blieben wir au! derselben Stelle, und die sengenden Sonnenstrahlen stachen uns wie glühende
Nadeln. Meine Leute lagen wie tot auf Deck hingestreckt, und nur mein angelnder Kapitän
erwachte von Zeit zu Zeit, wenn ein Fischlein an der Leine zog. Erst gegen Abend sah
man in der Ferne den Seespiegel sich verdunkeln, also Winde aultreten, die uns aber nicht
erreichten. Kurz vor Sonnenuntergang endlich erlöste uns eine SO-Brise und führte uns
in die Bucht von Tompäno auf butonscher Seite.
Solche, dem Seefahrer unliebsame W in d v e rh ä ltn is s e , sind während der Trockenzeit
häufig. Für gewöhnlich weht in diesem Gebiete während des Ost-Monsuns von Juli bis
Oktober des Morgens etwa von 10 Uhr an ein mehr oder wenig starker SO. Der Juli und
August, die in anderen Gegenden häufige Unwetter und Regenböen aufweisen, zeichnen
sich hier durch besondere Klarheit der Luit aus. Mit dem Abflauen der O-Winde von
Anfang September herrschen in der Buton-Straße viel Dunst und Nebel. Von Ende September
und im Oktober tritt im nördlichen Teile Strichregen auf, während zur selben Zeit im südlichen
Schönwetter sein soll. Nach dem Segelhandbuch*) wechselt der Wind ab von NO
bis SO, wahrscheinlich von N über 0 bis S und nimmt in seiner Stärke von Juni bis
September merkbar ab. Als auffallend beobachtete ich, daß bereits von Mitte September
ab bis Anfang Oktober W-Winde im südöstlichen Celebes wehen, während im Rest des
Oktober wieder der SO vorherrscht, Verhältnisse, über welche später im meteorologischen
Kapitel Weiteres berichtet werden soll.
Eine besondere Eigentümlichkeit von Südost-Celebes und den östlich davon liegenden
Inseln scheint zu sein, daß nicht nur eine Trocken- und Regenzeit, sondern deren zwei,
je eine längere und kürzere Periode, vorhanden sind. Sogar zwischen den nördlichen und
südlichen Teilen von Buton und Muna besteht noch ein gewisser Unterschied. Im südlichen
Gebiet dauert die Trockenzeit etwa von Mai bis Oktober, im nördlichen von Ende Juni oder
Anfang August bis Oktober oder Anfang November. Vom Mah bis Juli sowohl wie vom
November bis Januar ist Regenzeit, mit welcher also jeder Monsun anfängt, worauf in einem
Falle besonders starke Trockenheit und im anderen sehr heftige Niederschläge folgen.
Mittlerweile war unser Schiff auf den Korallenriffen in der Nord-Ecke der Bucht
von T om p ä n o vor Anker gegangen. Da ich die Soldaten auf dem Landwege mit Gründler
von Raha nach Lombai geschickt hatte, waren wir in dieser nicht ganz ungefährlichen
Gegend schutzlos. Besonders Mäsila traute der Situation durchaus nicht und wachte die
ganze Nacht, eine Zigarette nach der anderen rauchend. Indes, alles blieb ruhig, und am
anderen Morgen besuchte ich die lange, schmale Halbinsel, welche gegenüber Labora tief
in die Buton-Straße hineingreift. Es war wieder Ebbe, und wir mußten die senkrecht abfallenden
Korallenkalkwände an herunterhängenden Luftwurzeln von Feigenbäumen erklettern.
Hier liegt R o d a , einige Hütten und Gärten von Munanesen, die sich mit Töpferei beschäftigen.
Sie gerieten bei unserem plötzlichen Auftauchen in solche Angst, daß sie uns sofort
Hühner als Gastgeschenk überreichten und sich standhaft weigerten, Bezahlung anzunehmen.
Mit einem Geldgeschenk für die Kinder brachten wir die Sache in Ordnung. In der Bucht
herrscht zu bestimmten Zeiten ein reges Leben. Die Leute der Umgegend bringen ihre
Erzeugnisse auf den Markt von Tompäno, und nicht geringe Mengen vom Rohr der Rottan-
Palme sollen hier verkauft werden. In dem bergigen Hinterlande finden sich nämlich ausgedehnte
Monsunwälder mit diesen Kletterpalmen, während in den flachen Küstenstrichen,
vor allem der genannten Halbinsel, Djattiholz vörkommt.
*) Zeemansgids-v. d. O. Indie. Arch. Dl. IV 1906, Ministerie van Marine, blz. 216.
Auf unserer Weiterfahrt nach Süden besuchten wir das idyllisch gelegene Dörfchen
Kambolosüa. Hoch über dem Meere auf einer Terrasse (No. 4) liegen unter Palmen und
Kapokbäumen große Holzbauten, die den Wohlstand der Bewohner kennzeichnen. Die
Steilufer bestehen auch hier aus jungem Korallenkalk über altem, tertiärem, sich oft in große
Blöcke auflösendem kreidigen Kalkstein. Von der Höhe aus hat man ein prächtiges Bild.
Geschweifte Buchten greifen weit ins Land, und spitze, helleuchtende Vorgebirge treten in
das tiefblaue Meer hinaus, von einem milchig-lauchgrünen Streifen umsäumt, den die losgeschwemmte
Kreide verursacht. Der schneeweiße Fels kontrastiert lebhaft mit dem Rot
der Erde, dem Gelb der Maisfelder und dem Dunkelgrün der die Berge ringsum krönenden
Buschwälder. Die Gegend macht einen Eindruck wie Rügens und Moens stimmungsvolle
Steilküsten in der Ostsee. Nirgendwo aber auf den Hügeln befindet, sich eine Quelle, und
die Menschen sind gezwungen, unten vom Strand das aus den Nischen der Kreidefelsen
und den Ritzen des Korallenkalkes heraussickernde Wasser äufzufangen.
Auch an diesem Tage brachte erst der Abend wieder eine kräftige Brise, mit der
wir in schneller Fahrt über die zu einem weiten’Busen sich öffnende Straße nach L om b a i
im südlichen Muna gelangten. Hier hatten wir Glück, denn am anderen Morgen war Markttag.
Unser Erscheinen rief jedoch eine große Panik hervor. Hunderte dieser kleinen, krausköpfigen
Menschen stürzten, ihre Waren zurücklassend, blindlings ins Meer und flohen
aüf ihre Boote. : Lange Zeit hatte unser, Dolmetscher und die Dorfhäupter nötig, die Leute
zu beruhigen und zur Rückkehr zu bewegen. Nach stundenlangem Warten konnte der
Markt erst seinen Fortgang nehmen, und wir lohnten das in uns gesetzte Vertrauen durch
reichlichen Ankauf von Waren. Und als ich dann ein paar alten Weibern ihren schmutzigen
Haarkamm durch ein neues Silberstück austauschte, verzog sich sogar ihr breites,
rundliches Plattnasengesicht zu freundlichem Grinsen. Mein Koch versah unseren Haushalt
wieder mit neuen Früchten, und zu Mittag gab es süßes Ubi-Kartoffelpüree und Gurkensalat.
Außer munanesischen Geweben, Flechtwerken und Töpfen sah man hier mehr noch wie
.in Mittel-Muna Schmuckgegenstände aus Buton.
Gegen Mittag erschienen Gründler und die Soldaten, die 4 Tage für den etwa
55 km langen Weg von Raha bis Lombai gebraucht hatten. Alle waren von der Anstrengung
und dem Wassermangel sehr erschöpft' und klagten über ihre wunden Füße. Auf dem
ganzen Wege hatten sie nur an einigen Punkten Ansiedelungen mit Menschen gefunden,
z. B. in Lahontöhe, wo der frühere Fürst des Landes in einer kümmerlichen Hütte wohnt,
ln der alten Residenzstadt Muna stand nur ein verfallener Holzbau vom alten Königshause
und eine eingestürzte Moschee.
ln Lombai wohnten wir in einem großen, kühlen Soldatenbiwak am Strande, doch
viel Ruhe-war uns darin nicht vergönnt. Ein geheimnisvolles scharfes Knistern störte uns
des Abends. Tausende von kleinen Einsiedlerkrebsen kletterten nämlich in den Blätterwänden
und am Moskitonetze empor und machten sich in unserem Bette unangenehm
bemerkbar. Unser Bemühen, sie immer wieder hinauszubefördern, gaben wir schließlich
auf und ließen uns von den harmlosen Tierchen ruhig in den Schlaf krabbeln.
Lombai ist das größte und S chönste aller Muna-Dörfer. Seine Häuser liegen wie
in einem großen Garten inmitten zierlicher Melonenbäume mit großem, palmenähnlichem
Blätterschopfe, und auf dieser Korallensandebene, die das angeschwemmte Endstück einer
tiefen Bucht darstellt, gedeihen alle Feldfrüchte. Aber noch nicht lange wird dieser Platz
bewohnt, früher war die Bevölkerung auf dem Kembar-Kap an der Südost-Spitze des
Busens ansässig und zeitweilig auch auf der gegenüberliegenden Insel (Pulu) Pandjang. Nach