Schiffes und Bezähmer der Winde. Der Bug ist hoch, läuft manchmal in den Kopf der
Naga-Schlange aus oder trägt eine menschliche Figur und nicht selten Matrosen und
Steuermann als Besatzung. Einige dieser Boote gleichen alten Kriegsfahrzeugen, Galeeren
für viele Ruderer oder Prunkschiffen mit mehreren übereinander liegenden Decks. Mit
diesem Modell verbindet der Butonese die Idee, daß die Seele auch nach dem Tode dem
Seemannsberufe treu bleibt.
Die G r ä b e r bestehen aus etwa 1— m hohen Hügeln aus Korallenblöcken. An
Stelle derselben tritt in W a s u em b a jedoch, wie auf Wandji (S. 140) ein 4X4 m großer,
aus Kalk und Sand aufgemauerter Kasten (djin-ampu) (Taf. XXII, Fig. 2), da die Bodenkrume
in diesen Gebieten zu dünn ist, um die Leiche tief genug betten zu können. Wegen
der großen Kosten eines solchen Grabes werden mehrere Tote neben- und übereinander
beigesetzt, deren Gebeine infolge der Durchlässigkeit
des Seesandes, mit welchem die Löcher angefüllt sind,
schnell zerfallen. Nach der Bestattung stellt man hier
zuerst zwei Holzstämme aufs Grab, einen größeren ans
Kopfende und einen kleineren über den Leib und ersetzt
sie nach 40 Tagen durch die geschnitzten Holzpfeiler
oder auch durch Steinsäulen, Maijäsa watju genannt
(Tropfstein-Stalagmiten).
D ie V e r e h r u n g d e r S e e l e n (indjawa, sumanga)
d e r V e r s t o r b e n e n bildet auf Buton die Grundlage
der Religion, und selbst der rein muhamedanisehe Teil
der Bevölkerung im Westen und an einigen Küstenpunkten
hat sich von den alten Anschauungen noch nicht
frei gemacht. Die Gräber sind ihnen das Heiligste geblieben,
und Sirihpinang wie Weihrauch werden den Verstorbenen
noch immer dargebracht. Ganz besondere
Verehrung genießen die Seelen der Sultane; ihnen wird
sogar der alte hinduistische Göttertitel „Sangia“ beigelegt.
Über den Z e i tp u n k t d e r Ü b e r s i e d e lu n g d e r
Fig. 97. Grabdenkmal (Seelenwohnung) in S e e l e i n s G r a b hat man in den verschiedenen Dörfern
nicht die gleiche Auffassung. In W a s u em b a verbleibt
sie meistens noch drei Tage im Hause, begibt sich dann auf den Weg und muß vom 7. Tage
an (in anderen Orten vom 10. Tage) im Erdhügel ihren Autenthalt nehmen. Während der
Zeit des Umherwandeins kommt sie jeden Morgen bei Sonnenaufgang in das Sterbehaus
zurück, um es bei Sonnenuntergang wieder zu verlassen. Die Menschen sind dann bange,
ihr des Nachts zu begegnen.
In K a s öm b u (auch Kasumba) bei Limbo statten nach Ansicht der Bewohner die
S e e l e n den Angehörigen zu gewissen Zeiten einen B e s u c h ab, nämlich: 1. am muhame-
danischen Ramelani (im Jahre 1909 am 16. September), 2. am Muharami (oder Hari Raraia),
dem Neujahr (24. Januar), 3. im Sol Hadji (Sol = Monat) und 4. am Feste Radjäbu (1909 am
19. Juli). An diesen Tagen wird ihnen in einem großen Korb (kapopöre) Essen verabreicht,
zu welchem Zwecke der Bisa, Zauberpriester und Arzt des Dorfes, sie anruft,
von ihnen Segen und Gesundheit erbittet und schließlich an ihrer-Stelle das Opfermahl
verzehrt. In Wakahaü wohnt die Seele nicht ständig im Grabpfeiler, sondern kommt des
öfteren wieder ins Haus zurück, um unter dem Dachsparren ihre Mahlzeiten einzunehmen.
Beim Erntefest oder anderen besonderen Anlässen, wie Krankheiten von Familienmitgliedern,
werden ihr auf einem viereckigen Schemelchen (sariga, sängia), das unten und oben 4 Beine
hat und von beiden Seiten benutzt werden kann, Eßwaren angeboten. Dieses O p f e r s
t ü.hl c h e n ist für die verstorbenen Eltern größer als für Geschwister und Verwandte.
Es wird mit Mais, gekochtem Reis, sowie mit Eiern oder einem Huhn in einer Kokosnußschale
belegt und auf ein unter dem Dachfirst angebrachtes Brett in den vorderen Teil
des Hauses gestellt. Dem gleichen Zweck dient in Kasömbu ein Geschirr- oder Eßkorb
(Fig. 109).
Trotzdem man streng an diesen alten Anschauungen und Gebräuchen festhält,
zeigt sich doch schon an einigen Orten, z. B. Kasömbu, durch die Verlegung der Seelenfeste
auf muhamedanisehe Feiertage der islamitische Einfluß. Dieser tritt an einigen Küstenplätzen
auch noch besonders bei der B e s t a t t u n g hervor. In Wasuemba werden die
Leichen zuerst von der Familie gewaschen, dann vom Priester (Motji) noch einmal leicht
mit Wasser abgespült, in weißes Zeug gewickelt und meist schon am selben Tage beerdigt. —
Früher verwandte man nur selbstgewebte Tücher, heute auch schon dünne importierte
Stoffe (katji). — Reiche Leute bekleiden ihre Toten mit einem langen Rock und einem
Hüfttuch und umhüllen sie siebenfach. Nach der Aufbahrung vor der Haustür erhebt der
Motji betend seine Hände gen Himmel; worauf sofort die Beisetzung erfolgt. Im Grabe
liegt die Leiche auf dem Rücken; unter ihren Kopf wird ein Stein geschoben, damit das
Gesicht nach Westen gewandt ist. Nach der Aufschüttung des Seesandes streut man
Blumen auf den Hügel und spannt weiße Zeuglappen zwischen die aufgepflanzten Pfeiler.
Am 3., 7., 40. und 100. Tage nach dem Ableben finden die T o t e n f e s t e statt, an denen
tüchtig gegessen und getrunken wird, was den Männern die Hauptsache ist, während den
Frauen das Klagen überlassen bleibt. Die Angehörigen stellen an diesen Tagen eine Schale
Jampaka-Wasser auf das Grab und verbrennen hierbei Weihrauch, eine Zeremonie, welche
auch an der Jahreswende und im Sol Hadji (wahrscheinlich am 16. Oktober) vollzogen wird.
Daß der Islam selbst unweit des Sultanshofes von Boljo im Innern des südlichen
Buton noch keine tieferen Wurzeln geschlagen hat, geht aus der Geisterverehrung hervor.
Der G la u b e an G e i s t e r steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Seelenkult und
ist sicherlich zum Teil aus diesem hervorgegangen. D ie S e e l e n g e l t e n a ls S c h u t z g
e i s t e r d e r F am i l i e u n d d e s H a u s e s , u n d d i e j e n i g e n d e r V o r f a h r e n (deren
Lebenszeit oft garnicht weit zurückliegt) w e r d e n a l lm ä h l i c h z u B e s c h i rm e r n v o n
g r ö ß e r e n S ip p e n u n d v o n D ö r f e r n . Je mehr die Erinnerung an die Person des
Verstorbenen verschwindet, desto deutlicher tritt die Auffassung als Geist in den Vordergrund.
In einem derartigen Übergangsstadium steht ohne Frage ein Teil der auf Buton
verehrten Ahnen. Ihnen werden, wie auf Wandji (S. 139) kleine Häuschen zum gemeinsamen
Aufenthalte (Fig. 98) errichtet, welche ebenfalls Sangia (oder auch Banuäna sangia
und Banu-banüa) genannt werden. Sie stehen im Dorfe meist unmittelbar neben den
Wohnungen und Gräbern, z. B. in Komböli, Kongkeongkda u. a. Mit ihrer Verlegung in
benachbarte Wälder und auf Hügel, wie auf den Kakömbo-Berg bei Lipumangaü, Lepand^wa
bei Kongkeongk^a, sowie bei Wakahaü und Limbo verschwindet die Vorstellung von Seelen,
und der Geisterglaube tritt an ihre Stelle. Gleichzeitig schrumpft das Seelenhäuschen zu
einem einfachen Dach auf Pfählen zusammen. Sowohl die Ahnenseelen, die man außer
mit dem Namen Indjawa (Seele) auch mit Djin oder Dini (Geist) belegt, als auch die
Geister erhalten bei allen größeren Festen, besonders nach der Ernte und bei Beginn der
Regenzeit wie die Verstorbenen ihre Opfergaben.