Weiter wird aus Südwest-Celebes von der heutigen Tempe-Senke das Gleiche berichtet
(Bd. I, S. 253) und hinzugefügt: „Dieser Transgression des Meeres gehören auch
die zahllosen Meermollusken an, welche die Strandhügel des Meeres bis zu 100 m und
mehr Höhe besäen.“ B Ausgedehnte junge Lehmterrassen, erfüllt mit Schalen lebender
Mollusken, fand ich an der Ost-Küste der Mengkoka-Bai. Die unteren Stufen sind vollständig
eben, während die oberen bis etwa 75 m in unregelmäßigen Streifen hervortreten. Die
Sarasins erwähnen (Bd. 1, S. 338) aus dieser Gegend noch rezent aussehende Molluskenschalen
bei 50 m ü. M. und schreiben ihre Bildung einer pleistozänen Transgression zu.
Besonders auffallend sind die Abrasionsterrassen des pleistozänen Meeres, welche
die mehrfach genannten Autoren in der Gegend von Maros nördlich Makassar im Südwest-
Zipfel der Insel fanden und in prächtigen Abbildungen auf Tafel II ihres großen Werkes:
„Geographisch-Geologische Beschreibung der Insel Celebes“ (Wiesbaden 1901, S. 242—243)
wiedergeben. Auf der Ebene bei Leang-ldang stehen pilzartig geformte Gebilde ams Kalkstein,
Pyramiden und Platten, sogenannte Abrasionstische, in ca. 30 m ü. M. Auch an der
Ost-Küste dieser Halbinsel am Tiro-Kap wurde von den Sarasins eine Strandlinie in 30 m
Meereshöhe nachgewiesen.
Derartige Strandlinien beobachtete ich mehrfach an den Steilufern von Süd-Rumbia
und später bei der Fahrt von Koläka nach der Insel Kabaena, deren höchsten bei ca. 125 und
bei 135—140 m (Duälo, in der Nähe der Mündung des Towari-und Poleang-Flusses) liegen.
Die angeführten Beispiele sprechen also sämtlich für eine f r ühe r e , e twa d i l u vi
al e T r a n s g r e s s i o n d e s M e er e s bi s ca. 140 m ü. M. und ein periodisches Aufsteigen
der Küste von Celebes. Dieselbe Erscheinung erwähnte ich früher von Lombok, Bali
und Java (s. S. 120), und wir werden sie später ähnlich auf der Insel Sumbawa wiederfinden.
Kopfjägerei, Kultus und Ehegebräuche.
Die Kopijägerei ist .eine im indo-australischen Archipel weit verbreitete Sitte, über
welche sich zwei religiöse Auffassungen gegenüberstehen: Bei den meisten Völkern, z. B.
den Dajakern, Alfuren, Halmaheras und Cerams, sowie den Mentawaiern*) hat der Jüngling
vor Eingehung einer Ehe den Kopf eines lebenden Menschen zu erbeuten, damit die Seele
dieses Gemordeten ein Schutzgeist für seine neue Familie werde. Andere Stämme jedoch,
besonders auf Celebes, wollen auf diese Weise vor allem die Verstorbenen durch ein Opfer
verehren, damit dieselben sich durch den Besitz des Schädels die Seele des Geköpften
dienstbar machen können.
Die letzte Vorstellung findet sich auch bei den Bewohnern des bekannteren Teiles
von Südost-Gelebes, von Laiwui (Kendari), über welche Matthes bereits 1872 berichtet.
Die Sarasins**) bezeichnen den im Gebiete der Ost-Küste dieser Halbinsel wohnenden Stamm
der Tololaki sogar als eine Kriegerkaste, welche selbst im Aufträge anderer Kopfjäger,
z. B. der früher schon genannten Tokea, die Menschenjagd betreibt.
In Ru mb i a war es für uns, wie immer bei der Erforschung religiöser Dinge, sehr
schwer, über die Kopfjägerei (moala räp a ,f= holen eines Kopfes) einwandsfreie Angaben
zu erhalten. Die Maronene fürchteten, wie es schien, vor allem die Soldaten. Später
aber, und zwar zuletzt in Wambaköwu, gelang es mir, mich mit einigen Häuptern anzu-
*) s. Weiteres bei Wilken: „Het aninisme“ a. a. O.
**) Reisen in Celebes, Bd. I, S. 374—75.
freunden, indem ich ihnen gegenüber die Kopfjagd auch für etwas ganz Selbstverständliches
hinstellte. Ein guter Einfall Gründlers mag wohl den ersten Anstoß gegeben haben, die
Verschlossenheit der Leute zu brechen. Als die Maronene ihn einmal bei der Aufnahme
der Inklination antrafen, fragten sie in ihrem bekannten
Wissensdrang nach der Bedeutung des auffallenden
Apparates und erhielten folgende Erklärung: „Mit
diesem Ding kann man feststellen, wer von Euch
schon Köpfe gejagt hat, und wie viele; tritt ein
Kopfjäger mit seinem Haumesser in der Hand nahe
heran, so bewegt sich die Nadel (d. i. der Magnet)
unruhig hin und her, was mir anzeigt, daß er schon
viele Köpfe erbeutet hat.“ Ein Häuptling aus sder
Gegend von La Rongkeo beschaute sich ungläubig
das Instrument, und zu seinem großen Entsetzen
schlug die Nadel, von seinem Haumesser angezogen,
aus. Schließlich bereitete es den Leuten viel Vergnügen,
sich ihre Taten durch den Geist des In-
klinatoriums bestätigen zu lassen.
Der Häuptling, welcher uns bis Wambaköwu
begleitete, machte jetzt keinen Hehl mehr aus seinen
Jagdzügen und erzählte mir stolz, daß er schon
6 Köpfe heimgebracht hätte. Ihm verdanke ich vor
allem eine Darstellung der Gebräuche bei der Kopfjägerei,
welche die mir von anderen Maronene früher
gemachten Angaben in Liano, Puubi, La Rongkeo
und Poleang bestätigen und vervollständigen.
Zieht der Maronene zur Menschenjagd aus, so
steckt er wohlverwahrt in seiner K o p f j ä g e r r
ü s t u n g , bestehend aus einer ärmellosen Panzerjacke
(paräka), die aus den widerstandsfähigen Bastfasern
eines Baumes (Gnetum Gnemon L.) gefertigt
ist. Sie ist im Nacken und auf der Schulter mit
Schutzklappen versehen und gelegentlich mit aus-
gefranzten Büffelfellstreifen benäht, welche schuppenartig
übereinander greifen (s. S. 132). Diese Formen
beschreiben auch die Sarasins*) von den Toradjas
am Towuti-See im nördlichen Teil von Südost-Celebes.
Unter einem solchen Schuppenpanzer hat der Maronene
eine Baumrindenjacke (parewa, Poleang dupa, Mengkoka
kinäwo), sowie einen Schamschurz und auf dem
Kopfe über einem hellfarbigen Rindentuch (kambamba, Fi«- v o l l s t ä n d i g e A u s r ü s tu n g e in e s K o p i-
. _ j ä g e r s v o n R u m b ia : E in S c b u p p e n p a n z e r ü b e r mengk.: lowam) einen aus Rottan geflochtenen Helm e in e r B a u m r in d e n j a c k e u n d S c h am s c h u r z , H e lm
(gälu), gelegentlich mit einem Fellüberzug, am liebsten ” il T h u T Ä
vom Anoa-Büffel, mit herunterhängenden Lappen am
Rand, ln der Hand oder an einem Strick über der Schulter trägt er den hölzernen Schild
*) „Reisen in Celebes“ Bd. I, S. 319.