der andere dagegen, Mäsila mit Namen, der Sprachgewandteste am Sultanshofe, trat in
meine Dienste.
Mäsila war ein guter Dolmetscher und leitete Stets mit der einem Butonesen anerzogenen
Würde seine langatmigen Gespräche ein. In hochtönenden Worten bewegte sich
jede seiner Anreden, selbst wenn es sich um ganz nebensächliche Dinge handelte, z. B. wenn
er bat, auf einen Moment fortgehen zu dürfen. Langsam und gemessen schritt er einher.
Der Amtsstab mit silbernem Knaufe, versehen mit dem Monogramm der alten ostindischen
Kompagnie unter einem großen A dokumentierte seine, ihm vom Sultan übertragene Gewalt.
Tief gebeugt, die Hände wie ein Priester auf dem Knopfe seines Stockes zusammengelegt,
verharrte er bei seinem ersten Erscheinen eine Weile stumm mit niedergeschlagenen Augen.
Dann begann er fast hauchend also: „Hoher Herr Doktor, seiner Paduka Sirie, des Tuan
Sultans Gruß entbiete ich. Erhabener, es ist der Wille meines erlauchten Herrschers, des
Herrn Sultan von Buton, daß ich, Mäsila, der Aufseher aller Dolmetscher, den großen Herrn
Doktor während der Zeit des Aufenthaltes in diesem Lande begleite. Dieser Stab soll den
gestrengen Herrn beschützen, und niemand wird meinem neuen Gebieter ein Leid antun.
Des gnädigen Herrn weisen Befehlen lauschet sein niedriger Diener, Mäsila.“
Nachdem ich dem Herrn Sultan hatte danken und ihm versichern lassen, nach
meiner Rückkehr ihm persönlich meine Aufwartung zu machen, ging ich wieder an Bord,
um in der Morgenfrühe des folgenden Tages durch die Meeresstraße zwischen Buton
und Muna nach Raha zu fahren, wo seit kurzem eine Abteilung Soldaten unter einem
Leutnant steht.
Der Dolmetscher erschien wie ein großer Herr in Begleitung eines Dieners und
Koches. Als ich ihm gestattete, während der Expedition bei mir zu essen, gab er seiner
großen Freude mit salbungsvollen Worten Ausdruck, und da er schon oft an Bord von
europäischen Schiffen als Gesandter des Sultans hatte speisen dürfen, fügte er selbstbewußt
hinzu: „Auch ich bin gewohnt wie ein Weißer zu essen und habe mein eigenes Geschirr,“
wobei er stolz einen Blechlöffel aus seinem Gürtel hervorzog. Seine Hoffnung jedoch,
mit mir an einem Tische sitzen zu können, mußte ich ihm schnell zerstören, worauf er
enttäuscht zu verstehen gab, er dürfe nicht mit meinen Bedienten zusammen die Mahlzeit
einnehmen, da dies unter seiner Würde sei. So bewilligte ich ihm denn eine Extra-
Servierung der Oberreste meines Reistisches und wies ihm als Schlafstelle die Vorgalerie
von Gründlers Zelt an. Diese Vergünstigung deutete er wieder falsch, denn am ersten
Abend fand Gründler ihn in seinem Bett. Den Herrscherstab behütete er mit ängstlicher
Sorgfalt Tag und Nacht, und als ich eines Abends seine Schlafstätte besuchte, lag er auf
der Matte wie ein Steinbild auf einem Königsgrabe, seinen Stab wie ein Schwert im Arme.
Wenn dieser Mann auch durch sein wichtigtuerisches Wesen, sein langsames Handeln
und entsetzlich langweiliges Zeremoniell meine Geduld häufig hart auf die Probe stellte,
war er doch gewissenhaft in der Ausführung der erteilten Befehle, sogar wenn ich ihn
gelegentlich unliebsam aus seinem Opiumräusche wecken ließ. Sein Amt hat er jederzeit
außerordentlich ernst genommen.
Mäsila ist das Ur bi l d e i ne s Bu t o n e s e n . Die Photographie (Taf. XX, Fig. 1)
zeigt ihn in offizieller Hoftracht. Seine Haltung ist schlaff, vornübergebeugt. Um das
struppig-wellige Haar ist eine merkwürdig wurstartige, mit Silberplättchen und -Fäden verzierte
Kopfbedeckung gewunden. Die Beine stecken in schmutzigweißen, zu kurzen weiten
Hosen, und ein langes rolweiß karriertes Tuch legt sich um seine mageren Lenden. Der
lange schwarze Rock aus europäischem Tuch hat einen an die Zeit der portugiesischen
Seeherrschaft vor 300 Jahren erinnernden Schnitt. Mit Silberlitzen sind Ränder und Kragen
eingefaßt. Aus einer weißen, mit vergoldeten Knöpfen verzierten Weste ragt der nackte,
schmutzige Hals heraus, auf dem sich träge der graue Kopf mit den verschmitzt zugekniffenen
Äuglein unter wichtig hochgezogenen Brauen erhebt.
Prächtiges Wetter begleitet uns auf unserer Fahrt durch die Buton-Straße. Heute,
am 26. Juli, ist wie mit einem Schlage die Regenzeit zu Ende; unsere Berechnung, daß
gegen Mitte Juli die Trockenzeit im südöstlichen Celebes beginnen müsse, war also richtig.
Zu beiden Seiten liegen die hügeligen*) Inseln Muna und Buton. Hier und da sind
größere Busch- und Baumgruppen sichtbar, wo aber ein ebenes Vorland sich an die Berge
anlegt, umsäumen die dunkelgrünen Streifen des Mangroven-Waldes das Land. Die Abhänge,
bedeckt mit gelbgrünen Maisfeldern, lassen häufig den roten Erdboden hervortreten.
An vielen Punkten fällt das Ufer senkrecht ab, und die weißen oder gelblichen Kalksteinwände,
eingefaßt von dunklem Pflanzengrün, von dem lange Ranken niedergehen, verleihen
der Landschaft einen malerischen Reiz (Taf. XVII, Fig. 1). Niedliche Cycas-Palmen,
Pandanus-Bäume auf Stelzfüßen und borstenartige Büschelgräser bedecken die Abhänge.
Überall erblickt man Korallenriffe, die in Terrassen auf beiden Seiten der Straße
bis zu den Bergspitzen ansteigen. Auf der West-Seite der Insel Muna fällt durch seine
an eine Burgruine erinnernde Form der fast 430 m hohe Wadia-b£ro auf, der von den
Seefahrern Kastellberg genannt wird.
Er zeigt in klarer Weise den Aufbau
Wadia bero
dieses südlichen, von Buchten durchsetzten
(429m.)
Teiles von Muna. Unter den
Korallenkalklagen fallen zwei gut von
einander unterscheidbare Serien auf;
die untere besteht aus gleichmäßig
geschichteten Bänken, die obere aus
solchen mit Buckeln, denn die erstere
D e r W a d ia -b 6 r o in S ü d -M u n a z e ig t d u r c h s e in e c h a r a k t e r i s t i s c h e n
ist in tieferen und ruhigeren Teilen
O b e r f lä c h e n f o rm e n d e n W e r d e g a n g e in e s K o ra lle n r iff e s .
des Wassers entstanden, die obere
in der höheren, brandungsreichen Riffzone (s. Fig. 80). Die Schichten der liegenden Serie
(I—III), dichte, kristalline, harte Kalksteine, neigen sich ein wenig nach NNO, bestehen aus
drei Hauptkomplexen, denen sich von N her dünnere Lagen einschalten, und werden von
den horizontalen Strandlinien unter spitzem Winkel geschnitten. Die hangenden Ablagerungen
dagegen (IV—VI), lauter poröse und oft großlöcherige, mit jungen Korallen
reich durchsetzte Gesteine, fallen infolge Einschiebung von Kalk- und Korallensand-Lagen
nach S ein. Die bei Korallenbänken häufig angetroffene Neigung,**) z. B. auf Wandji und
Binongko (S. 142) wird von manchen Forschern auf spätere Hebungen zurückgeführt und
*) Man kann das Land nicht als gebirgig bezeichnen wie Salomon Müller in „Land- en Volken-
kunde“ (Verhandelingen over de Natuurl. Geschied. d. Nederl. overzee. bezittingen enz., uitgegev. C. J.
Temminck, Leiden 1839—1844 blz. 89).
**) In einer soeben erschienenen Abhandlung: „Bemerkungen über sogen. Korallenkalk oder
Karang“ (Zentralbl. f. Min. etc. Jahrg. 1911, No. 9, S. 282) macht K. Martin auf Folgendes aufmerksam:
„Wenn die Korallen sich auf seewärts geneigtem Untergründe ansiedeln und diesen überwuchern, ohne
zum Meeresspiegel heranzuwachsen, so bilden sie statt eines den älteren Bildungen aufliegenden Kalkkeiles
nur mantelförmige Umrindungen derselben. Letztere machen durchaus den Eindruck von gehobenen
Schichten . . . Daß dem nicht so ist, geht u. a. aus dem Umstande hervor, daß die Koralienblöcke alle
noch die ihrem Wachstum entsprechende, vertikale Stellung einnehmen.“