felde geherrscht haben. (Auf den Tafeln I und IV kommen diese Verhältnisse ganz gut zum
Ausdruck.)
Jenseits des Sees erblicken wir (Taf. VI) den großen Einschnitt im Ringwall am
Fuße des Sangkareäng-Sembälun, das Putih-Tal. Man sieht aus dem terrassenartigen
Anstieg der flacheren Talseite und den Steinstufen am Sangkareäng, daß der Durchbruch,
nicht plötzlich, sondern allmählich durch tieferes Einschneiden des Flusses entstanden ist.
Nachdem ein Frühstück uns gekräftigt hatte, beschloß ich noch am selben Tage die Spitze
des Baru zu erklimmen. Wir luden unser Gepäck auf, ohne daran zu denken, daß wir
eine für mehrere Tage berechnete Ausrüstung in unseren Rucksäcken hatten. Gründler
bepackte sich mit Inklinatorium, Konserven, Spirituskocher, Hypsometer, einigen Thermometern,
Signalflaggen und Trinkflasche; ich trug den photographischen Apparat mit Stativ,
Aneroide, Kompaß, Horizontalglas, Entfernungsmesser, Binocle, Trinkflasche, einige Fahnenstangen
und den Hammer, während an meinem Gürtel nicht nur die Pistole, sondern auch
eine Reihe Sammelsäckchen hingen.
Der bisherige angenehme Aufstieg stellte sich für den oberen Teil als sehr beschwerlich
heraus. Einer Reihe Ost-West laufender Spalten entströmten übelriechende, stechende
Dämpfe, in deren Umgebung das Gestein infolge der - stellenweise 75° C. betragenden
Hitze schwer gangbar war. Je höher, desto zahlreicher wurden die Spalten. Auf dem
neunfachen Kluftsystem waren Teile des Vulkanmantels terrassenartig abgesunken und teilweise
eingebrochen. Die Bruchränder, besonders auf der Nord- und West-Seite, waren so steil,
daß wir nur mit größter Anstrengung über dieselben hinwegklettern konnten. Dabei war es
nicht möglich, hintereinander zu gehen, da beständig große Brocken in die Tiefe brachen.
Unweit des Kraterrandes konvergierte das Spaltensystem und bildete ein von tiefen
Klüften durchsetztes, wirres Bruchfeld. Trotz des frischen Windes brachten uns die ausströmenden
schwefligsauren Dämpfe große Atembeschwerden. Bei dieser Gelegenheit
wurde Gründler von Übelkeit befallen, und nachdem ich zuerst mein eigenes Gepäck hinauf gebracht
hatte, nahm ich Gepäck und Mann und beförderte sie ebenfalls nach oben. Weithin
leuchteten diese gefährlichen Gebiete durch die Ablagerung von Schwefel und durch die gebleichten
und zersetzten Gesteine. In der Höhe von 363 m über dem Seespiegel erreichten wir den
höchsten Punkt des nordwestlichen Kraterrandes, während die S p itz e d e s B a ru auf der
Südseite und, nach meiner Schätzung, ca. 50 bis 52 m höher liegt. Da die Dämpfe
des Kraters durch die Winde gerade nach dorthin getrieben wurden, wir außerdem noch
ein ganzes Stück abwärts um den Berg herum hätten klettern müssen, war die Erklimmung
der Spitze nicht möglich.
Der K r a te r stellt ein in der Ost-West-Richtung ausgezogenes rundliches Loch dar,
das von unserem Standpunkte, dem Nordwest-Rande aus sicherlich über 150 m hinabreicht.
Er ist durch eine steilwandige Schlucht nach Westen hin (W. 7° N.) geöffnet.
Auf der Sohle des Kraterschlundes sieht man vier Fumarolen, deren unterste und größte
in der Nähe der Kluft mächtige Wasserdämpfe mit dumpfem Getöse hervorstößt, was
durch den mangelhaften Abfluß der Gase verursacht zu werden scheint. Wie mir aus dem
Verhalten der später am Fuße des Berges öfter gehörten donnerähnlichen Geräusche hervorgeht,
scheint Nebel ihre Bildung zu vergrößern. Die Innenwände des Kraters fallen senkrecht
ab und sind auf der Südseite fast ganz mit Schwefel überzogen.
Auf dem Rande des Baru-Vulkans führten wir unsere verschiedenen Beobachtungen
aus. Besonders schwierig war auf dem schmalen, beweglichen Grate die Aufnahme der
Inklination und die Peilungen der Bergspitzen zur Herstellung einer topographischen Karte.
Schon bald nach unserer Ankunft am Segare-Anak mußten wir bemerken, daß die
zeichnerisch so schön ausgeführte neue Karte des topographischen Bureaus von Batavia von
1908 im Maßstab 1:200000 hier unrichtig war; der Baru-Vulkan nimmt eine ganz andere Lage
ein, im See sowohl, wie zur Rindjani-Spitze, zum Sangkareäng-Sembälun und zum Sang-
kareäng-Selong.
Die Aussicht über den Kraterkessel von der Spitze des Baru-Vulkans war so klar,
daß wir den 3065 m hohen Sangkareäng-Selong jenseits des Rindjani-Walles erblicken
konnten.
Die Steilwände des Segare-Anak besitzen zwei besonders hohe Berge, die Rindjani-
Spitze und den Sangkareäng-Sembälun. Sie bestehen zum größten Teil aus Lavabänken,
denen nur wenige Block-Breccien und Lapilli-Schichten zwischengelagert sind. Man erkennt
deutlich den horizontalen Verlauf der längs angeschnittenen Schichten, die sich von der
Mitte nach auswärts neigen. In der Putih-Schlucht sieht man sie im Sangkareäng-Kegel
nach Nordost einfallert. Nur in der Ostnordost gelegenen R in d j a n i -S p i tz e (Taf. VII)
beobachtet man eine Abweichung des horizontalen Schichtenverlaufes der Längsprofile. Aus
der südlichen, für den Beobachter 20 bis 35° betragenden Schichtenneigung geht hervor,
daß die halbmondförmige Ausbuchtung der Segare-Caldera durch den Abbruch eines Teiles
des Ringwalles entstanden sein muß. Nicht nur das Auftreten von einigen Fumarolen in
dem Tal .zwischen der Steilwand und dem Baru-Vulkan, sondern auch die eigenartig
trichterförmige Gestalt des oberen Teiles der Steilwand und die Lagerung der Schichten
in dem Trichter zeigen, daß sich hier früher ein Krater befunden hat, der nachträglich
durch Sprengung zerstört wurde.
Durch die spätere Rindjani-Besteigung konnte ich feststellen, daß in der Umgebung
dieses Kraterrestes sich auch eine Ablagerung befindet, die mit der Eruption des zersprengten
Kraters in Verbindung zu bringen ist. Nach der Zerstörung dieses Ringwallteiles
hat sich der Vulkan unter dem See einen neuen Ausweg gebahnt und den Baru-Kegel gebildet.
Die heute in dem Tal zwischen Rindjani-Spitze und Baru-Vulkan auftretenden Lavaströme
entstammen dem Baru und haben mehrfach das zwischen beiden gebildete Tal
teilweise ausgefüllt.
Zu unserem A b s t i e g wählten wir die Ostseite des Baru, die aus losen Vulkan-
Agglomeraten besteht. Meist waren es spitzeckige größere Gesteinsbrocken, die strichweise
mit Sand- und Aschenmassen, besonders unten, abwechselten. Bei unserem Abstieg
bewegten sich oft Kubikmeter große Stücke Bodens. Ich war ein Stück voran, als unter
Gründlers Füßen ein riesiger Felsblock sich loslöste und mich zu erschlagen drohte. Ich
machte einige tüchtige Seitensprünge, um aus der Fallrichtung des Blockes zu kommen,
doch dieser, wahrscheinlich durch gefundenen Widerstand abgelenkt, stürzte mir nach und
sauste mit einem Abstand von kaum einem halben Meter an mir vorüber.
Als ich mich außer Atem nach meinem Begleiter umsah, hing dieser oben mit ausgespreizten
Armen und Beinen wie gekreuzigt zwischen den Felstrümmern und schrie um
Hilfe. Mir blieb nichts anderes übrig, als wieder hinaufzuklettern, wo ich feststellte, daß
es Gründler unmöglich war, sich aus dieser Lage selbständig zu befreien, da die umgebenden
Blöcke ebenfalls abzustürzen drohten.
Todmüde langten wir endlich unten an, und zum Überfluß begann es nun zu regnen.
Nachdem wir eine Anzahl Agglomerat-Halden überstiegen hatten, kamen wir in die Nähe des
Sees, wo wir eine kleine Höhle zum Nächtigen fanden, gebildet von einem aufgewölbten Lavastrom.
Geräumig war unsere Wohnung nicht, denn nur zwei liegende Menschen hatten Platz darin.