niederes ungesundes Flachland, welches die Foi-tsctzung der Goldküsle in der Bai von Renin ausmacht, im
I n n e r n aber in das gesunde Gebirgsland der Ashant i-Neger übergeht. Der Missionär Hr. HALIÍUI\ aus Mecklenbur g hat sich dort viele
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J a h r e lang aufgehalten und reiste zum zweiten Male, nachdem er sich in Berlin vcilieiratbet, wieder dorthin. Bei dieser Gelegenheit
ist auf mei n Ansuchen einiges fih- m i k r o s c o p i s c h o Zwecke gesammelt woiden, doch betrifft es mehr die Mecresbi ldungen. Herr HALHUII
hat vom Grabe seiner Liehen, da Mutler und Kind bald starben, einige Erde mitgenommen, Uiid von dieser trocknen Sanderde hat e r
mir zu wissenschafllicher Benutzung einen Theil übergeben. Die Erde ist ein grober dunkelbrauner Quarzsaud von meist Vs — 1 L i i " "
g r o s s e n abgerundeten Köruern, einige kleiner, einige grösser. In der dunkelbraunen Masse liegen einzelne hochrothe Thcile von E i s enthon,
L e b kohlschwarze Theile und auch weisse Musclielfragmente. Der Saud war in einer Glasllasclie nach Berlin gebracht. Ein T h e i l davon
w u n l e mit destillirtem Wasser Übergossen uud nach einigem Stehen staik umgerührt. Die T r ü b u n g des W a s s e r s bildete in einem Uhrglase
e i n e n Bodensatz von dnnkelhranuer Farbe, uud dieser Bodensatz ist in 2 0 Analysen von mi r gei)rült worden. Kein Brausen mit Säure.
Die dunkelbraune Masse enthält viel verrottete Pllanzentheile, die meist nukenntlich, zuweilen als Zellgewebstheilchen nenubar sind. Die
ganze beobachtete Formenzahl beträgt 37 Arten: 13 Polygastern, 22 Phytolitharien, 1 Acaroid uud Pnanzcriparenchym. Aussei'dem war
d o p p e l t l i c h t b r c c h e m l e r Quarzsand ohne deutliche vulkanische Theilchen und ohne Glimmer vorhanden. Unter den Polygastern waren
Gallionellen am häufigsten mit F r agment e n von Ilimanlidium. Die Biscoplca sinensis? nur als einmaliges hübsches Fragment. Unter
den Phytolitharien waren Lithosphaeridium irreguläre mit Lithasteriscus tuberculatus und Spongol i then-Fragmenten häiiliger. So wie d i e
g r ö b e r e n iMiischcirragmente des Sandes schon dem blossen Auge die Küst e bezeichneten, so war im Mikroscop Diplonels didymn mit
Spongol. robusta Bezeichnung des Meeres-Eilillusses. Keine Polythalamicn.
4 4 2 . Süsswasser-Schlamm von G u i n e a . Von einer Nyniphaeacea aus Guinea, welche im königl. llerbarimn befindlicli
i s t , übergab mir Her r Dr. T. PiiiLii-i-i etwas fest anhängeud gebliebenen grauen Schlauini. Es sind davon 15 Analysen gemacht worden.
Dabei wurden 45 Ar ten von Formen ermittelt: 26 Polygastern, 18 Phytol i thar ien, 1 Blüthens taub. Am zahlreichsten unter den Polygastern
isl Coscinodiscus eccentricus, sein- häufig auch Fragilaria paradoxa, das Uebr ige zerstreut in einem feinen tlionigen Mulme mit vielerlei
P l l a n z e n r e s t e u . Desmogonium ist eine äiinaloriale Form und Prorostaurus splendens charaktcrisirt die Westküst e von Afrika. Dass die
ISymphacttcea im brakischen Süsswasser wuchs, welches zum Flnthgebiete des Meeres geborle, ist durch die Coscinodiscus erläutert.
Polythalainien fehlen; die Spongol i then sind Süsswasserfornien.
4 4 3 . Wasser t r ü b u n g des B o n n y - N i g e r s . Herr Dr. MAC WILLIAM in London hat m i r 1 8 4 8 e ine kleine Flasche mi t Niger -
Wasser zugesendet, welches von ihm selbst 1841 bei der letzten englischen Niger-Expeditioii eingeschöpft wonlcn war. Der Bonny-
Biver ist e'incr der Ausflussarme des Nigers. Das 2 Unzen Wasser entliallende versiegelte Fläschchen trug auf einem Pergamentstreifen
die Bezeichnung: From llie River fíonny, Brauch of Niger, IF. of Africa. Im Jahre 1848 w u r d e der Ber l iner Akademie eine Analyse
dieses Wassers rorgetragen, welche im Monatsbericht S. 2 2 7 abgedruckt isl. Das Was ser war k lar , doch hatte sich darin eine bräunliche
ihjgrocrocis entwickelt, welche als e i n f e inl ä s r ige s gallertartiges Wesen darin schwamm. Am Bode n war e i n s c hwa c h e r Niederschlag bemerklich,
welcher beim Schütteln das Was ser trübte, aber sich bald wieder zu Boden senkte. Beim Oeirnen der Flasche zeigte sich ein leichter
Geruch nach Schwefelwassorstolf. Lebende Tliierfornieu Hessen sich nicht im Wasser erkennen, aber es fanden sich alsbald deutliche
S c h a l e n abgestorbener kleiner Thiere, welche beim Eiuschöpfen gelebt haben mögen. Das Wa s s e r wurde in ein reines Glas abgegossen
unil der Bodensatz sammt der Uygrocrocis in 3 0 Untersuchungen geprüft. Es ergaben sich damals 28 kleinste Formen, nämlich'15 Polyg
a s t e r n , 4 Phytolitharien, 6 weiche Pnanzeutheile und 3 Spinnen- und Inseclentheile. Jetzt sind durch Revision derselben Präparate
3 5 Speeles festgestellt worden, nämlich 19 Polygastern, 7 Phytolitharien, 3 Spinnen- und Insectenthei le, 6 weiche Pnanzeutheile. Alle
d i e s e Formen sind sehr vereinzelt. Von den Polygastern und Phytolitharien ist keine Form neu oder aufi'allend cigenthümlich. Einige
als fraglich bezeichnete Fragmente mögen noch Hoffnung auf w e n i g ausgezeichnete Lokalformen geben. Es sind unter den 1 9 Polygastern
5 bis 6 ° S e e t h i e r c h e n : 3 Coscinodisei, 1 Pyxidieula und e ine , vielleicht beide, Biscopleue. liiscoplea picta ist als S e e f o rm schon maunichfach
v e r z e i c h n e t , auch fossil aus Patagonien erkannt. Kalkthiercheu (Polythalamicn) fehlen. Es ergiebt sich hieraus, dass das Wa s s e r nicht
n a h e am Meere aus dem Flusse genommen ist, aber doch noch im Gebiete der Ebbe und Flut h (im Fluthgcbiete) . Die Anwesenheit
k i c s e l s c h a l i g e r Seethierchen und die A bwe s e n h e i t kalkschaliger berechtigen zu diesem Schlüsse. Aulfallenil sind augeiiführende Zellen einer
Conifere. Von d e n Gallionellen ist nur G. laevis mit g rünem Inhalte, also lebensfähig, die übrigen sind nur Fragmente.
S o ist denn auch das a u f s Geradewohl selbst in sehr kleiner Quantität geschöpfte klare Flusswasscr des N i g e r s reichlich eifüllt
mit organischem Leben.
Ü B E R S I C H T DER FORMEN DES WESTLlCI f f i N 31HTEL-AER1KA-S.
SKNEGAMBllLN GUINC- SENE0.AMU1EN CUINE.V.
——
SF,MCCA1.. SEfiECAL.
2
g Ç 1 i 1 1 1
g
i l 1 ,1
•13 1 1 1 1
K < a 1 5 S K
P o l y g a s t e r n : 1Û5. l 2 3 •1 5 C 7 2 4 5 (i 7
AchmiHlics oblnsa . . . + * Coscinodiscus ccccnlricux +? + +
Am¡ihoru Inevis . . . • + * s lincalus .
-1-
+ Î
Í libyca . . . . + + * Í minor. . +
Í lineolata . . • + + Dcmof/onium guiancnse + + +
Aredia ccornis -1- Üifßutjia arcolala. . . +
Í Globulus . . . . + f Oligodon? .
Í vuh/aris . . . • + Í
Chaclütijphla saxipayu • +? -1- *Diploncis didijma . . . +
Closterium TraOccula? • Üiscoplca comla . . . . +
Coccone'is borealis . • . + + * Í pida . . . . +
« Pluccnlula • . + ? sinensis? . .
' striata . . . . + •+ -1- + , —?..., +1
— ?
l'Aiaslruin crenulatum . +
CocconcHtrt Fusidiuin . . -h 4-? Eunolin amphioxys u . H- +
' Lunula . . . -h + -H Crocodilus . . +
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