Aber einen großen Vorteil hatte dieses Tal: es gewährte mir einen guten Einblick
in die Lagerungsverhältnisse der Erdschichten und ließ mich dadurch alle die kleinen
Unannehmlichkeiten vergessen. Den Marsch auf diesem Rücken auch am dritten Tage
fortzusetzen, erschien mir nicht ratsam, da er uns zu weit östlich geführt hätte. Wir
bahnten uns daher auf der westlichen Talseite nach tüchtiger Arbeit mit dem Haumesser
einen Durchgang zur Kamm-Höhe.
Vom La Eha- bis Lawang-kudu-Fluß waren wir 13 Terrainabsätze, Reste alter Meeresterrassen,
hinaufgestiegen, von denen die unterste mit der Strandlinie, um 135 m am Rande der
Rumbia-Ebene zusammenfällt. Die Stufen nehmen etwa im Mittel folgende Höhenlage e in .
Die 2. 155 m; 3. 175 m; 4. 185 m; 5. 198 m; 6. 206 m; 7. 228 m; 8. 240 m; 9. 265 m;
10. 293 m; 11. 354 m; 12. 418 m und die 13. 497 m (nach dem Aneroidl) Oberhalb
unseres Lagerplatzes am Lawang-kudu-Fluß folgen noch 5 weitere: die 14. etwa um 558 m;
15. 592 m; 16. 706 m; 17. 723 m und 18. auf der Spitze des Berges ca. 755 m ü. M.,
der Osso Sohua, wie sich später herausstellte.
Bei unserem langsamen Aufstieg vermochte ich die V e g e ta tio n gut zu studieren.
Sie unterscheidet sich stark von derjenigen Lomboks und weist vor allem viel tiefer
herabsteigende Gewächszonen auf, eine Folge der größeren T ro c k e n h e it d e s K lim a s.
Von etwa 350 m ab tritt der dornige Bambus zurück, und an seiner Stelle erscheint eine
kleinere Art, die hoch in die Bäume hinaufklettert und oft in Blüte angetroffen wird, sowie
Laubbäume und viel Unterholz. Ueberall begegnet man dem großen rankenden Pandanus
(Freycinetia), aber vorherrschend sind hier Pflanzen mit lederartigen Blättern, besonders
Myrtaceen. Mit zunehmender Höhe lichtet sich der Wald, und infolge der Feuchtigkeitsabnahme
walten kleine Bäume und Sträucher vor: Melastomaceen, Clethraceen, Euphor-
biaceen, sowie an offenen Stellen buntblumige hohe Kräuter, wie Balsaminen (Impatiens),
Commeliaceen und schließlich auch die Casuarine (zuerst bei 475 m), nicht zu vergessen
die Myrtacee Melaleuca leucadendron L. (bei 490 m das erste Exemplar), welche das bekannte
grünliche, stark aromatisch riechende Makassar- oder Kajuputi-Oel liefert. Bei
500__550 m beginnt bereits die gemäßigte Vegetationsregion, die hier durch eine Reihe
xerophiler Pflanzen charakterisiert wird, welche auf Lombok und Java erst in der kühlen
und kalten Gewächszone auftauchen. Vor allem nenne ich die zur Ericaceen-Familie gehörende
Gattung Vaccinium (Herbar. No. 3121) und eine Myrtacee Leptospermum (Herbar.
No. 3128). Für die Berge von Südost-Celebes sind besonders kennzeichnend die Coniferen,
unter ihnen ein zypressenartiger Baum etwa vom Habitus der als Zimmerpflanze beliebten
Auraucarie, nur mit kürzeren Nadeln, nämlich Dacrydium (Herbar. No. 3126), eine ausgesprochene
Höhenpflanze, die von Neu-Guinea stammt und sich bis Borneo verbreitety.dann
der von Lombok schon genannte und von Australien stammende Podocarpus, ein Trockenheitliebender
Strauch, der zwar durchweg in der gemäßigten und kühlen Region, auf Lombok
(s. S. 127) aber auch im südlichen Berglande schon von 200 m ab wächst. Diesem
Vegetationsbild entsprechen die hier vereinzelt auftretenden Casuarinen und Dornsträucher,
vor allem Capparis micracantha D. C. mit abwechselnd zweizeiligen Blättern und weißlichen
Blüten, sowie schließlich mehrere Rhamnaceen-Arten. Wegen seines Ebenholzes sei auch
ein kleiner Ebenaceen-Baum: Maba (Herbar. No. 3138) erwähnt.
Das Gebiet über 500 m umfaßt einen von Unterholz durchwachsenen, sehr dichten
Monsun-Urwald. Im Gegensatz zu den tieferen Lagen, w e l c h e die Epiphyten stark vermissen
lassen, bedecken hier Farne, Orchideen und Misteln (Loranthus) die Zweige; rankende Pandaneen
erheben ihre prächtige Blätterschöpfe bis hoch ins Geäst der Bäume, lange Crssas-Stränge
ziehen wie Guirlanden von Baum zu Baum, reichbeblätterte und buntblumige Lianen,
Rubiaceen (Uncaria), Dalbergiaceen (Dalbergia, Derris) und Anonaceen (Unona discolorjbe-
kränzen das duftige, ^undurchdringliche Dach und lassen zierliche Ranken und zarte Fäden
mit Blütensternen wie einen durchsichtigen Vorhang herunterfallen. Manche Milchsaftbäume
mit ihren direkt aus dem Stamm hervorsprossenden Blumen und Früchten scheinen wie
von Menschenhand geschmückt.
Den eigenartigen Reiz und die Wildheit eines solchen Waldes erhöhen noch die
zahlreichen Rottanpalmen. Ihre kaum mehr als daumendicken, nicht selten über 50 m langen
Stengel und die mit hakenförmigen Dornen besetzten Blätter schlingen sich in vielfachen
Windungen und Bögen auf- und abwärts, als seien sie endlos, und recken schließlich ihre
schmucken Kronen empor bis in das Laubdach der höchsten Baumriesen. Bei uns kennt
man diese Pflanze, deren dünne Stamm-Schlingen das bekannte spanische Rohr liefern,
meist nur aus der Schulstube. Im Urwald ist sie aber noch hinterlistiger als in der Hand
des Lehrers. Bald wird man unversehens von ihren Haken festgehalten, bald von einer
am Boden liegenden, beim Gehen sich aufrichtenden Schlinge zu Fall gebracht. Kaum
glaubt man, mit dem Haumesser sich einen Weg gebahnt zu haben, so dringt von einer
anderen Seite h e f ieine dornige Ranke hervor, um Kleider und Haut zu zerreißen. Dazu
sind oft noch weite Strecken, besonders der Abhänge, mit dem glatten Kletterbambus überzogen,
auf welchem man beständig ausrutscht. Immerhin macht dieser Monsunwald einen sozusagen
lebensfrohen Eindruck und bildet einen scharfen Gegensatz zu den himmelhohen,
finsteren hochtropischen Regenwäldern Sumatras und Borneos, deren Baumriesen kein
Pflänzlein aufkommen lassen und kein Leben unter sich dulden.
Die Obersteigung des Grenzgebirges zählt zu den anstrengendsten Touren der Expedition,
besonders für mich als Geologen, da ich bald hier, bald dort den Weg der Kolonne
verlassen, in Täler und Schluchten hinabsteigen und auf Kuppen und Felsspitzen klettern
mußte. Jeder Ausblick in die Umgegend zur Orientierung war unmöglich, und nur hier und
da erblickte man ein sonnenbeschienenes Fleckchen auf dem Boden. Da der Gebirgszug
nicht wie die Ketten Süd-Rumbias OSO-WNW, sondern etwa NW läuft, so passierten wir auf
unserer Route zwei Kuppen des Kammes in seiner Längsstreckung. Auf diese Weise ging
auch der 3. Tag zu Ende, ohne daß wir die andere Seite des Gebirges erreichten.
Diese Klettertouren hatten vor allem unsere Pferde arg mitgenommen. Schon am
2. Abend gab es bei ihnen mehrere Beinwunden zu verbinden, die sie , sich durch Sturz
in Felsspalten zugezogen hatten. Am heutigen dritten Tag mußten die armen Tiere buchstäblich
ihre Hufe von Felsblock zu Felsblock setzen und konnten gelegentlich nur mit
Mühe au s'd en Klüften, in welche sie durch das Nachgeben des Gesteins geraten waren,
herausgeholt werden. Stellenweise fiel das Gehänge so steil ab, daß wir die Blockhalden
auf allen Vieren emporklimmen mußten. Hätten die Kulis das Gepäck statt auf dem Rücken,
wie in anderen Gegenden üblich, an Traghölzern geschleppt, so wäre die Höhe wohl noch
viel später erreicht worden. Da die Pferde bereits, nach 2 Tagen zu schwach waren, ihr
eigenes Sattelzeug zu tragen, so mußte dieses auch noch den Kulis aufgepackt werden.
Glücklicherweise fand sich auf einem Ausläufer des Osso Sohua eine Waldlichtung mit üppigem
Gras. Unsere armen übermüdeten Tiere konnten sich jedoch erst nach längerer Erholung dem
Genuß des ersehnten Futters hingeben und wurden dann später dem Zuge nachgeführt.
Eins von ihnen aber brach trotzdem, zu Tode erschöpft, zusammen, als die Höhe erreicht war.
Auf dieser tummelten sich viele schwarze Hundskopf-Affen (Magus ochreatus, Ogilby), und