Die ganze Nacht hindurch regnete es, ebenso am Morgen, sodaß ich, um doch
etwas zu tun, aus den umliegenden Buda-Dörfern die Oberhäupter und Priester kommen
ließ, um sie auszufragen. Die photographischen Aufnahmen mußte ich an diesem Tage auf
etwas ungewöhnliche Weise machen, indem ich nämlich die Menschen unter dem schützenden
Dach eines Hauses und den Apparat unter dem eines gegenüberliegenden aufstellte. Als der
Regen endlich aufgehört hatte, besuchte ich die Buda-Gemeinden von Pänäsan (Fig 70). Sie
machen ganz den Eindruck von Sasak-Dörfern, nur daß die zahlreichen Schweine den Schmutz
vergrößern, da sie die in besondere Gruben (lonkäk) zusammengetragenen Abfälle wieder
zerstreuen. Es ist zu bewundern, wie diese Tiere klettern können, und als wir die Wohnungen
nach ethnographischen Gegenständen durchstöberten, stießen wir überall auf sie.
A n th r o p o lo g is c h sind die Budas von den Sasakern, die einem ziemlich unver-
mischten indonesischen Volksstamm angehören, nicht zu unterscheiden. In Tandjung konnte
ich nur die Balier aus der
Menschenmenge herausfinden.
Erst, als ich die Budas in
ihren Dörfern beisammen sah,
fielen mir einige Leute mit
primitiveren Merkmalen unter
ihnen auf.
Diese Typen besitzen eine
stark vorgewölbte Stirn, die
den Männern etwas Frauenhaftes
gibt, eine Stumpfnase
mit breitem Rücken und tiefliegender
Wurzel, eine besonders
bei den Weibern stark
vortretende Mundpartie und
gelegentlich auch ein zurücktretendes Kinn. Solche Menschen mit den Kennzeichen einer
niederen Rasse finden sich am häufigsten unter den heidnischen Bewohnern des südlichen
Berglandes, von denen Tafel XIV typische Vertreter zeigt.
Die Budas dürften ohne Frage den Rest der Urbevölkerung Lomboks darstellen.
Sie unterscheiden sich in ihrer Körperlänge nicht von den Sasakern, nur sind mir in
Pänäsan-lau unter den Frauen neben vielen kleinen einzelne außergewöhnlich große aufgefallen
(Taf. XV, Fig. 2), welche aus einer Vermischung, vielleicht mit Bugis des Küstengebietes,
hervorgegangen sein dürften. Auch unter den Männern sah ich einige Mischlinge
mit stark vorgewölbter, aber oberhalb fliehender Stirn und senkrecht abfallendem Hinterhaupt.
Als Stammsitz geben die Budas das Bergland an und auch von den Sasakern,
welche jede Zugehörigkeit zu ihnen entrüstet zurückweisen, werden sie als Bergmenschen
bezeichnet. Sie nennen sich selbst „büda“. Man sagt von ihnen, daß sie in früheren
Zeiten „budäq“, Sklaven gewesen und heute „bödo“, d. i. dumm oder auch „büdak“ d. i.
hautkrank seien.*) Ob diese heidnische Bevölkerung Lomboks der hinduistischen Kaste der
Budah oder Buddha entstammt, ist wohl kaum mehr zu entscheiden. Die andere Bezeichnung
für diesen Volksstamm „bodha“ oder „bodah“, wie sie van Eerde**) und andere
*) Hautkranke sind mir unter ihnen nicht aufgefallen. D. Verf.
**) Anteekeningen over de Bodhas von Lombok. Mataram 1900. Sonderdruck S. 1—21.
holländische Beamte gebrauchen, ist nicht so allgemein bekannt und scheint vorwiegend
im südlichen Lombok üblich zu sein.
Wie mir meine Dolmetscher erklärt haben, soll das Wort „büda“ oder „böda“ soviel
bedeuten wie: „abgesondert Lebende“. Man muß daher annehmen, daß die Budas derjenige
Teil der Urbevölkerung sind, welcher sich bei der Einführung des Islam in die Berge zurückzog
und bis jetzt von den muhamedanisch gewordenen Sasakern getrennt lebte.
Die Budas des Distriktes Tandjung lassen sich nach ihrem Wohnorte, resp. ihrer
Herkunft in drei Gemeinden einteilen, von denen die ersten beiden westlich oder östlich
von dem SSgarä-Flusse wohnen.
1. Pänäsan-lau, stammend aus Pänäsan-gunung.
2. Pänäsan-daja, stammend von Baru.
3. Tebängo (auch Tembängo), stammend von Tebängo-böngkot.
Jede dieser Gemeinden hat ihre Priester, Pamanku, und Zauberer, Balian, Ämter, die
in den Familien erblich sind, sowie Dorfalte, Toa loha (lokar). .
D ie H a u p tg o tth e ite n d e r B u d a s sind: Batara Guru oder Batara Sakti und
Batara Djati. Weniger werden die vielleicht von den Baliern übernommenen Göttinnen
Idadari Sakti und Sri verehrt, sowie der Gott Batara Djeneng. Alle wohnen als unsichtbare
Wesen in der Luft und kommen zu bestimmten Plätzen hernieder, wo ihnen die Menschen
Opfer darbringen.
„Täbe paduka pukulun, kula ngaturang bänten, Batara Sakti“, „Ehrfurchtsvollen
Gruß Erhabener, Dir bringe ich mein Opfer, Batara Sakti“, so sprechen die Pamankus,
wenn sie die Opfer an den geheiligten Stellen niederlegen.
Haustempel und Götterbilder (ketädus), wie bei den Baliern, sind nicht vorhanden.
Auf den Bergspitzen und über großen Wäldern denken sie sich noch eine Reihe
niedriger Götter und Geister, die den Menschen Böses zufügen und sie quälen.
Die Budas von P ä n ä s a n - l a u opfern dem Batara Sakti und Batara Djati auf zwei
überdachten, je auf einer Säule ruhenden Tischen (sängga). Diese Häuschen stehen ca.
U/2 km vom Dorfe unfern dem Meere unter großen Bäumen, und der Ort wird Bäge-bäis
genannt. Ein zweiter Opferplatz befindet sich bei ihrem Stammsitz Pänäsan - gunung.
Batara Sakti gilt als höchster Gott und wird zuerst angerufen. Falls er die Bitte nicht
erhört, wendet man sich an Batara Djati. Wenn auch im allgemeinen zwischen beiden
Göttern kein wesentlicher Unterschied gemacht wird, so pflegen die Budas dennoch den
Batara Sakti vorwiegend um eine gute Reisernte und Regen anzuflehen, während sie sich
bei Hochzeiten gerne an Batara Djati um Kindersegen wenden.
Die heiligen Stätten der Budas von P ä n ä s a n - d a ja liegen im Walde und bei ihrem
Mutterdorfe Baru unter hohen Bäumen. Große Steinblöcke sind mit einem Zaun umgeben
und durch ein einfaches Dach geschützt; neben ihnen stehen ein größerer Tisch.(sängga)
und kleine Opferplatten (andjat). Bei großen Festen aber zieht das Volk auf den Abhang
des Rindjani und legt dort seine Gaben nieder.
Das E r n te d a n k f e s t (memüle) besteht aus drei in einem Zwischenraum von je
fünf Tagen aufeinander folgenden Teilen: einer Feier in der Familie, einer solchen in den
Stammdörfern und einer gemeinsamen an den heiligen Plätzen im Gebirge. Nachdem die
Leute auf den Sanggas neben ihren Häusern Gaben niedergelegt und den Göttern ihre
besonderen Wünsche ausgedrückt haben, begeben sie sich zur großen Versammlungshalle
(barüga ägung). Diese fällt durch ihre 3l/2—4 m betragende Höhe und ihr Spitzdach auf.
Der Fußboden ruht auf außergewöhnlich langen Pfählen. Die Dorfhäupter, Priester und