unseres malayisch sprechenden Dolmetschers, den wir aus Bajan mitgenommen hatten,
hielt ich eine Ansprache, und als diese auf den Geldpunkt kam, stieß ich auf Widerspruch
bei meinen Zuhörern, der, wie sich herausstellte, auf e in s c h l e c h t e s R e c h n e n d e r
S a s a k e r zurückzuführen war. Die Rechnung lautete folgendermaßen:
Die Träger verlangten pro Tag und Kopf 75 Cent Bezahlung. Ich wollte sie auf
fünf Tage engagieren, was 3,75 Gulden ausgemacht hätte. Nun pflegen aber die Leute mit
chinesischen Messingmünzen, Keppengs, zu rechnen, wovon '6jW$ auf 1 Cent kommen.
Diese Keppengs werden zu je 200, das ist 1 Atak, auf einen Rohrfaden aufgezogen und je
5 Atak zu einem Bündel, genannt 1 Puku, das sind 1000 Keppeng, vereinigt.
3,75 Gulden sind demnach 2345 Keppengs, die ich den Leuten für ihre fünftägigen
Trägerdienste bot. Darauf entstand ein allgemeines Murren, einige standen auf und machten
Anstalten wegzugehen. Auf meine Frage, was sie denn beanspruchten, riefen sie wie aus
einem Munde: ¿1 Ringgit!“, d. i. ein Reichstaler. Vergeblich suchte ich ihnen klarzumachen,
daß 1 Ringgit nur 1600 Keppeng seien, für sie bedeutete aber das blanke Silberstück, das
sie vielleicht nur bei ihrem Klian einmal gesehen hatten, ein Vermögen. Als ich denn
jedem einen Ringgit bewilligte, hatten sie großes Vergnügen, sodaß sie die ganze Nacht
laut schwatzten und uns so die Ruhe nahmen.
Als Seitenstück sei hier sofort erwähnt, daß es den Sasakern in Sadjang immer
Schwierigkeiten machte, mit mehr als 200 Keppeng zu rechnen. Wünscherf sie für einen Gegenstand
mehr als 200 Keppeng, so verlangen sie sogleich 1 oder mehr Atak dazu. So zum
Beispiel wollte ich ein paar Kugeln Palmenzucker kaufen, wofür man 2 Atak verlangte.
Das schien mir zu viel, da man für ein einzelnes Stück im Verhältnis weniger rechnete.
So bot ich die Zahlung in Keppeng, nämlich 300, das sind l 1/* Atak, auf welchen Kauf
man mit großer Freude einging, da die große Zahl ihnen viel vorteilhafter erschien.
Äuf dem zweithöchsten Vulkan des Ärchipels.
Am 3. Mai 1909 um 5 Uhr morgens begannen wir unsere Zelte einzupacken, und
bald nach Sonnenaufgang stand der Zug der Träger, ihre Lasten einzeln oder zu zweien
an einer Bambusstange, hintereinander auf der Dorfstraße. Voran der Pamanku in Weiß,
die Träger mit weißem Kopftuche.
Als wir unsere Pferde besteigen wollten, ließ der Klian eine große Sänfte heranbringen,
die er heimlich für meine Frau hatte anfertigen lassen, da er sie vielleicht auf dem
ungesattelten Pferde bedauerte.
Mit Staunen betrachteten wir den großen Käfig, der aus dem dicksten Bambus verfertigt
war. Trotzdem schon der Anblick uns überzeugte, daß diese plumpe Kiste im Gebirge
nicht transportiert werden konnte, kletterte mein Frau, um dem Mann den Gefallen zu tun,
hinein und siehe da, die Sänfte war so schwer und hoch, daß sechs Leute sie mit Mühe
nur zehn Schritte weit vorwärts brachten.
Als wir nun glücklich zu Pferde saßen, was keine Leichtigkeit war, da die Tiere
bei unserem Anblick scheuten, und endlich abreiten wollten, mußten wir auf unseren Pamanku
warten, der in tiefster Andacht auf dem Boden hockte und mit Batara redete.
Diese kleinen Verzögerungen kamen während des Aufstieges des öfteren vor, und cs
blieb uns nichts übrig als geduldig zu warten, da man unseren heiligen Geist in der Andacht
nicht stören durfte.
Die ganze Expedition war so vom Hauche des Batara durchweht, daß Gründler
auch als weißhäuptiger Pilger erschien, eine große Serviette kunstvoll um den Kopf
geschlungen. Diese Tatsache wurde von der braunen Gesellschaft mit großer Zufriedenheit
konstatiert, zumal Gründler seine Rolle als Muhamedaner gut spielte, um über den Glauben
der Sasaker mehr zu erfahren, was jedoch nicht vom erwünschten Erfolge war. (Jedenfalls
hatte er heimlich Schweinefleisch gegessen 1)
Unser Weg führt von Sadjang in Südsüdwest-Richtung zuerst über vier Rücken
mit TroCkentälern zum Rendang Barugah (r£ndang, auch l£ndang = Bergtrift). Oberhalb
Sadjang setzt sich der früher beschriebene H o c h w a ld fort, doch nimmt das Unterholz
immer mehr ab. Nicht wie in den sumatranischen tropischen Regenwäldern, in denen drei
Etagen Bäume übereinanderstehen, kann man von einem undurchdringlichen Dickicht und
von einem, das Tageslicht verhüllenden, durch Lianen und andere Schlingpflanzen gebildeten
Laubdach reden, das keine Kräuter undSträucher unter sich aufkommen läßt. Wir haben
hier einen Monsunwald vor uns, der nur wenige Baumriesen beherbergt und in den beiden
Jahreszeiten des Ost- und Westmonsuns verschieden dichte Belaubung und unterschiedliche
Baumblüte zeigt. Manche Bäume werfen sogar während der Trockenperiode ihre Blätter
ganz ab. Wie in einem Sekundärwalde bedecken einzelne Sträucher und viele Krautpflanzen,
oft über Mannshöhe, den Boden. Besonders charakteristisch ist die üppige Moos-
und Flechtenvegetation, die in den tropischen Regenwäldern dieser Höhen auf Java und
Sumatra noch nicht zu sehen ist (Hypnum, Racomitrium, Dicranum, Polytrichum).
Schon zwischen 650 — 750 m bemerkt man die Änderung im Hochwald, den
Übergang zur gemäßigten Gewächszone. Manche vorher häufigen Pflanzen werden seltener.
Die Bäume erreichen bis 1250 m im allgemeinen größere Höhe, und man sieht fast
überall fruktifizierende Krusten- (Sticla, Pamelia) und Säulchenflechten (Cladonia), Moose,
dazwischen Bärlappe, Selaginellen, dickblätterige Kletterpflanzen (Peperomia) und gelb-,
weiß^ und violettblumige Orchideen, unter denen Plocoglottis sehr häufig ist.
Die W ä ld e r ziehen sich jedoch mit zunehmender Höhe immer mehr von den
Rücken in die Täler zurück und, nachdem sich anfangs nur hier und da eine Wiese eingeschoben,
gehen sie stellenweise bei 900 m schon in große Bergtriften, die Rendangs,
über, die bis zum Casuarinenwald die Rücken beherrschen.
Die anfangs noch auf den Rendangs auftretenden Bäume sind schwach belaubt,
vielfach krüppelig und ihre Blätter teilweise vertrocknet. Dieses hat seinen Grund in
der immer dünner werdenden Humusdecke, die sich mit den Bäumen in die Schluchten
zurückzieht.
Die R e n d a n g -G r a s t r i f t e n , die von 1100 m ab herrschend werden, erinnern
sehr an unsere Gebirgsmatten und bestehen vorwiegend aus allerlei Gräsern, besonders
rispen- und wiesengrasartigen.
In den Höhen unter 1200 m deutet das vereinzelte Vorkommen von Alang-alang-
Gras, Ried- und Binsengras in Rasen auf noch vorhandene Bodenfeuchtigkeit hin. Einige
Erdorchideen (Anoectochilus Reinwardtii Bl.) schauen aus der Grasdecke hervor, darunter
eine an unsere europäische Schuppenwurz erinnernde mit schmutzig lachsfarbenen Blüten.
Ihre grundständigen, an der Oberseite graugrünen Blätter sind unterwärts sammtartig
carmoisinrot. Zahlreich ist ein fleischfressender Sonnentau (Drosera peltata Sm.) mit ca.
25 cm langem zarten Stiel und pyramidenförmiger Blütentraube.