in der Region des Krüppelbusches gefundenen „Vergißmeinnicht“ haben hier oben dieselbe
schöne blaue Farbe wie in Europa, während sie ungefähr 1000 m tiefer ganz weiß sind.
Das Auftreten einer an Europa erinnernden Flora in der kalten Vegetations-Region der
Tropen berührt uns Europäer ganz heimatlich, besonders, wenn man direkt aus der heißen
Zone mit ihren Palmenhainen kommt.
Die Sembälun-Hochebene.
Während ich Gründler auf Plawangän zurückließ, um dort meteorologische Beobachtungen
vorzunehmen, stiegen meine Frau und ich mit dem Hauptgepäck der Expedition
zur Sembälun-Hochebene hinunter. Anfangs verfolgten wir unseren alten Weg
über Psügulan nach Tenengeä, von wo aus wir ostwärts wanderten. Hier hatten wir viel
größere Täler zu überschreiten. Der Tangkok anjar, d. i. Leiterfluß, hat derartige Steilwände,
daß unsere Sembälun-Leute vorher eine Reihe von Stufen aushauen und lange Leitern anbringen
mußten. Diese bestanden lediglich aus eingekerbten Baumstämmen, die von weit
her geholt waren. Mit Hilfe eines Rohrseils klommen wir an ihnen empor, aber für unsere
Träger war es keine Kleinigkeit, die langen Gepäckstücke nach oben zu bekommen. Auch
beim Kediri-Fluß, der ebenfalls ein Tangkok, d. i. Loch hat, stiegen wir auf etwas besseren
Bambusleitern hinunter und hinauf.
Von hier ab wurde das Terrain flacher, daher konnten wir für den kleineren Rest
des 9l/2 ständigen Abstiegs Pferde benutzen, die ich mir von Lälu Adam hatte entgegenschicken
lassen.
An der Mündung des Kali mati, des „toten Flusses“, betraten wir das von Sembälun
herkommende Tal des Djurit-Flusses, den wir bis zur S e m b ä l u n -H o c h e b e n e verfolgten.
Schon von ferne hörten wir das fröhliche Singen der Sasaker, die mit ihren Büffeln
die Reisfelder beackerten. Unsere Leute begrüßten ihre Heimat mit lautem Gesang, dessen
Text nur aus Ho-Ho-Ho-He-He-ö-ö- in mehrfacher Wiederholung bestand, sich in Triller
erhob und in langgezogenen Tönen endete. Unseren Ohren tat dieses schrille, unmelodische
Gesinge direkt weh.
Der Anblick der vielen Reisfelder mit den arbeitenden Menschen, die großen
Herden von Wasserbüffeln, die vielen wohlgenährten Pferde und Ziegen, die auf den Bergmatten
umherkletterten, erfreute uns höchlich, nachdem wir so lange die tote Gebirgswelt
hatten schauen müssen.
Der größere Teil des Gebietes von Tengengeä bis zur Sembälun-Hochebene wird
von üppigen, feuchten, blumenreichen W ie s e n eingenommen, die man sonst in den Tropen
nicht zu sehen bekommt, und auf denen schöne große Schmetterlinge, farbenprächtige
Schwalbenschwänze und Segelfalter, sowie vor allem große Weißlinge (Delias oraya, subsp.
lydia Doherty), ausgesprochene Höhentiere, von Blüte zu Blüte schweben. An einigen Stellen,
besonders an den Abhängen des Rindjani, gehen die Bergwiesen in eine P a r k l a n d s c h a f t
(Taf. VIII, Fig. 2) über, die meist jedoch nur aus niedrigen Bäumen und Büschen,
besonders Akazien, Schneeball- und Lorbeer-Sträuchern, weidenblättrigen Myrsineen u. a.
besteht. In der Sembälun-Ebene selbst begegnet man auf den Wiesen nur vereinzelt
Baum- und Buschgruppen, besonders einigen kleinblättrigen Feigen und Bambusen. Die
Höhen ringsumher aber, im allgemeinen von 1700 m Meereshöhe ab, sind mit Casuarinen
besetzt, die im nördlichen Teile bis gegen 1600 m, im südlichen nur bis ca. 1800 m
hinabsteigen.
Da es auf der Sembälun-Hochebene trotz ihrer ca. 1200 m betragenden Höhenlage
warm ist, findet sich hier ein verhältnismäßig reiches Tierleben. Scharen von Reihern,
u. a. der graue Silberreiher, der große Purpurreiher, Arten, wie sie auch auf Java Vorkommen,
große schwarze Störche (Dissoura episcopus Bodd.) mit scharlachroten Füßen,
Schnabel und Augen, sowie Wildenten (Anas) und Wasserhühner (Gallinula) erblickt man
auf den Reisfeldern. Wieder hört man die halb pfeifenden, halb sprechenden Rufe eines
spechtähnlichen, graubraunen Vogels mit einem Nasenhöcker (Philemon timoriensis Müll.),
eines Charaktervogels der australischen Fauna. Zahlreiche schneeweiße Kakadus (Cacatua
parvula Bonap.) geben den Bäumen ein Aussehen, als sähe man aus der Ferne blütenbedeckte
Zweige. Hier fliegt krächzend ein kleiner grüner Papagei vorbei, dort leuchten
in hellgelben Farben große Pirole (Oriolus maculatus Vlell. und Or. broderlpi) als echte Vertreter
der indischen Vogelwelt aus dem Blätterdickicht hervor. Unter dem kleinen Gevögel fallen
langschwänzige graue Würger und Kukuke (Lanius-Cacomantis-Buchanga-Arten) neben den
schon von der Nordküste bekannten Honigsaugern und Insektenfressern auf. Besonders
zahlreich sind Feld-, Frucht- und Turteltauben, vereinzelt sieht man auch die bereits genannten
Fliegenschnäpper sowie Eisvögel, darunter ein prächtig violetter mit rotem Schnabel
(Monachalcyon fulgidus Gould).
Bald hatten wir die große Ebene durchquert und hielten im Pasanggrahan unseren
Einzug. Noch in der letzten Stunde hatte uns eintretender Regen völlig durchnäßt; als
aber zur Begrüßung Lälu Adam erschien und uns eine große Schüssel mit allerlei Kuchen
und einen dampfenden Gebirgskaffee vorsetzen ließ, da fühlten wir uns wieder wie zu
Hause. Das Heimatgefühl erhöhte sich durch die Rosen, welche vor dem Pasanggrahan
wuchsen. Als meine Frau einige davon pflückte und ins Glas stellte, erregte dieser
Tischschmuck große Verwunderung bei den Sasakern.
In Lälu Adam lernten wir den ersten Adeligen kennen. Der Adel steht zu
dem gewöhnlichen Manne (Pangäya) in einem gewissen Gegensatz, doch ist dieser
nicht so schroff wie bei den streng in vier Kasten gesonderten Baliern. Man findet hier
auf Lombok für einen Adeligen sowohl die javanische Bezeichnung: Räden und Bäpa, wie
auch die sumbawanesische: Dätu und die balinesische: Djfcro. Ihre Frauen heißen: Dända,
die Nebenfrauen: Mamädu. Während die Söhne einer Dända: Prawängsa oder Bäi'h genannt
werden, heißen die einer Mamädu: Lälu. So ist Lälu Adam der Sohn der Nebenfrau des
altadeligen Oberhauptes von Pringabaja.
Der Sasaker pflegt bei Geburt eines Sohnes einen neuen Namen, nämlich den dem
letzteren beigelegten, anzunehmen. Gibt ein Pangäya diesem den Namen Towa, so heißt der
Vater selbst nunmehr Ama Towa, ein Prawängsa jedoch Mami Towa, ähnlich wie die Javanen
Bäpa Towa sagen würden. Solange der Sohn einer Dända jedoch kinderlos ist, führt er den
Namen: Nüna. So hat bei der Geburt der Raden Nüna von Selong seinen Sohn Djunäp
geheißen und dadurch selbst den Titel Raden Nüna Djunäp angenommen.
Folgende Zusammenstellung enthält die Namen der Familienglieder, wie sie einerseits
vom Adel, andererseits vom Volke gebraucht werden: