Der westlich des Segarä-Flusses wohnende Stamm fügt den aufgezählten Gegenständen noch
7 Lanzen (tumbäk) hinzu, die Budas der Gemeinde Tebango 6 Wurfspeere (tjSndäkan), einen
Dolch, Jambosa-Früchte (djämbu), sowie die Ingredienzen zum Sirih-Kauen, Pfefferblätter
(lekö), ein Bündelchen Tabak (tembäko-setümpi) und eine Kalkdose (äpu). Während die
einen genau auf die Ablieferung eines jeden Stückes sehen, sind die anderen schon mit
einem guten Festmahle zufrieden.
Durch die Entführung gilt die Ehe als geschlossen; die junge Frau wohnt im Hause
ihres Eheliebsten und arbeitet für den neuen Hausstand. Die H o c h z e i t s f e i e r ist bei
den Reichen sehr bald, bei den Armen erst nach der Reisernte, manchmal nach mehr als
sechs Monaten. Sie gilt als V e r s ö h n u n g s f e s t der Vermählten mit Eltern und Verwandten,
bei den Budas auch mit den Göttern, und besteht aus zwei Teilen, nämlich
1. einer Art Trauung, beziehungsweise Reinigung durch dery Priester, 2. einem Festmahle
und bei den Budas außerdem aus einem Opfer.
Die alten Zeremonien haben sich rein nur bei den Budas erhalten. Man findet sie
vermischt mit islamitischen Gebräuchen bei den Telu-Sasakern Nord-Lomboks, die. isich die
muhamedanischen Priester erst von jenseits des Gebirges holen müssen, sodaß die Ärmeren
meist auf den Koran-Spruch des Pangülu verzichten.
Die T r a u u n g wird vollzogen vom Balian, dem Schamanen und Arzt oder dem
Dorfpriester, Pamanku, und im Notfälle auch vom Kiäy, dem Totenpriester. Meist ist, besonders
bei den Budas, der Dorfpriester auch Schamane und Arzt, resp. Zauberpriester und wird
Pamanku-Balian genannt. Er reibt zuerst Mann und Frau mit der bei den Eingeborenen
sehr beliebten gelben Schminke aus Kokosöl und gestampfter Curcuma-Wurzel (kunjit,
kunir) ein, sodann erhält bei den Telu-Sasakern das festlich geschmückte Paar mit einem
Rohrstock einen Schlag auf das Gesäß. Bei den Budas begibt sich der Pamanku-Balian
nach der Salbung mit der Hochzeitsgesellschaft zuerst zum Opferplatze des Dorfes Und legt
dort einen Teil des Festmahles für Batara nieder. Darauf vollzieht er den Akt der feierlichen
Vereinigung und Reinigung, und zwar in der Gemeinde Pänäsan durch Schlagen
mit einem Kanderusa-Zweige und in Tebango durch Besprengen mit Wasser, das er vorher
nach Zusatz von Reismehl durch Schlagen mit einem Kanderusa-Zweige geweiht hat. Bei
diesen Zeremonien spricht er meist lange Gebete, von denen schon van Eerde*) einige der
Tebangos mitgeteilt hat. Der Inhalt all dieser Formeln läßt sich zu Folgendem zusammenfassen:
Das reinigende Wasser gieße ich über Euch!
Das heiligende Wasser verbinde Euch fürs Leben!
Sitte ist’s, daß Männer Frauen sich nehmen;
Gehet Eure Wege gemeinsam!
Findet Ihr eßbare Blätter, so tragt sie nach Hause,
Und die Frau soll sie kochen.
Batara Guru, Batara Sakti erhaltet uns allen Gesundheit,
Haltet fern von uns und unseren Verwandten Krankheit!
Seelen unserer Vorväter spendet Segen dieser Entführung und den Nachkommen 1
Es wird das über sie ausgesprengte Wasser
(oder: Es wird die Berührung mit dem Kanderusa)
Sie läutern vor den Göttern, sie reinigen vor den Menschen.
Mögen böse Geister ihnen nicht in den Weg treten,
*) a, a, 0 . S. 13.
Mögen sie fern bleiben von unserem Fest.
Legen wir Opfergaben an den Plätzen nieder,
Wo die Götter erscheinen, wo sie kommen und gehen.
Batara Sakti sei Beschützer und Segenbringer dieser Ehe,
Batara Guru vergilt ihnen nicht das Böse,
Strafe sie nicht heute und nicht in der Zukunft;
Ihnen und ihren Verwandten erhalte Gesundheit auf immer.
Nach dieser heiligen Handlung begibt sich die Gesellschaft in das Haus der Brauteltern,
wo auf Kosten des jungen Mannes ein F e s tm a h l bereitet ist. Der Vater der Frau
verteilt nun den Brautschatz unter die Gäste, und diese überreichen den jungen Eheleuten
allerlei Hausrat. Außer Verwandten und Balian nehmen das Dorfhaupt, die Ältesten, der
Pamanku und Kiäy an dem Feste teil. Der ausübende Priester empfängt die große Summe
von 1—2 Atak, d. s. 33—66 Pfennige, für seine Bemühungen.
Das Ehepaar wohnt im Elternhause des Mannes, in welchem ihm ein geschmücktes
Brautbett hergerichtet ist. Wie bereits (auf Seite 41) erwähnt, hat der Bettpfeiler (Fig. 73)
häufig Verzierungen, bestehend in Blumen- und Bandmustern, denen eine symbolische
Bedeutung beigelegt wird. Die Manggis soll die süße Frucht der Liebe, die Blüte der
Waru-Linde die eheliche Treue versinnbilden und die Ingwer-Pflanze der Talisman gegen
die neidischen bösen Geister sein. Die anderen Motive auf dem Pfosten, Wajang-Figur,
Pferd, Reh und Tulang-trong-Bandornament scheinen nur zur Ausschmückung zu dienen.
Erst wenn Familienzuwachs kommt oder noch eine Frau geheiratet wird, deren
der muhamedanische Sasaker vier nehmen darf, wird ein neues Haus gebaut.
Das Bestehen des Mädchenraubes und die sich daran anschließenden
Ehegebräuche zeigen, wie sich eine Gewohnheit von ursprünglich matriarchalem
Charakter als Rest des Vorrechtes und der Unabhängigkeit der Frau erhalten
hat. Der Raub war eine Beleidigung für den Stamm und die Familie des
Mädchens und in früheren Zeiten wurde dafür blutige Rache genommen. Allmählich
aber, als sich die Fälle der Entführung häuften, trat an Stelle von Mord
und Kampf eine Sühnegabe. Aus dieser ging nach Wilcken*) der Brautschatz
hervor, der erst später die Bedeutung einer Kaufsumme erhielt. Bei den
Sasakern findet sich neben der alten Sitte des Bußgeldes (njorongan dösa)
die neue, von den Malayen eingeführte des Brautgutes (mas kawin), das dem
muhamedanischen Einflüsse vor allem die Auffassung als Kaufgeld verdankt.
Die Verteilung der Hochzeitsgaben an die Verwandten, wie bei den Budas,
zeigt ihre frühere Bedeutung als Sühneschuld. Deshalb dürfen hier auch die
Lanzen nicht fehlen; mit ihrer Auslieferung sollen die Waffen ruhen und der
Zwist zwischen den Familien aufhören. Das Hochzeitsmahl ist die Ver- . Figi 73>
söhnungsfeier, und der junge Ehemann hat nicht nur die Kosten zu tragen, ßäutbettes^von
sondern sogar das Brennholz zur Bereitung der Festspeisen herbeizuschaffen, %sembälun.
Das Opfern eines Teiles vom Hochzeitsessen, das Schlagen mit dem
Kandarusa und das Waschen mit geweihtem Wasser soll die Götter versöhnen, damit die
Eheleute von der Schande der heimlichen Flucht befreit und ihnen Kindersegen und Gesundheit
verliehen werden. Bei dieser Zeremonie ist der Kandarusa vorbildlich. Diese Pflanze
*) Over de verwantschap en het huwelijks-en erfrecht bij de volken van het Malayische rasl
blz. 32 enz.
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*C sg 4