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 Phantasie  eine menschliche  Figur  oder Genitalien  heraussehen  kann,  so  scheinen  die Blongas-  
 Leute  sich  unter  dem  Felsen,  auf  dem  sie  opfern,  etwas  Ähnliches  vorzustellen.  Das  bekannte  
 „Pomali“  oder  „Pemali“, Verbote  von Dingen  und  heiligen Plätzen,  ist vielleicht mit dem sasak-  
 schen  „Komali“ verwandt,  doch  liegt  dem  „pemali“  das Wort  „pali“  ==<„verboten“  zu  Grunde. 
 Bei  der  T o t e n b e s t a t t u n g   haben  die  Budas  fast  dieselben  Gebräuche  wie  die  
 Telu-Sasaker.  Gleich  nach  dem  Ableben  findet  eine  Waschung  des  Verstorbenen  durch  
 die  Familienmitglieder  statt.  Bei  den  Bewohnern  von Tebängo  soll  dieselbe  nach  van  Eerde*)  
 mit  verschiedenartigem  Wasser  und  zwar  dreimal  unter  Anrufen  von  Batara  Alit  und Batara  
 Indra  (mir  nicht  bezeichnete  Gottheiten)  vorgenommen  werden.  Neben  der  mit  einem  
 neuen  Tuch  umwickelten  Leiche  werden  sodann  bis  kurz  vor der Beerdigung einige Speisen  
 niedergelegt.  Nachdem  der  herbeigeholte Totenpriester Kiäy  (auch  Kiäy)  oder  der Pamanku-  
 Balian  mit  erhobenen  Händen  die  Götter  angefleht  hat,  tragen  vier  Leute  die  Bahre,  ein  
 Bambusgestell  (kürung-bätang),  vor  das  Dorf.  Hier  ist  ein  Grab  (luwang)  von  einem  
 Dorfalten  ausgeworfen  unter  dem  beständigen  Murmeln  der  Worte:  „Täbe  aku  buka  buml,  
 aku  djüru  (= djäri)  buka,  aku  djüru  (= djäri)  sä-mpät“,  „Vergebung,  ich  breche  auf  den  Erdenschoß, 
   ich  bin  der  Öffner,  ich  bin  der  Schließer“.  Der  Tote  erhält  einige  Münzen  mit  ins  
 Grab;  der  Kiäy  wirft  die  erste  Erde  hinein  und  sagt  den  gleichen  Spruch  wie  der  Totengräber. 
   Sodann  füllen  die Verwandten  den  Grabhügel  auf  und  decken  ihn  mit  Steinen  zu,  
 und zwar bei  einem Erwachsenen  in Pänäsan-lau mit  11,  bei  einem Kinde mit 9 Steinen.  Nur  in  
 Tebängo  wird  die  Grube  zuerst  nur  teilweise  angefüllt,  sodann vier  Balken  und  eine  Matte  
 hineingelegt  und  darüber  schließlich  der Grabhügel aufgehäuft,  dem  zuletzt  noch  zwei  Steine,  
 einer  am  Kopf-  und  einer  am  Fußende  aufgesetzt  werden,  eine  Sitte,  die  vielleicht  schon  
 muhamedanischem  Einfluß  zuzuschreiben  ist.  Nach  drei  Tagen  begibt  sich  die  Familie  
 zum  Grabe  und  legt  allerlei  Speisen  für  den  Dahingeschiedenen  nieder.  Der  Kiäy  bittet  
 den  Toten,  zu  essen,  damit  er  für  den  weiten  Weg  zum  Versammlungsorte  der  Seelen  
 gekräftigt  ist,  und  fordert  dann  die Angehörigen  auf,  sich  nach  Hause  zum  Opfermahle  zu  
 begeben.  Gestärkt  mit  Speise  und  Trank,  beschenkt  und  mit  Lebensmitteln  versehen,  verläßt  
 der  Kiäy  das  Fest,  dem  bei  Reichen  noch  weitere  folgen. 
 Da  die  R e lig io n   d e r   in  Lombok  ansässigen  B a li e r   derjenigen  der  Budas  nahe  
 steht,  möchte  ich  hier  einen  kurzen  Bericht  darüber  anschließen.  Die  Balier  scheinen  
 denselben  Glauben wie  ihre  Stammesgenossen  der Heimatinsel  zu  haben.  Sie  bauen  Tempel  
 mit  drei  Pagoden,  eine  für Buddha,  eine  für Qiwa  und  eine  für Vishnu.  Als Sitz ihres Gottes  
 denken  sie  sich  nur  statt  des  Agung-Vulkans  den  Rindjani.  Das  Heiligtum  des  Qiwa  ist  
 mit  vielen  Blumen  geschmückt  und  mit  kleinen  Opfergaben,  Nachbildungen  von  allerlei  
 Gegenständen,  angefüllt.  So  sah  ich  in  einem  Kistchen  zierliche  Ackerbaugeräte,  Eß-  und  
 Trinkgeschirre;  sogar  ein  kleines  Kissen  für  den  Gott  fehlte  nicht. 
 Die  D o r f t em p e l   sind  von  dicken  Mauern  umgeben  und  besitzen  nicht  selten  ein  
 prächtiges Eingangstor mit  aufgesetzter  Pyramide  und zwei Steinfiguren  (raksasa =  Riesen,  als  
 Tempelwächter) davor, sowie hübsch geschnitzte Türen.  Das Innere  verschönern Bilder  aus der  
 hinduistischen  Götter-  und  Heldengeschichte,  Blumen-  und  Rankenmuster,  unter  denen  die  
 heilige  Lotus-Blume,  das  Symbol  der  Sonne,  einen  hervorragenden  Platz  einnimmt.  Fast  
 einsam  steht  in  dem  Raume  eine  Bank,  auf  der  der  Hindu-Gläubige  von  seinen  unsichtbaren  
 Göttern  träumen  kann.  Jedes  Dorf  hat  auch  seinen  T o t e n t e m p e l   für  die  Durga,  
 die  Frau  des  bösen  Geistes  Kala,  des  Gebieters  der  Raksasa,  und  außerdem  besitzt  jede 
 *)  s.  a.  a.  0 .  S.  20. 
 Familie  ihre  H ä u s t e m p e l c h e n ,   die  sie  mit  buntblätterigen  Sträuchern  umgeben,  ln  den  
 kleinen  Häuschen  aus  Holz  und  Stein  liegen  jederzeit  reichliche  Gaben  an  Blumen  und  
 Früchten.  Hier  fehlt  keine  Gottheit;  wendet  sich  doch  der  Balier  bei-jeder Gelegenheit  mit  
 Opfern  und Gelübden  an  seine  hohen  Berater.  Keine Heirat wird  geschlossen,  ohne daß man  
 sich  durch  den  Bau  eines  neuen  Haustempels  des  Eheglückes versichert.  An  anderen  Stellen  
 begegnet  man  noch  S e e - ,  B e r g -   und  F e l d - T e m p e l n ,   und  in  den  letzteren  wird  Sri,  
 die  Göttin  der  Fruchtbarkeit,  vor  und  nach  der  Ernte  reichlich  bedacht. 
 Das  K a s t e n w e s e n   besteht  noch  wie  zur  Zeit  der  balischen  Könige,  und  zwar  
 muß  jeder  aus  der  ersten  Kaste  mit  Ida,  der  zweiten  mit  Dewa  und  der  dritten  mit  Gusti  
 angeredet  werden,  doch  ist  die  Kluft  zwischen  Adel  und  Volk,  der  vierten  Kaste,  sowie  
 den  kastenlosen  Sasakern  heute,  nach  15-jähriger  holländischer  Herrschaft,  weniger  groß.  
 Wenn  auch  die  Bali-Könige  nicht  mehr  mit  göttlicher  Macht  das  Volk  beherrschen,  so  ist  
 doch  der  Einfluß  der  Priester,  der  Padanda  Buddha  und  Padanda  Qiwa,  noch  immer  
 bedeutend,  und  ihr  Weihwasser  wird  auch  heute  noch  reichlich  gekauft.  Die  zahlreichen  
 Legenden  und  Sagen  von  den  Riesen,  Raksasas  und  Butos,  von  Batara  Parama  Buddha  
 und  Qiwa,  von  Padanda  Sakti  von  Tjakra  Negara,  von  dem  Weisen  Bidisattwa  Sutasoma  
 zeugen  dafür,  daß  die  alten  Hindu-Götter  noch  die Volksseele  erfüllen. 
 Sitten  und  Gebräuche  bei  den  Sasakern. 
 Auf  meinen  Reisen  durch  die  verschiedenen  Teile  der  Insel  bot  sich  häufig  gute  
 Gelegenheit,  Sitten  und  Gewohnheiten  der  Bewohner  kennen  zu  lernerti  Durch  zufällige  
 Umstände  angeregt,  erzählten  die  Leute  mir  nicht  selten Dinge,  die  ich  auf  eine unvermittelte  
 Frage  vielleicht  nicht  erfahren  hätte.  So  wuchsen  meine  ethnologischen  Kenntnisse  fast  
 ohne  Zutun  allmählich,  und  das Fehlende  erfrug  ich vorsichtig,  fast tastend,  um  nicht  irgendwelche  
 erdachten  Geschichten  aufgetischt  zu  bekommen.  Auf  mehrfachen  Expeditionen  
 vertraut  geworden  mit  manchen  Eigentümlichkeiten  der  Eingeborenen,  hatte  ich  bereits  
 gelernt,  meine  Fragen  richtig  zu  stellen.  Nur  zu  leicht  kann  i||p Form  derselben  andeuten,  
 welche  Antwort  der  Sprecher  im  Augenblicke  erwartet,  und  trotz  aller  Vorsicht  ist  es  bei  
 der  scharfen  Beobachtungsgabe  der  Eingeborenen  dennoch  möglich,  sich  durch  eine Miene  
 oder  unwillkürliche Bewegung  zu  verraten.  Darum  hatte  ich mir zur Regel  gemacht,  niemals  
 mit  der Antwort  eines  Einzigen  zufrieden  zu  sein,  sondern bei  passender Gelegenheit  anderen  
 Leuten  dieselbe  Frage  vorzulegen.  —  So  habe  ich  denn  die  Hoffnung,  daß  die  Resultate  
 meiner  ethnologischen  Untersuchungen  möglichst  frei  von  Irrtümern  sind. 
 E h e g e b r ä u c h e :   Die  Ehen  werden  in  den  Tropen,  den  klimatischen Verhältnissen  
 entsprechend,  sehr  früh  geschlossen,  doch  ist  zur  Eingehung  derselben  den  Eingeborenen  
 im  allgemeinen  kein  bestimmtes  Alter  vorgeschrieben.  Der  Jüngling  heiratet  bereits  im 
 17.— 19.,  die  Jungfrau  im  1 4 ^ 1 6 .  Jahre,  oft  aber  noch  früher;  jedenfalls  muß  das  Sasak-  
 Mädchen  bis  zur  zweiten  oder  dritten  Menstruation  warten.  Die  Töchter  der  Budas  hingegen  
 verehelichen  sich  für  gewöhnlich  nicht  vor  17—19  Jahren.' 
 Ehen  im  Kindesalter  traf  ich  des  öfteren  auf Java.  Es  macht  einen  ganz  eigentümlichen  
 Eindruck, wenn  das bräutlich geschmückte Paar dem prunkvollen Feste  ganz teilnahmslos  
 gegenübersteht  und  Eltern  und  Verwandte  sich  bemühen,  die  beiden  Lebensgefährten " einander  
 näher  zu  bringen.  Auch  in  den  Lampongschen  Distrikten  Süd-Sumatras  hatte  ich  
 Gelegenheit,  eine  Kinderhochzeit  zu  sehen,  die  mit  dem  üblichen  Pomp  gefeiert  wurde.