Wie bei den Leuten, so begannen jetzt auch bei uns Geschwüre an den Beinen
aufzutreten, und starker Haarausfall setzte bei meiner Frau und mir ein.
Besuch der Rindjani-Spitze.
So beschloß ich denn, den Segare-Anak zu verlassen und nach Plawangän zurückzukehren,
um von dort den Aufstieg auf die Rindjani-Spitze auszuführen. Auf meinen
Brief an Lalu Adam waren die nötigen Träger aus Sembälun erschienen. Bereits am 15. Mai
schickte ich Gründler mit einem Teil des Gepäcks nach Plawangän voraus und betraute
ihn damit, sofort zur Spitze weiter zu gehen, um einige meteorologische Beobachtungen
und Höhenmessungen auszuführen.
Noch immer konnten wir nicht daran glauben, daß der Rindjani auf seiner Spitze
noch einen Krater haben sollte, da diese ebenso aussah wie ein Teil des Segare-Ringwalles.
Zwei Tage später kam ich mit dem Rest der Expedition nach. In der Nacht war
sehr viel Regen gefallen, und so waren die Steilwände außerordentlich glatt und schlüpfrig.
Wir mußten uns beständig an Grasbüscheln und den hervorspringenden Felsstücken fest-
halten, um nicht zu stürzen. Häufig ging es auf allen Vieren.
Der Weg wurde uns sehr lang und sehr schwer, da bei unserem durch die Gas-
ausströrnmungen erregten Zustande das Herzklopfen häufig sich so steigerte, daß wir
ein erstickungsartiges, ängstliches Gefühl im Halse spürten. Als wir endlich auf Plawangän
ankamen, erfreute uns der frische Wind, der uns um die Nase pfiff. Wir benutzten das
bereits aufgestellte Gründlersche Zelt für uns, während wir den Leuten, die außerordentlich
froren, unser Außenzelt zur Verfügung stellten, unter dem sie ein großes Feuer unterhielten.
Viele Leute bauten sich ihr eigenes Hüttchen.
Unsere Haupttätigkeit auf Plawangän bestand in gleichzeitigen meteorologischen
Beobachtungen: von meiner Frau in 2700 m, von Gründler auf der Rindjani-Spitze 3775 m
und von mir in einer Höhe von 3200 m, resp. 3500 m.
In der Morgenfrühe stieg ich mit meinen beiden Tier- und Pflanzensammlern
bergauf und gedachte mit Gründler, der tags zuvor gegangen war, zurückzukommen.
Das erste Stück des Wegs, bis
a u j cj e n Q r a j Kraterring_
walles, ca. 400 m höher als
Plawangän, führte ziemlich steil
über die Aschenrücken, die Plawangän,
das außerhalb des alten
Ringwalles liegt, mit diesem
verbinden. Während man zur
Rechten den Steilabsturz zum
Putih-Tal hat, mit ca. 500 bis 600 m
Tiefe, liegen zur Linken enge,
F ig 7 G e o lo g is c h e s S c h ic h te n p r o f i l d u r c h d a s P u t ih - T a l , d a s t e i l w e i s e S e n k r e c h t a b f a l l e n d e
B a r r a n c o d e s S e g a r e -A n a k -R in g g e b i r g e s . (G e z . v . V e rf., Talschluchten, die nach oben
hin flach ineinander übergehen. Um auf den Grat zu gelangen, ist es nötig, die Verbindungsstücke
dieser Schluchten aufzusuchen; trotzdem muß man an einer Stelle eine Steilwand
erklettern, was aber durch das vorhandene Buschwerk erleichtert wird. In dem Gebiete
oberhalb Plawangän konnte ich eine interessante geologische Beobachtung machen. Die
Schichten fallen im Plawangän-Berge im allgemeinen mit 12° östlich ein. Oberhalb Plawangän
nimmt die Neigung allmählich zu, und es wurden 14°, 18°, 19°, 22° und 34° gemessen.
Überschreitet man nun weiter hinauf das Verbindungsstück zwischen Plawangän-Rücken
und Segare-Ringwall, so beginnt ein Nordeinfall der Schichten, und in den tiefeinschneidenden
Schluchten mißt man 16 bis 25°. Gegenüber, jenseits des Putih-Tals, im
Sangkareäng-Sembälun erblickt man im oberen Teile 9 bis 17° mit Nordnordost-Neigung.
Diese Verhältnisse soll die geologische Skizze Fig. 7 wiedergeben. Früher beobachtete
ich bereits in den mittleren Teilen eine Neigung von 22° und in der Gegend gegenüber
von Psügulan von 10 bis 12°. Weiterhin hatte ich beim Aufstieg festgestellt, daß bei
Tengengeä flach nördlich einfallende Laven auftreten. Aus dieser Lagerung geht aber
hervor, daß die Schichten ganz v e r s c h i e d e n a l tr ig e n V u lk a n b ild u n g e n angehören.
Die Aschen und Lapilli von P law a n g ä n an abwärts sind T e ile e in e s ä l t e r e n , ä u ß e r e n
R in g w a ll e s des Rindjani-Gebirges, diejenigen oberhalb, die gleichzeitig über beide
hinweggreifen, gehören zum jü n g e r e n , in n e r e n S e g a r e -A n a k -C a ld e r e n b e rg e . So
bestätigt der innere Bau den aus den Erosionsbildungen, wie sie von Sadjang aus
gesehen wurden, gezogenen Schluß, daß P law a n g ä n e in ä l t e r e s V u lk a n s tü c k
darstellt.
Verfolgt man den Grat des Ringwalles genau auf der Schneide, so ist bis ca. 3250 m
der Aufstieg ziemlich bequem, da hier die Lapilli-Schichten mehr oder weniger fest verbacken
sind. Das Gestein ist dasselbe wie in den übrigen Teilen des Krater-Ringwalles.
Von diesem Punkte aus genieße ich den vollständigsten Überblick über den Segare-
Anak (Taf. IV, Fig. 1). Sonnengold erfüllt den gewaltigen Kraterkessel. Nur hinter
Rindjani vermögen die Morgenstrahlen nicht zu dringen, und lange Schatten fallen auf den
Fuß des Baru. Die Luft ist von außerordentlicher Klarheit, sodaß man Bäume und Sträucher
einzeln zu erkennen glaubt. Die gegenüberliegenden fast 7 Kilometer entfernten Wände scheinen
so nah, daß man vermeint, in die verborgensten Winkel hineinschauen zu können. Nur
vereinzelt tauchen an den Spitzen weiße Wölkchen auf, die sich in westlicher Richtung
an den Kesselwänden entlang schieben. Jenseits der Berge, tief unten in der Ferne, liegt
die Lombok-Ebene, die am Horizont mit der Meeresstraße verschwimmt. Scheinbar einer
Wolkenschicht aufgesetzt, ragen die Kegel der großen Bali-Vulkane, Agung und Abang, in
die durchsichtigen Höhen hinein. Zu unseren Füßen liegt der ovale See mit seiner schwarzblauen
Fläche, den Baru-Kegel sichelförmig umfassend. Sein blaugrauer Fuß geht in eine
rotbraune Haube über, und seiner Spitze entströmen schneeweiße Dampfsäulen. Deutlich bemerkbar
ist der Gegensatz zwischen dem unteren, durch Erosion zernagten Teil des Kegels
und seinem oberen, fast glatten Mantel, der nur an den Übergangsstellen Terrassen bildet.
Man braucht kein Vulkanologe zu sein, um sagen zu können, daß das stark
erodierte Stück der Rest eines alten, höheren Kegels ist, der durch die jüngste Eruption
zerstört, und dem später eine kleinere Spitze aufgesetzt wurde. Auf der Ostseite des
Berges scheinen die aus jungen Agglomeraten gebildeten Terrassen den alten Vulkan ganz
zu verdecken, während die rotbraunen Laven das ganze südliche Segment um den Baru
erfüllen. Nur einige, durch Flechtenüberzug weiß aussehende Felsen aus dunklem Andesit
an dem Ufer verraten auch hier die alten Vulkangebilde. Die aus losen Vulkanprodukten
bestehenden Terrassen machen den Eindruck, als hätte ein zähflüssiger Brei sich dachziegelartig
übereinander aufgehäuft.