Zwischen dem Baru und Rindjani geht der in eine Spitze ausgezogene Seezipfel
in das Trockental über, in das sich mehrere Lavaströme terrassenartig übereinander hineingeschoben
haben. Agglomerate und Aschen der letzten Eruption, sowie Sandmassen, die
durch die Regenwasser zusammengeschwemmt sind, bedecken seine Oberfläche. Furchen,
Rinnen und Sandbänke, sowie riesige Kaskaden vervollständigen das Bild eines schlummernden
Flusses.
Der Felsengrat aber, auf dem ich stehe, schließt den Ring der Vulkanwände. Seine
nach außen geneigten Schichten aus Lapilli und Aschen sind die Zeugen aus der Jugend des
Segare-Anak-Kessels, als statt Wasser noch feurigflüssiger Gesteinsbrei seinen Schlund erfüllte.
Ebenmäßig und sanft gerundet sind die Ränder nach außen, schroff und zerrissen,
in Rippen und Klinten zerlegt, mit Schrunden und Schloten durchsetzt, nach innen zum See
(Taf. IV). Einige Schachtelhalme, Büschelgräser und Moospolster in den Nischen der
Felsen und vereinzelte kleine Insekten sind das einzige Lebende auf dem Felsengrate neben
den vom Sturm hierher verschlagenen Schmetterlingen. Es ist wissenschaftlich interessant,
daß die in dieser Höhe vorkommenden neu entdeckten Laufkäfer (Trechus Elberti, v. Heyd.
und Tr. vulcanicola, v. Heyd.) ihre Flügel infolge Nichtgebrauches verloren haben.
Von ungefähr 3480 m ab beginnt eine diskordant auf den Lapilli-Bänken der
Segare-Bildungen lagernde, von diesen sofort unterscheidbare Schichtenserie. Bei näherer
Untersuchung stellt sich heraus, daß es A b la g e r u n g e n des schon vom Baru-Vulkan aus
gesehenen z e r s p r e n g t e n und halb abgestürzten K r a te r s sind (s. Längsprofil auf Taf. VII,
Fig. 2). Seine Schlacken-Agglomerate sind rotbraun, ähneln denen des Baru-Vulkanes, gehen
aber zum Hangenden in schwarze Auswürflinge und glasige Gesteine über. Weiter bergauf
werden diese Schichten von körnigem, etwas perlitischem Andesit und von Aschen überlagert,
die zur Rindjani-Spitze hin an Mächtigkeit zunehmen. Sie gehören dem weiter oben zu
suchenden eigentlichen Rindjani-Krater an. Ein Profil, aufgenommen in einer Schlucht des
zersprengten Kraters, gibt diese Verhältnisse deutlich wieder (s. Querprofil Taf. VII, Fig. 1).
Man sieht einen Schichtensattel mit N 30° W streichenden Schichten, auf dessen Höhe die
Schlackenmasse des halbierten Kraters in einer flachen Mulde quer angeschnitten liegt.
Den Kamm aber bildet eine dünne Lage von dunkeln Andesit-Brocken. Vom gesprengten
Krater (3520 m über dem Meeresspiegel) an aufwärts treten anfangs schwarze* glasartige
Andesit-Lapilli, dann Aschen und bald mehr oder weniger grobe Agglomerate auf,
die, soweit sichtbar, die ganze Spitze des Rindjani umziehen und mit Annäherung an
dieselbe an Mächtigkeit zunehmen. Diese jüngsten Vulkanprodukte sind anfangs nur 10
bis 12 m mächtig, scheinen aber bis 45 m Dicke zu erreichen. Es zeigt das Längsprofil
der Schichten das Gleiche, was in der großen Steilwand vom Baru aus gesehen
ist (Taf. VII, Fig. 2), nämlich daß seine Ablagerungen nur , einen ganz unbedeutenden Teil
dieses Bergstückes einnehmen. Nach der ganzen Anlage zu schließen, dürfte dieser Krater
weiter nichts als einen Ausblasungstrichter darstellen, wie man sie häufig auf Java als
steilwandige Löcher auf den Calderen-Bergen findet.
Wegen der leichten Beweglichkeit der Gesteins- und Aschenmassen, sowie wegen der
bald ca. 31° betragenden Bodenneigung wird der Aufstieg sehr schwierig und langsam.
Häufig muß man auf allen Vieren vorwärts kriechen. Mit der Höhe wird nicht nur der
Abhang steiler, sondern auch das Schlackenmaterial loser. Das letzte Stück bis auf die
Spitze des zersprengten Kraters ist besonders abschüssig. Von hier aus erblickt man den
Baru-Kegel, während die Rindjani-Spitze von diesem Steilabfall aus nicht gesehen werden
kann, da sie vom Segare-Anak weiter entfernt liegt. Da der Weg auf die Spitze mehr
seitlich als direkt in die Höhe geht, kann man sie von hier aus gut überblicken. Die von
Gründler aufgepflanzte Fahne war deutlich zu erkennen, dagegen war von einem vorhandenen
Krater nichts zu sehen. Auf mein Rufen erhielt ich eine Antwort, als befände sich Gründler
auf der anderen Seite des Berges.
Nach einiger Zeit weiteren Kletterns, wobei beständig Stufen ausgehauen werden
mußten, da die von Gründler angelegten b e re its' verrutscht waren, vermißte ich plötzlich
auch den letzten Begleiter; niemand ließ sich mehr blicken. Ich kam nur langsam vorwärts, da
die losen Massen dem Körpergewicht nachgaben. Trotz der herrschenden Kälte hatte ich entsetzlichen
Durst. Plötzlich sehe ich Gründler mir entgegenkommen, der durch eine Bodenvertiefung
bis dahin unsichtbar gewesen war. Auch er besaß kein Wasser mehr und
hoffte von mir etwas zu bekommen; er hatte sogar schon das destillierte Wasser des
Hypsometers ausgetrunken. Nahe vor mir erblickte ich zwar die Fahne auf dem höchsten
Felsen des Vulkanriesen, aber mein Durst war so groß, daß ich darauf verzichten mußte,
mich noch dorthin zu begeben.
Die R in d ja n i-S p itz e (Taf. VIII, Fig. 1) besteht aus ebendenselben Agglomerat- und
Lapilli-Schichten, wie in den Gebieten weiter unten. Sie fällt zum Krater in senkrechten
zerrissenen Wänden ab, aus denen die Winde Löcher und Gruben herausgearbeitet haben,
während die Nordseite allmählich in den Vulkanmantel übergeht. Die höchste Spitze, mit
dem Hypsometer auf 3791 m bestimmt, befindet sich nordnordwestlich (N 12° W) von
der Kratermitte (s. Kraterskizze Fig. 57), während die zweithöchste (W 30° N) auf der Scheidewand
zwischen dem Krater und dem Segare-Anak liegt. An dieser Stelle ist dieselbe oben
nur etwa l 1/* ui breit. Sie fällt in einem etwa 200 m langen Stück fast senkrecht zu beiden
Seiten ab und gleicht einer stark ausgezackten Schneide.
Von hier aus war es unmöglich in den Krater zu gelangen. Als ich den Platz wieder
erreichte, wo der letzte Mann zurückgeblieben war, fand ich die Stelle leer; auch mein
Pflanzensammler mußte sich erholt haben und zurückgekehrt sein. Beim Abstieg von den
Segare-Anak-Wänden nach Plawangän verfehlte ich den Weg und stand unversehens vor
einem fast senkrecht aufragenden Kamme. So mußte ich wieder ein Stück aufwärts steigen
und oben die Verbindungsstelle mit dem nächsten Rücken suchen. Als ich dann schließlich
durch das Gewirr der stark zerschlitzten Rippen die Höhe von Plawangän gewonnen hatte,
war mir eine gute Gelegenheit geboten, gleichzeitig die S t r a u c .h - u n d K r a u t f l o r a d e r
k a l t e n V e g e t a t i o n s -R e g i o n zu studieren. Außer einer Reihe von Krüppelbüschen
(Engelhardiia) fanden sich besonders Rhododendron-Sträucher mit saturnroten Blüten, großblumige
Johanniskräuter, eine früher schon genannte Rosacee (Photinia) einige Hundszungen
und Vergißmeinnicht, dann vor allen Dingen Glockenblumen (Wahlenbergia) und
in größeren Mengen kandelaberartige Antennarien-Sträucher mit dichtem Wollfilz, und als
herrschende Gräser Schwingel und Seggen (Festuca, Carex), sowie einzelne Farne (Polypodium)
und Moose (Grimmiaceen, Bryaceen). Der rosablütige Knoitng (Polygonum chinense),
der vom Küstengebiet ab vorkommt, fehlt selbst in dieser kalten Region nicht. Die mittleren
Temperaturen nach einer zehntägigen Beobachtung auf Plawangän in 2690 m Meereshöhe
betragen im Minimum 9,3° C., im Maximum 15,4° C.
Die Grenze des Krüppelbusches liegt zwischen 3200 und 3250 m, doch reicht
das Gebiet des Büschelgrases und der Moose noch bis fast 3500 m, und selbst bis zur Spitze
hinauf findet man noch vereinzelt einige kümmerliche Moospflänzchen in Felsspalten. Die