Es ist allgemein Gewohnheit, daß der Dorfälteste, Mentjuana, die B r a u tw e r b u n g
überbringt. Wird sie angenommen, so hat der junge Mann an die Eltern ein B r a u tg e ld
(papòlo) von 8—10 Bòka (ein Bóka zu fl. 1.20) zu zahlen, und der Vater des Bräutigams
schenkt dem Mädchen eine vollständige Kleidung: Frauenjacke (badjo), Lendentuch (bia)
und Kopftuch (kampurina), sowie Schmuckstücke: ein Paar Ohrringe (däli) und 4 Fingerringe
(sinkäru); außerdem noch zwei Bettmatten (bòia), ein Küchenmesser (piso) und einen
Sirihkasten (tobäq).
Die spätere Vermählung vollzieht der Mudji in der Weise, daß er die Zeigefinger
der Brautleute zusammenlegt und die Fingerspitzen leicht berührt. Dann nimmt er unenthülsten
Reis, und zwar eine Handvoll vom Eigentum des Bräutigams, und eine von
dem der Braut, vermischt sie in einer Kokosschale miteinander, legt die Zeigefinger der
Hochzeiter darauf und murmelt einige Koranworte. Nicht selten wird zum besonderen
Schutz der Ehe ein silbernes Fünfcentstück, das sehr selten ist und als Talisman gilt, vorher
in die Schale gelegt.
Das junge Ehepaar lebt nun solange bei den Brauteltern, bis es genügend Geld
besitzt, um sich ein eigenes Haus zu bauen; oft 1—3 Jahre. Während dieser Zeit arbeitet
es für die Schwiegereltern, und diese Arbeitsleistung wird auf das Brautgeld in Anrechnung
gebracht. Im südwestlichen Küstengebiete sieht man öfter in einem Hause die Familie
einer oder mehrerer Töchter. Reiche Schwiegersöhne ziehen schon nach 8 Tagen in ihre
eigene Wohnung, eine in Limbo u. a. bereits allgemein gewordene Sitte. Brautraub oder
vorzeitiges heimliches Verlassen des Hauses seitens des jungen Paares ohne Einwilligung
des Vaters löst alle Familienbande. * Ein solcher Verstoß gegen den alten Brauch gilt als
Beleidigung der Ahnenseelen und des Schutzgeistes des Hauses, und ein Bisa muß diese
um Verzeihung anrufen und die ganze Wohnung ausräuchern.
In manchen Küstenorten, z. B. Wasuemba, tritt der muhamedanische Einfluß auch
insofern hervor, als das Mädchen bei der Trauungszeremonie nicht zugegen ist. Erst nach
Vollzug derselben durch einfache Berührung des Zeigefingers des Bräutigams seitens des
Mudji führt derselbe den jungen Ehemann ins Brautgemach, in welchem die Neuvermählten
bis zum Beginn des Festessens verweilen.
Das heiratsfähige Alter beginnt mit der Geschlechtsreife, bei Knaben etwa mit 15,
bei Mädchen mit 12 Jahren; eine Kinderehe soll jedoch nicht Vorkommen. Die im Archipel
weit verbreitete Sitte, sich vor der Heirat die Vorder- und Eckzähne abzufeilen, ist hier
ebenfalls bekannt, und zwar begegnet man im Innern Siid-Butons auch der Spitzfeilung,
die z. B. bei den Redjangern von WesLSumatra und den Mentawai-Insulanern üblich ist.
Der Muhamedanismus gestattet seinen Anhängern nicht nur bis zu 4 Frauen,
sondern die auf islamitischen Grundsätzen aufgebaute Staatsverfassung Butons macht auch
die T r e n n u n g d e r E h e n (kapobüli) sehr leicht. Der Ehemann kann seine Frau ohne
weiteres entlassen, hat dafür aber dem Sara-na-lipu (auch Sarat-ngalipu), dem Dorfrat, bestehend
aus dem Parabella, dem Oberhaupt, und dem Watti (Wadji), seinem Stellvertreter,
sowie Imamu und Mudji eine Abgabe von fl. 1.20 zu zahlen. Die Kinder aus solchen
Ehen werden den Wünschen beider Teile gemäß verteilt, doch hat der Vater der getrennten
Frau kein Erziehungsgeld, wie auf Lombok (s. S. 109), zu zahlen. Später kehren die
Kinder häufig zum Vater zurück, können von diesem aber nicht dazu gezwungen werden.
Die geschiedene Frau (bawine pobulina) darf wie gewöhnlich bei Malayenvölkern erst nach
110 Tagen aus Gründen der Schwangerschaftsmöglichkeit eine neue Ehe eingehen. Bleiben
solche Nachkömmlinge oder etwa ältere Geschwister in der neuen Familie, so behalten
sie den Namen des eigentlichen Vaters.
In der Nähe des Sultanssitzes bemüht sich der schon genannte Sarat Igame mit
der Schlichtung von Ehe- und E r b s c h a f t s s t r e i t i g k e i t e n , wie früher es. S. 183) auseinandergesetzt
wurde, jedoch nur auf Ansuchen der Beteiligten. Nach dem Tode des
Familienvaters sind Mutter und Kinder zu gleichen Teilen erbberechtigt, und zwar steht
der ersteren das Haus zu. Will eine Witwe wieder heiraten, so wird das Vermögen vom
Dorfhaupt geschätzt und an sie und die Kinder verteilt (bäge). In solchem Falle kommt
es vor, daß die Kinder ihr Elternhaus verlassen müssen und von Verwandten väterlicherseits
erzogen werden. Verheiratet sich hingegen ein Witwer aufs Neue, oder nimmt sich
der Mann eine Nebenfrau, so sind alle Nachkommen rechtlich gleichgestellt. E h e -
H i n d e r n i s s e bestehen außer in der Ungleichheit des Standes nur in der direkten
Blutsverwandtschaft bis ins 4. Glied; daher können Vettern- und Cousinenkinder einander
nicht heiraten. Alles in allem tragen also die E h e n a u f B u to n d e n C h a r a k t e r d e s
P a t r i a r c h a t s mit einigen besonderen Vorrechten der Frau.
Bieten uns schon die Gebräuche bei Schließung und Trennung der Ehen auf Buton
nichts wesentlich Neues, so gilt das Gleiche von denjenigen bei der G e b u r t (akoäna).
Diese vollzieht sich wie gewöhnlich im Sitzen unter Beihilfe der Hebamme (bisa koanäno),
welche den Unterleib knetet, eine Prozedur, die schon vom 7. Monat ab von Zeit zu Zeit
vorgenommen wird, um der Frucht die rechte Lage zu geben. Operative Eingriffe sind
unbekannt; tritt ein komplizierter Fall ein, so legt man der Frau nur geraspelte Kokosnuß
auf den Leib oder reicht ihr ein Purgiermittel, z. B. eine Abkochung von einem Farnkraut
(beranga, Polypodium quercifolium L.). Das Abtrennen des Nabelstranges erfolgt, nachdem
dieser durch Streichen blutleer gemacht ist, wie üblich mit einem Bambusmesserchen. Nach
der Geburt wird die Mutter mit heißem Teewasser (empäna) aus Kambu-embu- und getrockneten
Bananenblättern (mindoe) gewaschen und ihre Glieder mit Curcuma-Salbe eingerieben.
Dann folgt zur Verhinderung des Wochenbettfiebers acht Tage lang eine Erwärmung
und Bestrahlung des Rückens, durch offenes Feuer und nach weiteren acht Tagen ein
Dampfbad. Dieses erzeugt man durch Gießen von Wasser auf heiße Lehm-Ziegelsteine,
über welchen die Frau steht und die Dämpfe unter übergeworfenen Tüchern auffängt.
Am Tage nach der Geburt des Kindes vollzieht man eine den Eingeborenen wichtige
Handlung, nämlich das Vergraben d e r .N a c h g e b u r t (akäno). Diese wird gewaschen, in
Bananenblätter gewickelt und beim Hause nahe dem Mittelpfeiler, und zwar die eines
Knaben am vorderen und die eines Mädchens am hinteren Pfosten, vom Bisa oder Mudji
in die Erde gebettet. Die Bewohner Wasuembas packen sie zuerst noch vorsichtig in
Baumwolle und dann in eine sieben- bis neunfach geteilte Kokosnuß, die gut verschnürt
wird. Nach diesem Begräbnis wäscht der Priester, Bisa oder Mudji, das Neugeborene mit
kaltem Wasser und reibt es mit Curcuma-Salbe ein, worauf die Zeremonie von allen Teilnehmern
mit einem Festmahl gefeiert wird.
Nach dem Heranwachsen des Kindes, möglichst schon im Alter von 10 bis 15 Jahren,
findet bei beiden Geschlechtern die heilige Handlung der B e s c h n e id u n g (pongilo) statt, wofür
der Beschneidepriester, resp. die Priesterin (bisa pongilo), 15 Cent empfängt. Ein zweites
Fest im Leben des Kindes ist beim Mädchen der E i n t r i t t d e r G e s c h l e c h t s r e i f e . Die
Jungfrau (kalamba) hat vom Tage ihrer ersten Menstruation ab 16 (gerechnet 2X8) Tage
still und eingezogen im Hause zu verbleiben. Am Ende dieser Zeit versammelt sich die
ganze Verwandtschaft; jeder Besucher bringt ein kleines Geschenk mit oder gibt 10 Cent