Freundlich ladet mich die Frau ein, in der Vorgalerie ihres Hauses Platz zu nehmen,
Sie schiebt mir eine neue Matte unter und bewirtet mich mit Kaffee, gebratenen Bananen,
Reis, Apfelsinen und den nie fehlenden Sirihblättern. Auf den Genuß des zuletzt Angebotenen
verzichte ich gern, was die Sasakfrauen wieder nicht begreifen können. Von dem Kauen
dieser Pfefferblätter mit Betelnuß und Kalk haben sie alle schwarze Zähne und zinnoberrote
Lippen und Zahnfleisch. Es war mir sehr schwer, mich an diesen häßlichen Anblick
des Sirihkauens zu gewöhnen, mehr aber noch an das fortwährende Ausspeien des Saftes,
der überall seine roten Spuren hinterlassen hat.
Wir unterhalten uns nun über Mutterpflichten, Kinderernährung und anderes, und ich
erkenne, daß die Sasakerin als Mutter liebevoll und nachsichtig ist. Sie nährt ihr Kind, falls kein
anderes folgt, ungefähr bis zum vierten Lebensjahre. Ohne jede Regelmäßigkeit trinkt der
Säügling, wenn er Lust hat, auch an fremden Müttern, die ihn gerade halten. Sogar beim Vater
versucht er zu saugen, und ich beobachtete hier und besonders später auf Flores und Wetar,
daß die Männer oft lange Brustwarzen haben. Kuhmilch als Kinderernährung ist unbekannt,
aber die Reisfütterung fängt schon früh an. Mit Schaudern sehe ich, wie eine Mutter
gekochten, schlecht enthülsten, roten Reis, der sich mit vielem Wasser in einer Tonschale
befindet, portionsweise mit der Hand herausholt, in ihren eigenen Mund wirft, durchkaut und
dann dem Kinde zu essen gibt; zwischendurch bekommt es von dem Reiswasser zu trinken.
Eine andere Frau füttert ihr Kleinstes mit einer unreifen Apfelsine, und als ich sage:
„das Kind bekommt ja Leibschmerzen!“ werde ich ausgelacht. Anderen Säuglingen werden
weich gekochte Bananen wie einer zu nudelnden Gans in den Mund gestopft, was ihnen
aber recht gut zu bekommen scheint.
Alle Kinder sind dick und rund. Nach einer solchen Abfütterung hebt sich der
Magen über dem kugeligen Bäuchlein wie eine große Geschwulst hervor. Schon in einem
Alter, in dem unsere Kinder noch die größte Unbeholfenheit zeigen, sind sie flink und
behende wie die Äffchen. Es ist erstaunlich, wie groß die Selbständigkeit dieser Kleinen
ist. Sie tummeln sich sorglos im Dorf umher, klettern auf Zäune, Fruchtbäume und Felsen,
ohne daß jemand es ihnen verwehrt.
Schön früh werden die Kinder zu allen möglichen Handreichungen angehalten,
müssen Früchte vom Felde holen, Holz sammeln und Anderes. Doch alles in Allem hat
das Gebirgskind ein herrliches Leben. Es kennt keinen Schul- und keinen Lernzwang;
nicht einmal zu waschen braucht es sich täglich. Und mit An- und Umziehen wird es
überhaupt nicht geplagt.
Die Knaben laufen meist bis zum zwölften Jahre nackt herum, während den Mädchen
schon ungefähr vom vierten Jahre an ein Lendentuch umgelegt wird. Die meisten Kinder
tragen Amulette, bestehend aus kleinen Beutelchen mit irgendwelchem Inhalt oder auch
Fruchtkerne, Steine, Zähnchen und andere Dinge, an Fäden. Einzelne Reichere haben
mit Ornamenten verzierte Metallschilder, ähnlich wie ich sie bei Buginesen gesehen habe,
und befestigen sie mit durch drei kleine Löcher gezogenen Fäden auf der Brust. In
der Mitte befindet sich häufig noch ein rundes oder viereckiges Loch. Die kleinen Mädchen
aber tragen Schamschildchen und ähnliche Amulette, um da(Jurch den bösen Blick gefährlicher
Geister zu bannen. Wie mir eine Mutter noch erzählt, haben Neugeborene viel von
einem bösen Geiste zu leiden, der ihnen Krankheit und selbst den Tod bringt, und dem
sie die Placenta opfern müssen.
Knaben und Mädchen tragen Arm- und Fußringe aus Messing, meist glatte Reifen,
doch sieht man auch manchmal solche mit hübscher Ziselierung, vorwiegend Blumen- und
Rankenmuster. Fingerringe sind bei Groß und Klein sehr beliebt, doch bestehen sie oft nur
aus aufgereihten Glasperlen.
Das weibliche Geschlecht ist mit großen silbernen Ohrringen geschmückt. Das
Loch im Ohrläppchen wird oft durch ein gerolltes Stück Palmblatt erweitert, und dann
werden größere Hornpflöcke als Ohrzierde eingeschoben.
Das Frühstück ist beendet. Nachdem ich die Kinder meiner Gastgeberin mit
einem Stück Schokolade und einigen Geldstücken erfreut habe, mache ich einen Rundgang
durchs Dorf.
Eine Hausfrau gibt ihrem Manne, der gerade lange, mit Wasser gefüllte Bambusrohren
in die Küche gebracht hat, in Bananenblätter gewickelten gekochten Reis mit ins Feld.
Die Sasaker beginnen ihr Tagewerk. Auf einer Trommel (kulkul), bestehend aus
einem ausgehöhlten Baumstamm mit Affenkopf als Verzierung, ruft das Dorfhaupt die Leute
zum H a u sb a u . In Körben
werden Erde und Steine
herbeigeschafft; mit Holzschaufeln
(ajök), die wie
eineMaurerkelle aussehen,
häufen sie die Erde zum
Fundamentaufund mauern
eine Bekleidung aus Roll-
blöcken des nahen Flusses
mit Lehm als Mörtel (Fig.8).
Einige spalten mit ihren
Haumessern (lading) lange
Bambusstangen zu Latten
und spleißen die äußere,
harte Schale von dem
inneren Holz; andere flechten aus diesen schmalen Streifen, je drei zusammennehmend,
die Hauswand. Wie ein Künstler arbeitet ein grauhäuptiger Alter an einem schlangenartig
gewundenen Innenpfeiler des Hauses (panjandaran), dem Eckpfosten des Bettes, den man
als läsah = Wächter bezeichnet, bestimmt für seiner Tochter Ehebett (tampat sandar = Ort
der Entgürtung).
Einige Leute gehen ins Feld und haben alle möglichen F e l d g e r ä t e bei sich.
Besonders fällt mir darunter eine lange Stange mit aufgestecktem Brett auf, und man
erklärt mir,, daß dies eine Egge (pankorbt) sei. Mehrere tragen sichelförmig gebogene
Messer (äwis) zum Schneiden von Blättern und Gras, sowie Spaten zum Jäten (tjondong).
Andere haben Zaumzeug (blebek), Sattel (balünka) und Satteldecke (jäntel) auf dem Rücken,
sowie ein Lasso, mit dem sie ihr Pferd erst auf der Weide einfangen wollen.
In den Vorgalerien sehe ich Frauen bei der H e r s t e l l u n g v o n Z e u g s to f f e n .
Hier preßt man Baumwolle zur Entfernung der Kerne durch eine Art Wringmaschine
(büngga), reinigt und lockert sie durch Zerzupfen mit einem Bogen (betükan). Dort
sitzt eine Mutter am Spinnrad und zieht behende einen groben Faden aus zu Würstchen
gerollter Baumwolle (lbläpit), die ein Kind auf einem glatten Brette um ein Stäbchen
walzt. Ein junges Mädchen wickelt gerade von den Spulen das Garn auf einen drei