Wir verfolgten das Flußtal weiter; der Weg war felsig und steil, und als wir endlich auf
dem nur 490 m hohen Paß mit grasbewachsenen Blößen angekommen waren, brachen
noch zwei weitere Pferde vor Erschöpfung zusammen. Wir mußten sie ihrem Schicksal
überlassen. Von hier aus wandten wir uns nach Norden, das Lankawali-Tal abwärts,
trafen bald Hütten von Rottansuchern, Zuckersiedern und Honigsammlern und erreichten
schließlich das Dorf B a ü la in der Ebene. Diese besteht aus Alang-alang-
Wildnissen und niedrigem Sekundär-Wald, sowie wiederum aus Sagosümpfen, durchzogen
von kleinen Flüssen. Um unsere beiden letzten Pferde über sie hinweg zu bringen,
mußten an einigen Stellen Baumstämme zusammengelegt werden. Ein Pfad führte dann
in WNW- und NW-Richtung um einen vom Hauptgebirge vorspringenden Rücken herum
über die Dörfer Bundu-läku und Balang-tete nach Koläka.
Am Nachmittage schleppte sich unsere Karawane nur noch langsam weiter, und
kurz vor dem Ziele mußten wir auch unsere letzten Pferde einem Dorfhaupte in Obhut
geben, da sie durch die schlechte Ernährung und die ständige Nässe Kolik bekommen
hatten. Erst nach 14 Tagen konnten die völlig abgemagerten Tiere nach Koläka gebracht
werden; sie waren also von uns auf dem ganzen Marsche nur an einem einzigen Tage in
der Rumbia-Ebene zu brauchen gewesen, ganz wie ich es dem Herrn Civiel-Gezaghebber
vorher gesagt hatte.
Schon am Osso Sohua verspürten unsere Leute große Müdigkeit, ihre Munterkeit war
völlig verschwunden, und jetzt, kaum 2 Stunden von unserm Endziel Koläka entfernt, blieb ein
Teil derselben ebenfalls liegen. Gründler, der mit einigen Polizei-Soldaten die Nachhut
bildete, mußte bei dem Gepäck, bei welchem sich auch unsere Geldkiste befand, Wache
halten, bis am anderen Morgen die Ablösung erschien.
Vom letzten größeren Dorfe sandten wir einen reitenden Boten nach Koläka voraus
und, da der Marsch voraussichtlich länger als sonst dauern würde, stärkten wir uns ausnahmsweise
durch ein vorher bereitetes Mittagessen, zu welchem Herr Wieland eine unter
diesen Umständen doppelt zu bewertende Delikatesse: Pumpernickel mit Honigkuchen,
gestiftet hatte. Auf diesem Stück unseres Weges hatten sich an verschiedenen Punkten die
Häuptlinge und viele Bewohner der Umgegend versammelt, um ihren Beamten, der seit fast
2 Monaten abwesend war, zu begrüßen. Selbst die Frauen hatten Festkleider angelegt,
einige von ihnen waren sogar in Seidengewändern erschienen. Es herrschte allgemeine große
Freude, und ich konnte sehen, welch außerordentlicher Beliebtheit sich Herr Wieland erfreute.
Er war streng, aber gerecht, wie ich auf unserem Marsche durch das von ihm verwaltete
Gebiet zu beobachten genügend Gelegenheit hatte. Hier erteilte er Lob, dort Tadel, je
nachdem die Leute gut oder schlecht an dem großen Wege nach Koläka gearbeitet hatten.
Ein Dorf erhielt eine hohe Geldstrafe und ein anderes denselben Betrag als Belohnung für
eine gebaute Brücke zugewiesen.
Als wir in Koläka nach 1 U/s stündigem Marsche, eine Ruhepause von »/* Stunden,
nicht mitgerechnet, bei Sonnenuntergang wieder die erste Stätte der Zivilisation, das gastliche
Haus des Herrn Wieland erreichten, fühlten wir erst, wie erschöpft wir waren und
bemerkten, daß unser Zeug vollständig in Fetzen um uns herum hing. Unsere Kulis besaßen
als Rest ihrer Bekleidung nur noch eine vom Gehen zusammengedrehte, schmale
Baumbast-, resp. Zeugrolle. Als Anerkennung ihrer guten Dienste erhielten die Träger
2 Ruhetage und außer Reis noch getrockneten Fisch. Sodann entließ ich sie, wohlversorgt
mit dem für den Rückweg nötigen Reis und einem Lohn für weitere 6 Tage. Sie hatten sich in Koläka
mit neuen, moderneren Kleidern versehen und zogen nun befriedigt und fröhlich wie
vor der Reise wieder in ihr Sumpfland Rumbia zurück. Der Civiel - Gezaghebber Herr
Wieland, der leider in Bälde den Gouvernements-Dienst verläßt, hat durch seine Begleitung
und Sammeltätigkeit, besonders infolge der verständnisvollen Art, mit den Eingeborenen
umzugehen, der Expedition große Dienste erwiesen, wofür ich ihm hier meinen
wärmsten Dank zum Ausdruck bringen möchte. Aber auch seiner liebenswürdigen
Gattin gegenüber fühlen wir uns tief verpflichtet, und noch oft werden wir an die herzliche
Aufnahme und die treffliche Verpflegung in ihrem Hause zurückdenken.
Während unseres 9-tägigen Aufenthaltes in Koläka, wo wir allein in einer behaglichen
Villa des Herrn Wieland auf einem Hügel wohnten, machten wir nur kleine Touren
in die Umgegend, da dieses Gebiet durch die Sarasinsche Expedition*) schon bekannt geworden
ist. Ueberall in den Bergen der westlichen
Randketten stehen Glimmer- und Glau-
kophansschiefer an, welche die Sarasins**) auch
im Innern auf ihrem Wege von Koläka nach
Kendari an der Ost-Küste festgestellt haben.
Meine hier gemachten Beobachtungen.über die
Bildung und Bewegung von Einzelwolkfen, die
sich über der Insel Padamarang in der Ming-
koka-Bai***) bildeten, werden erst später in
einem besonderen meteorologischen Kapitel
behandelt.
Im Küstengebiete von Mengkoka wohnen
Buginesen und Luwuresen unter einem Matoa
als Häuptling und einem Sulewatang als oberstem
Regenten, welche von der Mentjara Ngapa,
Andi Luwu, der Fürstin des luwuresischenReiches
in Mittel-Celebes, ernannt werden. Die eigentlichen
Bewohner, die To Mengkoka, zerfallen in
einzelne Stämme unter je einem Makole, auch
Bok£o, deren Oberhaupt der Pabitjara oder Makole
owosse ( = groß) ist, der nahebei Koläka in einem
großen, durch seine sichelförmige Firstlinie auffallendem
Gebäudef) (s. Fig. 126) wohnt. Der
Reichsrat; Hadat, bestehend aus den Pabitjara
und einem Kapitang (Kapitän), regiert das Land
und ernennt auch die Makoles der 7 Distrikte, von denen 5 auf der Ost- und
West-Seite des Grenzgebirges liegen, nämlich: La-Pas, Konaw^a (auch Konäwe),
Sang^ri (auch Sangiri), Membulu, Kond^a und Koläka.
F ig . 127. S a g o p a lm e n w a ld m i t B a n a n e n p f la n z u n g b e i K o lä k a .
Da die Bewohner der südöstlichen Halbinsel außer vom Ackerbau von
2 auf der
Pawanga,
der Ge-
winnung des Sagomehls aus der Sagopalme leben, möchte ich noch einige Bemerkungen
hierüber anschließen. Die Sagopalmen pflegen meistens gesellig vorzukommen und als
*) Reisen in Celebes, Bd. I. 334—343.
**) Ebenda Bd. I, S. 338, 343, 347.
***) Ich folge hier den Sarasins, welche der Bucht diese buginesische Bezeichnung beilegen,
f) Ähnliche Häuptlingshäuser fanden die Sarasins bei den Tokea, z. B. Lambuja in Konawe
(Reisen: Bd. I, S. 362, Fig. 115).