graphischen Landesaufnahme. Als Ausgangspunkt unserer zweiten Messung diente die
Meereshöhe des alten Pasanggrahan von Sembälun-Bumbung (1182 m ü. M.) Somit wäre
der Rindjani nach dem 3805 m hohen Korintji-Berge Sumatras der höchste Vulkan des
Archipels.*)
II. Ost-Lombok.
Auf dem Südabhange der Sembälun-Berge. Charaktereigenschaften der Sasaker. Dorfbilder. Streifzüge
im südöstlichen Küstengebiet. Im Rindjani-Krater. Meteorologische Beobachtungen auf dem Rindjani.
Äuf dem Südabhange der Sembälun-Berge.
Am 2. Juni schickte ich unter Leitung unseres Tuan Abdurrachman das Hauptgepäck
voraus zum Pussuk, dem 1635 m hohen Paß in den südlichen Sembälun-Bergen.
Die Präparatoren bekamen den Auftrag, hier Tiere und Pflanzen zu sammeln. Zwei Tage
später begaben meine Frau und ich uns mit dem Rest des Gepäckes dorthin.
Der Pussuk-Paß ist die einzige Straße, die den Osten Lomboks mit der Sembälun-
Ebene verbindet. Bei den Kriegen der Sasaker mit den Baliern hat er eine bedeutende
Rolle gespielt. Ein tiefer Hohlweg geht durch den Kamm des Berges; er wurde im Kriege
mit den Baliern verbarrikadiert, und dem Feinde gelang es nicht, in den schwer zugänglichen
Kessel einzudringen. Von diesem verbarrikadierten Hohlwege hat das Sembälun-Dorf
Bumbung seinen Namen, da dieses Wort soviel bedeutet als ein einseitig geschlossenes
Bambusrohr, wie es zum Wassertragen benutzt wird. Außer der Festung auf diesem Paß soll
noch eine zweite, Plawangän, die Eingangspforte genannt, an der Nordöffnung des Sembälun-
Kessels gestanden haben. Heute liegt an dieser Stelle Lawang, was so viel wie Tor bedeutet.
Zur Zeit der Kriege der Könige von Sel£parang (der ursprüngliche Name für
Lombok, das seine heutige Bezeichnung höchst wahrscheinlich von der ostindischen Kompagnie
erhielt, welche die untergegangene alte Handelsstadt Lombok an der Nordost-Küste besuchte)
mit den balischen Königen von Karang-assem nahmen die geschlagenen Großen von Lombok
ihre Zuflucht zu der Sembälun-Ebene. Fast drei Monate soll der bälische Fürst vergeblich
versucht haben, dort einzudringen. In der eroberten lombokschen Festung, früher
der Hauptmarktort für Ost-Lombok, Tanten, dessen Überreste heute noch im Sapit-Tale am
Fuße des Pussuk in ungefähr 1100 m Meereshöhe zu sehen sind, feierten die Bali-Könige
glänzende Feste, um die sasakschen Großen anzulocken und für sich zu gewinnen.
In tagelangem Theaterspiel verherrlichten Jünglinge in Seidengewändern mit goldenem,
edelstein-geziertem Kopfschmuck die balischen Götter und die Heldentaten ihrer Väter;
*) Die im Gelände berechnete Zahl von 3605 Meter, übereinstimmend mit der „Siboga“, ging
durch veröffentlichte Tagebuchnotizen bereits in die Presse über (Petermanns Geogr. Mitteilungen 56.
1910, Heft 1, S. 23). Eine von Herrn Dr. van Bemmelen-Batavia und Dr. Linke-Frankfurt ausgeführte
Neuausrechnung meiner Messungen, von anderer barometrischer Grundlage aus, ergab 3795 m und
3791 m.
zahlreich waren die Tänzerinnen, die nach den weichen, schleppenden Melodien des Gamelang
ihre schlanken Leiber unter anmutigen Arm- und Fußbewegungen wiegten.
Die Sasak-Fürsten aber blieben standhaft und verboten von nun an ihrem Volke Tanz
und Wajang-Spiel. Noch heute halten die Sembäluner fest an diesem Verbote ihrer Vorfahren.
Wajang-Puppen und Xylophone findet' man nur als armselige Kinderspielzeuge.
Nach dem schließlichen Abzüge der Balier wurde Tänten zerstört. Damit aber
verschwand auch der große Handelsplatz, der Vermittler zwischen dem Norden und
dem Süden.
Kurz vor unserer Ankunft hatte der Kontrolleur von Selong diesen alten Weg verbessern
lassen, so daß jetzt dort eine Straße entstanden ist, auf der man bequem über den
Pussuk hinwegreiten kann. Die des Wegebaus unkundigen Sasaker haben sie jedoch an
verschiedenen Steilwänden so breit gemacht, daß sie in der nächsten Regenzeit abrutschen muß.
Taufrisch war der Morgen, an dem wir das Sembälun-Tal aufwärts zum Pussuk (zu
Deutsch: Sproß, Ausläufer) ritten. Anfangs war der Wald licht und wechselte mit Buschwildnissen
ab. Je mehr wir aber die westliche Steilwand emporklommen, desto dichter
wurde derselbe, und durch die hohen Baumkronen erblickten wir nur spärliche Sonnenflecke.
Hin und wieder fiel unser Blick in das tiefe Tal des Sembälun-Flusses, wo die
Vegetation eine Üppigkeit besitzt, wie wir sie auf dem Nordabhange des Rindjani nicht
gesehen haben. In Höhen über 1500 m lichtete sich der Schluchtenwald* und durch das
Tal hindurch sahen wir zu unseren Füßen die gewaltige Ebene mit ihren mächtigen Ringmauern.
Die wasserbedeckten Reisfelder glitzerten in der Sonne und erschienen wie ein
großer See, an dessen friedlichen Ufern die traulichen Sembälun-Dörfer liegen. Wir riefen
dem herrlichen Fleckchen Land, in dem wir unsere Körperfrische wieder erlangt hatten, ein
wehmütiges Lebewohl zu.
Schon von fern erblickten wir unser Zelt auf dem Paß. Bei unserer Ankunft hockt
Abdurrachman am Feuer und rührt kräftig in einem Kessel, in dem ein Huhn mit Knorr’schen
Trockengemüsen und frischen Sembälun-Kartoffeln brodelt, unser Mittagessen.
Da unser Aufenthalt auf dem Pussuk nur einen Tag dauern sollte, hatte der größere
Teil der Träger den Auftrag bekommen, sofort bis Dorf Sapit auf der Südseite des Berges
durchzugehen. Vielleicht hatten die Träger unterwegs ihre Lasten gewechselt, jedenfalls
waren die richtigen Leute, nicht aber das richtige Gepäck auf dem Pussuk geblieben.
Die leidige Dynamit-Kiste war wieder da, doch fehlte die ganze Küche. Abdurrachman
servierte also den Kochkessel mit zwei schnell geschnittenen Bambuslöffeln.
Während nun Regen und Nebel eintraten, erzählten uns unsere Präparatoren, daß
beide Tage vorher hier starker Sturm geherrscht habe und sie sehr gefroren hätten (Minimum
14°, Höhe 1635 m), weshalb das Zelt von ihnen mit einem dichten Zaun von Zweigen
umgeben und mit Gras bedeckt worden war.
Unsere Sammler waren sehr tätig gewesen, und ein großer Haufen mit Pflanzen
gefüllter Bambus-Pressen lag auf einem Gestell, unter dem Baumstämme glühten. Zum
ersten Male waren einige kleine bunte Loris (Trichoglossus mitchelli, G. R. Gray), grün
mit saturnroter Brust und gelbgrünem Halsbande, geschossen. Besonders reich war die
Ausbeute an Insekten.
Kurz vor Sonnenuntergang wird der Himmel klar und über einige Bergkämme
hinweg sehen wir die Spitze des Rindjani und seinen Krater, der sich in der Richtung auf
uns zu durch eine Schlucht zu öffnen scheint. Der Kraterring erreicht seinen höchsten