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 Pflanzen  auftreten,  die  uns  an  Europa  erinnern.  Schon  im  Flachland  fällt  der  Kosmopolit,  
 unsere  gemeine  Zaunrebe,  auf.  Später  erscheinen  Schneeballsträucher,  Cornelkirschen,  
 Brombeersträucher  und  andere  Rosaceen  (Photinia),  sowie  Ranunkeln,  Lobelien  und  
 Kreuzkraut  (Polygala). 
 Auf  dem  R e n d a n g   T e n g e n g e ä ,   auch  TengengiÖ,  1530  m  ü.  M.,  bis  wohin  wir  
 zu  Pferd  hatten  kommen  können,  schlugen  wir  unser  Lager  auf.  Kaum  war  in  einer  
 Schlucht,  wo  man  ein mit  Gras bedecktes  Dach  für  unsere  Leute  errichtet  hatte,  das 
 Zelt  aufgestellt,  als  ein mächtiger Regen  einsetzte  und wir  uns  beeilen  mußten,  zur  Ableitung  
 des  Wassers  Gräben  zu  ziehen.  Gründler  rückte  mit  seinem  Zelt  50  m  höher  auf  
 den  Rendang-Rücken,  da  in  der  engen  Schlucht  kein  weiterer  Platz  war. 
 Eine  prächtige Quelle  brach  aus  einem  Felsen  hervor  und  bildete  einen  von  Lebermoosen  
 umrahmten  Trog,  in  dem  sich  eine  Reihe  an  Europa  erinnernder  Wasserkäfer,  
 z.  B.  der  große  Gelbrand  (Cybister), und  viele  kleine  buntfleckige  Schwimmkäfer  und  kohlschwarze  
 Tümmler  (Platynecles,  Rhantus)  herumtrieben. 
 Trotz  des  Regens  wurden  hier  viele  interessante  Baumzweige,  weiße  und  blaublühende  
 Orchideen,  sowie  bunte Blattpflanzen  gesammelt,  wie  man  sie jn  Europa  in Gewächshäusern  
 sieht  (Begonien,  Caladien  u.  a.). 
 Am  nächsten  Tage  setzten  wir  nach  Aufhören  des Regens  um  halb  9  Uhr  morgens  
 unseren  Weg  über  die Rendangs fort.  Noch  einmal  überschritten  wir  einen  Fluß,  den 
 Tangkok-nüra,  in  dem  der  glattgewaschene  Fels, ein  grobkörniger  Andesit,  zutage  tritt. 
 Da  die  Steilwand  nicht  zu  erklimmen  war,  mußten  wir  ein  Stück  flußaufwärts  wandern,  
 wobei  ich  Gelegenheit  halte,  einige  schöne wasserliebende Moose  mit  Früchten,  z.  B.  das  auf  
 unseren Mooren so häufige Äpfelchenmoos(7>0/w£//ß>), auch Wetterprophet genannt, zu sammeln. 
 Mit  ungefähr  1400  m  verschwinden  allmählich  die  charakteristischen  tropischen  
 Waldbäume.  Ein  Wallnußgewächs  (Engelhardtia),  das  mit  seinen  geflügelten  Fruchtzapfen  
 an  unsere  Hainbuche  erinnert,  wird  häufig  und  erreicht  in  der  kühlen  Gewächszone  seine  
 größte  Verbreitung,  während  es  noch  höher,  in  der  kalten  Region,  zu  Krüppelbüschen  zu-  
 sammenschrumpff.  Von  hier  ab  aber  mischt  sich  schon  unter  den  Laubwald  die  
 Berg-Casuarine (Casuarina montana Miq. var. tenuior),  die  von  etwa  1550  m  ab  dem  Gelände  
 seinen  eigenartigen  Charakter  verleiht.  Im  Aussehen  schließt  sich  dieser  Baum  an  unsere  
 Lärche  an  und  erinnert  im  Laub  an  unsere  Weimuts-Kiefer,  nur,  daß  die  Nadeln  zarter  
 und  aus  vielen  Gliederchen  zusammengesetzt  sind.  Von  Ost-Java  bis  Neu-Guinea  verleiht  
 dieser  Baum  der  Gebirgslandschaft  seinen  eigenartigen,  den  europäischen  Tannenwäldern  
 entsprechenden  Reiz.*)  Auch  am  Meeresstrand  dieser  Gebiete  kommt  eine  andere  Art  
 Casuarine  (Casuarina  longissima)  mit  langen,  fadenförmigen  Blättern  vor,  die  jedoch  
 ebensowenig  die  Berge  hinaufsteigt,  als  die  Berg-Casuarine  weiter  als  1400 m  hinuntergeht. 
 An  Stelle  der  buntblumigen  Orchideen  treten  nunmehr  unscheinbare,  kleinblätterige,  
 grün-  und gelblich blühende Arten. Dickblätterige Kletterpflanzen fCrassulaceen und Peperomia)  
 umklammern  die  immer  kleiner  und  knorriger  werdenden  Laubbäume.  Auf  den  Triften  
 und  im  Casuarinenwald  nehmen  die  Krautpflanzen  immer  größere  Flächen  e in :  Gelb 
 *)  Wegen  ihres  Habitus  verwende  ich  im  Folgenden  für  Casuarine  die  Bezeichnung  „Tanne“,  
 resp.  „Nadelholz“,  obwohl  dieser  Baum  zur  Familie  der  Amentaceen  gehört  und  seine  nadelähnlichen  
 Blätter  nur  aus  Schuppen  bestehen. 
 blühende Senecio  mit  graufilzigen  Blättern,  Johanniskräuter  mit  leuchtenden  gelben  Blüten,  
 eine Hundszunge,  Sternmieren,  eine  gelbblühende  Erdbeere.  Von  etwa  1400 m  an  trifft man  
 die  Charakterpflanzen  dieser  Region,  die  den  Ericaceen  angehörigen  Heidelbeergewächse  
 (Vaccinium  lucidum  Miq.  und  V.  Teysmannia  Miq.). 
 Auf  dem  unteren  Sockel  des  R e n d a n g   P a n g u n g ä n   in  1775  m  ü.  M.  wurde  
 eine  kleine  Rast  gemacht,  vor  allen  Dingen,  um  die  Ankunft  der Wasserträger  zu  erwarten,  
 die  am  Tangkok-nüra  die  Wassersäcke  zur  Bergbesteigung  füllten. 
 Diese  Gebirgsstufe  gewährte  einen  Blick  von  der  Rindjani-Spitze  bis  zum  Meere.  
 Ein  im  allgemeinen  zwei-,  stellenweise  dreifach  geteiltes  Talsystem  sahen  wir  unter  
 uns.  In  ca.  1600  m  ü.  M.  laufen  die  beiden  Haupthügelrippen  des  Tengengeä  und  
 Pangungän  zusammen.  Die  zum  Pangungän  ziehenden  vier  Parallelrücken  erheben  
 sich  paarweise  vom  Tangkok-nüra  aus  terrassenförmig.  Nach  aufwärts  geht  der Pangungän  
 in  den  Psugulän-Rücken  über  und  endet  in  der  Plawangän-Kuppe,  die  wie  ein  hoher  
 Torwächter  vor  dem  Barranco-Tal  des  geöffneten  Kraterringes  steht,  östlich  in  der  Ferne  
 sieht  man  den  Prigi  (Pargasinän,  Pargasingan)  und  andere  Teile  der  Sembálun-Berge. 
 Die  anfängliche  Bodenneigung  von  12—16°  beträgt  von  Pangungän  bis  Psugulän  
 meistens  22—24°. 
 Als  wir  den  oberen  Pangungän-Rendang  bei  ca.  1940  m  erreicht  hatten,  trat  undurchdringlicher  
 Nebel  auf,  und  als  danach  Regen  einsetzte  und  unseren  Pfad  in  kurzer Zeit  in  
 einen  Gießbach  umwandelte,  war es  nicht  einmal  durch  Pfeifen mehr möglich,  unsere Kolonne  
 zusammen  zu  halten.  Die  Träger  rutschten  beständig  aus,  Gepäckstücke  rollten  wieder  
 hinunter,  sodaß  viele  Leute  sich  weigerten,  weiter  zu  gehen.  Gründler,  der  sich  in  der  
 Nachhut  befand,  hatte  daher  große  Arbeit.  Vergeblich  war  sein Versuch,  uns  durch  Pfeifen  
 zu  verständigen,  daß  die  Karawane  liegen  geblieben  sei. 
 So  gelangten  meine  Frau  und  ich  mit  dem  Pamanku  an  der  Spitze  bereits  um  
 1  Uhr  oben  auf  Psugulän  (2366  m  ü.  M.)  an.  Unser  Ziel  war  eigentlich  Plawangän,  
 wo  Unterkunftshütten  gebaut  waren.  Schon  eine  Stunde  vorher  meinte  der  Pamanku,  
 wir  müßten  kurz  vor  Plawangän  sein,  da  der  Nebel  jede  Orientierung  unmöglich  machte  
 und  der  zurückgelegte  Weg  infolge  der  Schlüpfrigkeit  des  Bodens  länger  erschien. 
 Glücklicherweise  hörte  der  Regen  bald  nach  unserer  Ankunft  auf  Psugulän  auf,  
 doch  in  den  durchnäßten  Kleidern  zitterten  wir  vor  Frost,  trotz  der  —|—  130  C.  In  dieser  
 Not  —  denn  unsere  Streichhölzer  waren  naß  —  kam  unser  heiliger  Geist  uns  dadurch  zu  
 Hilfe,  daß  er  mit  vieler  Mühe  ein  Stück  trockener  Baumrinde  mit  seinem  Feuerstahl  in  
 Brand  setzte.  Seiner  Kunst  gelang  es  schließlich,  ein  Feuerchen  zu  unterhalten,  um  das  
 wir  drei  dicht  aneinandergedrängt  hockten.  Als  glücklich  um  drei Uhr  die  ersten  Gestalten  
 aus  dem  Nebel  auftauchten,  wurde  unsere  Hoffnung  schnell  getrübt,  da  man  nur  Zeltpflöcke, 
   einige  Kisten  zoologischer Utensilien  und  zwei Kisten  mit  Dynamit,  das  zum  Fischeschießen  
 mitgenommen  war,  vor  uns  niedersetzte.  Schließlich  waren  die  Zeitstücke  alle  
 da,  doch  erst  gegen  fünf  Uhr  war  die  Karawane  wieder  vollzählig. 
 Lange  bevor  die  Küche  erschien,  tauchte  aber  die  Kognakkiste  auf,  die  ein  edles  
 Vereinsmitglied  in  kluger  Voraussicht  einer  solchen  Situation  gestiftet  hatte.  Trotzdem  die  
 Werkzeuge  noch fehlten,  waren Kiste  und  Flasche  schnell  geöffnet,  und  neuer Mut  floß  durch  
 unsere  Adern. 
 Als  dann  unser Zelt  aufgestellt  war,  wurde  die  sogenannte  Gebirgskiste  ausgepackt  
 und  die  warmen  europäischen  Anzüge  und  Schlafdecken  an  unsere  Leute  verteilt.  Da  aus