Stoßzahn aus dem Auge geholt hat. Die Eingeborenen versperren deshalb des Nachts die
Brücken durch Zäune und wachen auf ihnen, um das Vordringen der Schweine zu verhindern.
Der Wald von Rempung ist für ihren Aufenthalt wie geschaffen. Er besteht aus
einer Parklandschaft von Akazien und anderen niedrigen Bäumen und Sträuchern, wie sie
bereits von der Loloän-Ebene bei Sadjang erwähnt wurden. Das hohe Alang-alang-Gras
gibt der Landschaft ein verwildertes Aussehen. Die Akazien-Wälder scheinen sich vorwiegend
in Meereshöhen zwischen 150 bis 350 m zu entwickeln, gehen nach oben in tropischen
Urwald und nach unten in Buschwildnisse und Kakteensteppen (Opuntien) über bis hinab
zum Meeresspiegel.
Selong bildete unser Hauptquartier für fast zwei Wochen. Von hier aus wurden
einige Touren unternommen, u. a. mein zweiter Aufstieg von Süden her zum Rindjani mit
dem Besuche des Kraters, Gründlers Aufstieg zum Sangkareäng und meine Reisen durch
das südöstliche und östliche Lombok. In der Zwischenzeit wurden die gesamten Expeditions-
Sammlungen verpackt und von Labuan-Hadji, dem Hafenplatz der Ostküste, via Surabaia
nach Europa versandt.
S e l o n g ist der Sitz des Kontrolleurs von Ost-Lombok und wird im ganzen von
sieben Europäern bewohnt. Herrn Kontrolleur W. Wittenrood, der uns schon Làlu Adam
zur Unterstützung ins Gebirge gesandt hatte, sind wir für seine jederzeit gewährte Hilfe
dankbar. Früher war der Sitz der Regierungsbeamten Labuan-Hadji, doch wegen der
ungesunden Lage wurde derselbe mehr landeinwärts verlegt und Selong gegründet. Schöne
Anlagen umgeben die Stein- und Holzbauten der Europäer, während die Eingeborenen-Dörfer
mehr abseits liegen. Außerordentlich wohnlich ist der Pasanggrahan inmitten seines hübschen
Ziergartens. Jedoch haben die weißen Ameisen (Termiten) trotz des zementierten Untergrundes
die Holzpfeiler unten abgefressen und zum Teil ausgehöhlt, sodaß sich beim Offnen
der Tür die ganze Wand wie eine Portière mitbewegt. Nur durch einige Bambusstützen
wird das Dach noch gehalten. , ,,
Da Selong nahe dem Kreuzungspunkte mehrerer größerer, guter Kunststraßen liegt, die
bereits zur Zeit der Herrschaft der Balier in Lombok von den Sasakern in Ausübung ihrer
Herrendienstpflichten angelegt wurden, so konnten wir hier größere Strecken zu Wagen
zurücklegen. Wir machten einen Zug zur Südost-Küste über Pantjor, Söngak, Sakrä, Sepit,
Plambi nach Tandjung-lüar. Dieses Gebiet besteht aus vorwiegend NW-SO laufenden niedrigen,
stellenweise steilabfallenden Rücken und Kuppen von vulkanischen Breccien. Die zuoberst
liegenden Gesteine sind dunkel gefärbt, die unteren sind hellgrau und körnig und kommen
in der Gegend von Sepit an die Oberfläche. Die oberen Lagen sind Produkte der Segare-
Anak-Eruption des Rindjani, die unteren tertiäre, mit Tuffen wechsellagernde Bildungen.
An verschiedenen Stellen haben sich oberflächlich mächtige Gesteinsblöcke aus teilweise
schichtartigen Lavabänken gebildet, so bei Sakré und nördlich von Sepit, wo sie dünnplattig
abgesondert sind. Der Schichteneinfall ist meist undeutlich, scheint aber durchweg nach
Süden hin zu gehen. Südlich von Sepit bis zur Ekas-Bai treten sodann echte marine Tertiärschichten
auf, neogene Korallenkalke, sandige Mergel unter vulkanischen Breccien, ein von
Quarzgängen durchzogenes und in der Umgebung der Bai von Basalt unterlagertes Gebiet.
Tandjung-lüar ist eine m a n d a r e s i s c h e N i e d e r l a s s u n g , jedoch leben hier auch
Sasaker und einige Bugis. Der Eindruck ist ein ganz anderer, als wie bei einem Sasak-
Dorfe. Überall sieht man Wohlstand. Die Pfahlbauten der Mandaresen sind vor allen Dingen
höher und schöner. Das Haus ihres Oberhauptes hat eine Länge von ungefähr 6 Depa
(Faden), eine Breite von 3*/» Depa, eine Höhe von 4 Depa.
Es besteht aus zwei Stockwerken, von denen das untere (lämbojan) als Raum für
Holz und Gerätschaften dient und eigentlich nur durch die Umzäunung des Pfahlbaues mit
Bambusgeflecht gebildet wird. Der obere Teil, das eigentliche Wohnhaus (böjan), hat Bretterwände
und Bretterboden, sowie eine Holztreppe mit Geländer. Es enthält drei Räume und
zwei, resp. drei Fenster auf der Vorder- und Seitenwand. Zwei Zimmer dienen als Schlafgemach;
das vordere (sämbojan) mit nur einer Bettstelle (päntas) ist zugleich Wohnraum,
das mittlere (tengäna-böjan) ist das eigentliche Familien-Schlafgemach, in welchem sich
eine durch Vorhänge abgetrennte Bettkammer (kässur) befindet. Auch die Türöffnungen
sind hier durch bunte Tücher abgeschlossen. Der Vorplatz (tämbing) enthält die bankartigen
Schlafstellen (pioröang) für das Gesinde, die tagsüber als Sitzgelegenheit benutzt
werden. Er führt seitlich an den Zimmern vorbei ins Hinterzimmer (söngina-böjan), das
als Eßraum dient und auf zahlreichen ringsum angebrachten Recks (lönjo-lönjo) Eß-
geschirre, Tabletts, Trinkflaschen aus Messing und Steingut in Überfluß enthält. Unmittelbar
dem Hinterzimmer angebaut ist der Küchenraum (patjfeko), dessen Boden aus Bambuslatten
besteht, deren Zwischenräume der Luft freien Durchzug gewähren. Der Herd hat eine
aus Steinen und Lehm aufgemauerte Unterlage, auf der drei Steine für die Feuertöpfe
stehen. Eine besondere Treppe (in d e patjüko) führt von dem Küchenanbau direkt in den
Hoi. Hier liegt meist ein Senkbrunnen; bei Häusern, unter denen sich durch ihre
nahe Lage am Strande salziges Grundwasser befindet, wird das Regenwasser des Daches
in Bambusrinnen aufgefangen und direkt durch die Hauswand in die Tongefäße der
Küche geleitet. Während der Trockenzeit sind die Bewohner gezwungen, ihren Wasservorrat
aus dem benachbarten Palüng-Flusse zu holen.
In den Spitzdächern dieser Häuser befindet sich außerdem noch ein Bodenraum, der
von den Wohnzimmern durch eine Holzdecke getrennt ist. Die Vorderseite des Hauses
mit dem Eingang wird durch die Giebelwand gebildet, die ebenfalls aus Brettern besteht.
Der Giebel selbst setzt sich aus zwei übereinandergreifenden dacharligen Abschrägungen
zusammen. Der First ist etwas sattelförmig eingebogen und hat an den Enden schnörkelartige
Zierrate. Manche Häuser sind außerdem an den Längsseiten wie unsere Schweizerhäuschen
mit Galerien umgeben. Pfeiler, Balken, Türen und Fenster sind häufig mit
Schnitzereien verziert, und überall merkt man neben Wohlhabenheit den Kunstsinn.
Die M a n d a r e s e n , aus Nord-Celebes stammend, sind ein Seefahrer-Volk und
durchschwärmen mit ihren Segelschiffen den ganzen Archipel. Sie treiben Handel und
Fischfang und bringen die Produkte Lomboks sogar bis nach Singapore. Zwar weben ihre
Frauen noch selbst dunkelrote karrierte Zeugstoffe, doch findet man in ihren Häusern
meistens Gewebe von Singapore und Batavia. Ihre Kopftücher schmücken sie mit großer Sorgfalt
durch Gold- und Silber-Zierrate und seidene Spitzenränder, die mit Silber- und Golddraht
durchzogen sind. Als Fransen werden dann noch Blätter und Blumen aus Goldblättchen
angenäht, sodaß solche Tücher häufig bis zu 300 Gulden kosten. Mit denselben pflegen
die Mandaresinnen ihr Gesicht teilweise zu bedecken, sodaß nur die Stirne frei bleibt,
über die der goldene Fransenstreifen aus Blumen und Blättern fällt.
An den Gesichtszügen der Mandaresen erkennt man sofort, daß sie einem höheren
Malayen-Typus, der west-malayischen Rasse, angehören. Durch ihre hellere Hautfarbe,
besonders bei den Frauen, ihre im allgemeinen dem Mittelmaß mehr entsprechenden Körper-
Proportionen und ihr glattes Haar unterscheiden sie sich sofort von den Sasakern.
Bei unserer Ankunft feierte man gerade in einer Mandaresen-Familie den 40. Tag
des Todes eines Mannes durch ein Festmahl. So unerwartet unser Besuch dem Häuptling