Vorwort.
Gelegentlich der Feier des 70. Geburtstages des Vereins für Geographie und Statistik
war der Wunsch laut geworden, den Eintritt in das achte Jahrzehnt seines Bestehens S e'r
ist die Zweitälteste geographische Gesellschaft Deutschlands und die viertälteste der Erde
überhaupt durch aktive Betätigung an einer größeren geographisch-wissenschaftlichen
Aufgabe zu verherrlichen.
Auf Vorschlag Dr. Hagens wurde nach eingehender Beratung hierfür als besonders
geeignet und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel durchführbar erkannt der
Versuch zur Lösung der Frage nach dem ehemaligen, heute durch die Inselwelt des
malayischen Archipels unterbrochenen Zusammenhang der beiden Festländer Asien und
Australien.
Daß diese beiden Kontinente in sehr frühen Erdepochen durch eine feste breite
Landbrücke mit einander verbunden waren und ein zusammenhängendes Ganze gebildet
haben, ist eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Hypothese. Diese Brücke ist dann später
zusammengebrochen; ihre stehengebliebenen Pfeiler sind eben die malayischen Inseln.
Der Zusammenbruch fand aller Wahrscheinlichkeit nach nicht plötzlich und gleichzeitig,
sondern allmählich in Zwischenräumen statt, indem sich infolge wiederholter teilweiser
Hebungen und Senkungen mehrfach neue Verbindungen und Trennungen vollzogen,
temporären Notbrücken vergleichbar, auf denen die neue reiche Säugetierwelt Indiens mit
der altertümlichen, ärmlichen Beutel- und Kloaken-Tierwelt Australiens in Berührung und
Austausch treten konnte.
Das Aufeinandertreffen dieser beiden so grundverschiedenen Faunen bildet die
hervorstechendste Seite des Problems, lind es kann daher nicht auffallen, daß der erste
Versuch zur Lösung desselben von tiergeographischer Seite ausging.
Alfred Russell Wallace, der berühmte englische Forscher und Reisende, hat es
zuerst versucht, auf Grund seiner eigenen Beobachtungen die Grenzscheide zwischen
indischer und australischer Tierwelt im malayischen Archipel festzustellen: die ihm zu
Ehren so genannte W a l l a c e ’ s c h e G r e n z l in i e ,
Dieselbe verläuft zwischen den Inseln Bah und Lombok nach Norden durch die
Straße von Makassar, welche Borneo und Celebes von einander trennt. Während auf Bali
noch die indischen Säugetiere, unter ihnen der Tiger, Vorkommen, treten auf Lombok bereits
australische Beuteltierformen auf, ein Gegensatz, der sich sogar in der leicht beweglichen,
zu Grenzüberschreitungen besonders geeigneten Vogelwelt bemerkbar macht, und zwar in
aller Schärfe, da Bali nur indische, Lombok aber schon australische Vogeltypen, zum Beispiel
Kakadus, besitzt.