daß es gerade umgekehrt sei wie bei den Pferden, nämlich Sieben-Monatskinder (njaläo)
würden stets tot geboren, während Acht-Monatskinder am Leben blieben.
Die Sasaker glauben, daß von der Behandlung der N a c h g e b u r t die Entwicklung
des Kindes abhängt. Deshalb legen sie dieselbe vor dem Hause der Mutter in ein ‘/2 m
tiefes Erdloch, das sie mit einer Steinplatte zudecken. Ein seitlich angebrachtes Röhrchen
gestattet den Abzug der Fäulnisgase. Über das Grab wird ein Korb gestülpt zum Schutze
gegen zu schnelle Austrocknung und Regen. Je langsamer nämlich der Zerfall vor sich
geht, desto besser wird, so glauben die Sasaker, das Kind gedeihen. Die Budas dagegen
opfern die Placenta den Göttern auf den bereits früher erwähnten Sanggas im Walde, um zu
verhindern, daß böse Geister dem Kind Krankheit und Tod bringen. Sollte das Kind sterben,
ehe die Reste ganz zersetzt sind, so werden sie mit ihm zusammen begraben.
Acht Tage nach der Geburt findet zu Ehren des neuen Weltbürgers die erste Feier
statt (muläng mall), welche aus einem großen Opfermahl besteht, an dem die Frau nicht
teilnehmen darf. Tags darauf ist das Reinigungsfest der jungen Mutter (membüang kötöran)
mit einem kleinen Familienessen. Frau und Kind werden von der Hebamme feierlich
gewaschen zum Zeichen, daß nunmehr die -Mutter, die durch die Geburt als verunreinigt
angesehen wird, vor Göttern und Menschen geläutert ist. Dem herkömmlichen Brauche
gemäß empfängt die weise Frau auf einem Bambusbrett (söksökang) als Geschenk Blumen,
Reispuder, einige Handvoll unenthülsten Reis, Kokosnuß, ein weißes Stück Zeug, eine Lage
Garn und 240 Keppeng ( = 68 Pf.).
Meist steht die Wöchnerin schon am 2. oder 3. Tage auf, verrichtet etwa vom 9.
an leichtere Hausarbeit und darf nach dem 40. Tage wieder ins Feld gehen. Sie nimmt
auch an dem Hauptfeste feil, das 60 Tage nach der glücklichen Geburt abgehalten wird.
Im späteren Leben des Kindes findet noch eine größere Feier statt, nämlich die Beschneidung
der Knaben und der Eintritt der Pubertät der Mädchen.
B e s c h n e i d u n g : Bei den Knaben erfolgt die Beschneidung meist im 4. Lebensjahre
(päling kodäh), einem Zeitpunkt, der von den Malayen „Wates sünat“, d. i. „Altersgrenze
der Beschneidung“ genannt wird. Sie ist ein großes Familienfest und, da sie für den Vater
eine bedeutende Ausgabe darstelit, wird sie nicht selten auf das 7. oder 8. Lebensjahr,
doch nicht länger als bis zum 10., verschoben. Zu dieser späten, sogenannten gemeinschaftlichen
Beschneidung (päling bläh) kommen die Kinder mehrerer Dörfer zusammen,
und der Beschneidungspriester (dükun sünat), deren es nicht viele gibt, nimmt an ihnen
die Circumcision vor. Nur im nördlichen Lombok, z. B. in Sadjang, soll es Vorkommen,
daß letztere, wahrscheinlich der hohen Kosten wegen, erst kurz vor der Verheiratung vollzogen
wird.
In einigen Orten Ost-Lomboks, wie in Kembang-kerang und Jantok, wird auch bei
den Mädchen eine Beschneidung (der Clitoris) vorgenommen. Diese Sitte stammt von den
hier zahlreich wohnenden Sumbawanen und ist vielleicht von den arabischen Händlern
dorthin gebracht worden. Der Brauch der Männer, sich die Schamhaare zu rasieren und
der Frauen, sich die Achselhaare auszureißen, hat seinen Weg nach Ost-Lombok ebenfalls von
Sumbawa her gefunden. Als besonderes Ereignis feiern die Sasaker noch die erste Menstruation
des Mädchens. Sie rufen die ganze Familie zusammen, und eine Zauberpriesterin (balian
nlna) badet die Jungfrau und spricht über sie allerlei Gebets- und Zauberformeln aus.
S t a t i s t i s c h e s : * ) Die Anzahl der Kinder in den sasakschen Familien ist heute, nach
*) Eine kurze Beschreibung Lomboks und seiner sozialen Zustände vor der Eroberung 1894 bringt
nach den bekannten Quellen J. Ten Have: „Het Eiland Lombok“, Haag 1894.
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dem 15-jährigen Frieden, den das Land unter der holländischen Regierung genossen hat,
ohne Frage größer als zur Zeit der balinesischen Gewaltherrschaft, Die statistischen Aufnahmen
der Volkszählung von 1905 jedoch, die mir die Regierung in dankenswerter Weise
zur Verfügung stellte, zeigen natürlich noch nicht jene günstigen Verhältnisse, wie sie auf
Java herrschen. Die Durchschnittszahl der Kinder in jeder Familie ist nach meiner Berechnung:
W e s t -L o m b o k , Bezirk Ampenan Sasaker 2,5, Balier 2,1; Bezirk Gerung 1,5,
Tandjung 1,9 und Bajan 2,0.
M i t t e l -L o m b o k , Bezirk Kopang 2,6, Djonggat-Süd 2,4, Djonggat-Nord 3,4,
Praja 2,8, Batu-kliang 3,1.
O s t-L o m b o k , Bezirk Rarang 2,8, Masbagik 3,2, Pringabaja 3,9 und Sakra 3,7;
bei den Mandaresen 1,5 und den Budas 1,6.
Nach dieser Zusammenstellung haben Ost-Lombok, besonders die Bezirke Pringabaja
und Sakra die meisten Kinder, West-Lombok die wenigsten.
Von der männlichen Bevölkerung erreichen das 50. Lebensjahr etwa nur 2,2 °/o m
Ost-Lombok, nämlich: 3,9 °/o in Pringabaja, 2,2 »/o in Rarang, 1,6 »/o in Sakra und 1,4 Masbagik,
dann in West-Lombok 1,7 »/»: in Gerung 4,7 °/o, Tandjung und Bajan 7,4 °/o, sowie schließlich
in Ost-Lombok 14,9 ° S nämlich: in Djonggat 14,7 °;o, Praja 15,2 »Ji^gKopang 13,8 °/o und
Batu-kliang 14,5 “/o- Diese Ziffern lehren, daß im mittleren Teile des Landes nicht nur die
günstigsten Lebensbedingungen herrschen, sondern sogar ein recht guter Gesundheitszustand
vorhanden ist, während der Bezirk Gerung in West-Lombok ein sehr gefährliches Krank-
heitsgebiet darstellt.
Jedenfalls dürfte die größere Sterblichkeit in den Küstengebieten den schlechteren
klimatischen und sanitären Verhältnissen zuzuschreiben sein. Der Bezirk Gerung hat die
kleinste Kinderzahl, und gerade hier ist der ungesundeste Teil der Insel, vor allem in der
U m g e b u n g der Labuan-Tring-Bucht und in dem unfruchtbaren südlichen Berglande. Fieber
und Dysenterie sind am häufigsten im Westen, Cholera im stark bevölkerten Osten. Auch
der Gegensatz in der Größe der Familien zwischen der Nord- und Süd-Seite des Gebirges
läßt sich durch die Lage zur Küste erklären; denn in den Bezirken Ampenan, Djonggat
und Kopang sind die Lebensbedingungen weit günstigere, als in Tandjung und Bajan.
Dasselbe Verhältnis zeigen auch die Ziffern von Djonggat-Nord und Süd; das eine ist ein
gesundes Hügelland im Innern, das andere ein unfruchtbares, trockenes Bergland nahe der
Süd-Küste.
Die Bevölkerung Lomboks setzt sich nach der Zählung von 1905 aus 350000 Sasakern,
21 000 Baliern, an den Küsten etwa 11 000 Bugis, Mandaresen, Maduresen, Badjos, Endehnesen
und Sumbawanen, sowie aus kaum 1600 Budas*) zusammen und ist in Mittel-Lombok nur
etwa halb^so stark als im Osten und Westen der Insel. Die Balier bewohnen West-Lombok,
wo sie 1,7 o/o der Einwohnerschaft und Mittel-Lombok, wo sie 0,4 °/o, und zwar vor allem
im Bezirke Djonggat (0,6 °/o) ausmachen, und es besteht zwischen ihnen und den rem sasakschen
Gebieten keine scharfe Grenze. Der männliche Teil West-Lomboks umfaßt 50,39 °/o, der
weibliche 49,7 °/o der Bevölkerung, der Ost-Lomboks 52,8 °/o und 47,2 °/o und Mittel-Lomboks
48,6°/o und 51,4P/pv Im Bezirke Pringabaja überwiegen die Männer: 61,7°/o gegenüber 38,3°/o,
ebenso in Gerung 53,9 °/o gegenüber 46,1 °/o und in Ampenan umgekehrt die Frauen: 51,2 °/o
gegenüber 48,8 » S u n d Sacra 51,7 % gegenüber 48,3 "/o. Trotzdem beide Geschlechter im
Großen und Ganzen in gleicher Anzahl vorhanden sind, ist doch ein verhältnismäßig
bedeutender Teil unverheiratet: in Mittel-Lombok 43,9 °/o und verwitwet oder geschieden 1,3 °/o,
*) n. Van Eerde: a. a. O. S. 2—3.