Als wir vom Orte Puübi, wo wir uns einen Ruhetag gegönnt hatten, wie gewöhnlich
um 6 Uhr morgens aufbrechen wollten, fanden sich für einen Teil des Gepäcks keine
Träger, und alles Suchen nach den Verschwundenen war vergebens. Der Herr Leutnant,
der bereits mit seinen Soldaten und seiner Karawane marschbereit dastand, machte mir
ungeduldig Vorwürfe über meine Unpünktlichkeit und daß ich nicht für das rechtzeitige
Eintreffen meiner Träger Sorge getragen hätte. Ich gab darauf ruhig den Befehl,
daß sämtliche Träger, auch die des Leutnants, ihr bereits aufgenommenes Gepäck wieder
niederlegen und jeder nur diejenige Last aufnehmen sollte, welche er bereits an den vorhergehenden
Tagen getragen hatte. Und siehe da, durch diese einfache Maßregel kam es
zu Tage, daß es nicht meine Träger waren, die fehlten, sondern die des Herrn Leutnants,
der nunmehr so ziemlich allein stand auf weiter Flur.
An diesen Vorfall möchte ich eine Bemerkung über meine Erfahrungen mit der ja
oft notwendig werdenden m i l i t ä r i s c h e n B e d e c k u n g knüpfen. Eine wissenschaftliche
Expedition mit Zeltlager und großem Gepäck, aber wenig Gehilfen und vielen, aus den
Landeskindern bestehenden Trägern darf nicht als ein Kriegsmarsch betrachtet werden.
So notwendig die Soldaten oft sind, so schränken sie die Bewegungsfreiheit einer Expedition
doch sehr oft stark ein. Eine militärische Kolonne soll im allgemeinen nach bestimmter
Zeit Rast machen, vor allen Dingen eine größere Mittagspause. Bei einer Expedition
aber wird man das eine Mal früher, das andere Mal später Halt machen müssen,
je nachdem die Erforschung irgend eines Gebietes es verlangt. Nach meinen Erfahrungen
muß man sich daran gewöhnen, nur zweimal am Tag, des Morgens vor und des Abends
nach dem Marsch zu essen, und mittags nur eine kurze Ruhepause zu machen, ohne eine
reichliche Mahlzeit zu sich zu nehmen. Die oft mehr als eine halbe Stunde lange Trägerkolonne
muß, wenn sie vorschriftsmäßig unter militärischer Deckung geht, alle Augenblicke
stehen bleiben, sobald es die Sammeltätigkeit oder irgend eine Untersuchung verlangt, wodurch
sie Gefahr läuft, vorzeitig zu ermüden. Denn ein Zurückbleiben des Forschers ist
ebensowenig möglich wie ein Vorausgehen, da er wie seine Trägerkolonne zur eigenen
Sicherheit stets zwischen der Spitze und der Nachhut marschieren müssen. Wenn dann der
Patrouillenführer seine Aufgabe rein militärisch auffaßt und die Kolonne parademäßig zusammen
halten will, dann treten alle Augenblicke unliebsame Störungen ein; nimmt er aber
Interesse an der Tätigkeit der Expedition, so kann der Nutzen unter Umständen ein großer
sein. Im ersten Falle sind die Soldaten nur Sicherheitsorgane und stehen einem überall
im Wege, im zweiten beaufsichtigen sie sowohl das Verpacken wie den Marsch des
Kuli-Zuges.
Von Puübi in Lankäpa mußten wir, um den T a n k ö n o - t a n k ö n o (auch: tängköno)
zu besteigen und die Sümpfe der Lankäpa-Ebene zu umgehen, zuerst am Fuße des Tadöha
entlang nach Westen hin über dessen Ausläufer, den Bura und Puröo, marschieren. Wir
passierten den Lankäpa-FIuß an der Stelle, wo die ersten Ausläufer des Tanköno-tanköno
die des Tadöha berühren, und zwar am Amäla-Berge, der den Marorene besonders heilig
ist. Wir verfolgten zwischen diesem und dem Tambeha-Rücken einen linken Seitenarm des
Lankäpa bis zum Dorfe Lantobüa. Von der Höhe des Tankdno-tanköno genossen wir
einen prächtigen Blick über die Rumbia-Ebene, die von der Tiworo-Straße im Osten weit
ins Land nach Westen und Nordwesten zieht und im Norden von einem ausgedehnten
Gebirgszuge mit den Kuppen Mendöke, Osso Sohua, Onemäno, Watu-muhäi in nordwestsüdöstlicher
Richtung bis zum Meere reicht. Mein Plan, direkt nach einem Orte Silbso am
Nord-Fuße des Tankdno-tankdno nordwärts zu marschieren, scheiterte am Widerstand
der Führer, welche nur auf ihrem gewohnten Fußwege über Doöleh, auch Päsar Buton
oder Rumbia genannt, dem Haupthandelsplatz an der Ost-Küste, gehen wollten. Infolgedessen
mußten wir einen Umweg von etwa 4 Stunden machen.
Durch Strandsümpfe, Graswildnisse und Mangroven kamen wir nach Doöleh, wo uns
ein wenig erfreulicher Anblick zuteil wurde. Alle gefangenen und erlegten Büffel werden von
den Maronene hierher gebracht, wo Butonesen sie abhäuten und ihr Fleisch trocknen. Das ganze
Dorf, das aus langen Reihen von Hütten besteht, war von Haufen von Schädeln, Knochen
und Eingeweiden der Büffel umgeben. Tausende von dicken Schmeißfliegen und ganze
Wolken von kleineren Arten umschwärmten die Fleischmassen und die aufgespannten Büffelfelle.
Ein geradezu pestilenzialischer Gestank lag schwer in der Atmosphäre. Nachdem ich
hier einen durch Boten überbrachten Brief in Empfang genommen hatte, mit der Angabe
des Aufenthaltsortes des Civiel-Gezaghebbers von Koläka, Herrn Wieland, welcher der Verabredung
gemäß uns entgegenkommen sollte und sich bereits am Lankawälu-Fluß nördlich
von La-Rongköo ( = der Wald) befand, und nachdem wir schnell noch einige unserer Träger, die
aus Angst vor dem Norden gern zurückkehren wollten, durch andere ersetzt und einen
Führer gefunden hatten, eilten wir schleunigst weiter. Anfangs gings durch Mangroven,
später durch sumpfiges, aber wegen des Ost-Monsuns fast ausgetrocknetes und gut passierbares
Grasland. Der Boden war überall schwarz, eine Ablagerung von Meeresschlamm.
Weiter landeinwärts sahen wir Bambuswildnisse und Gruppen von Fächerpalmen, sowie an
einer Stelle einen niedrigen Djattiwald. Als wir nach langem Suchen in der Nähe von
Silbso einen Bach gefunden, konnten wir nach 7>/2 stündigem Marsche unser Lager aufschlagen.
G e o 1 o g is c h besteht das bereiste Gebiet von S ü d - R u mb ia aus Gesteinen der Glimmerschieferformation,
Biotitschiefern im Hangenden und Glaukophanschiefern im Liegenden.
DieSe letzten treten zuerst auf der Nord-Seite des Tankeno Tadöha auf und konnten weiter
nördlich in der Lankäpa-Ebene und am Tanköno-tanköno nachgewiesen werden; sie enthalten
nach Untersuchung von Prof. Bücking Plagioklas, Granat, Zoisit, Eisenkies und andere
Mineralien. Der am tiefsten liegende Horizont kommt im Gebiet des Lankäpa-Flusses zutage.
Bezüglich des G e b ir g s b a u e s wurde bereits erwähnt, daß die drei südlichen Parallelketten
ONO-WSW streichende Gesteinschichten enthalten. Diese ändern ihren Verlauf in
dem weiter nördlich angrenzenden Gebiete fortschreitend unter gleichzeitiger Zunahme
ihres Einfallswinkels, und zwar vom ursprünglichen StreichenO 14—15°N auf 0 2 0 °N mit
26 Neigung bei Lantobüa, dann nördlich von diesem Orte und in der Nähe des Lankäpa-
Flusses 0 22 ° N mit 28°, sowie jenseits der Ebene im südlichen Vorhügel der Tankeno-
Kette, dem Tambeha, 0 28 0 N mit 42 0 Einfall und schließlich südöstlich hiervon im Amala-
Berge 0 28^-29° N mit 49° (s. Text-Karte Fig. 131).
Auf dem Nord-Abhang des Tanköno-tanköno, etwa in halber Höhe, fallen die Gesteinslagen
jedoch plötzlich nordwärts ein, werden noch steiler, nämlich 52—56° und streichen
W 17° N. Sie verhalten sich also gerade umgekehrt wie diejenigen in den südlichen Randketten.
Nur eine Stelle, ein kleiner in die Ebene hineingeschobener Hügel, hat noch südliche
Neigung (58 °), aber das gleiche Streichen, stellt vermutlich also eine isolierte Scholle dar.
Aus den geschilderten Lagerungsverhältnissen geht nun Folgendes hervor: S ü d -
Rum b ia b e s te h t a u s e in em S y s tem v o n s c h u p p e n fö rm ig ü b e r e in a n d e r g e s c h o b e n e n
G e b irg s s c h o lle n , d ie s ic h im T a n k e n o - ta n k ö n o um e in e n H o r s t v o n d e r G e s ta lt
e in e s K eiles g r u p p ie r e n , d e s s e n S p itz e n a c h W e s t w e is t. D e r s ü d lic h e F lü g e l
fä llt in d re i p a r a lle le n R a n d s ta f fe ln z u r R u m b ia -S tr a ß e zw is c h e n dem F e s tla n d e