Ein kurzer Ritt führte uns nach Pringabaja. Der von Mauern umgebene Gerichtsplatz
vor dem Doriviertel, das die Wohnungen des Distriktshauptes einschließt, war wie
geschaffen zur Aufstellung unserer Zelte.
Der Ort P r i n g a b a j a liegt an der Kreuzung einer vorzüglichen Kunststraße. Mit
seinen 683 Wohnhäusern ist er eines der größten Sasak-Dörfer. Auch hier liegen die Häuserreihen
in Nordsüd-Richtung, mit der Vorderfront nach Süden. Lehmmauern umgeben die
vier Hauptmauern des Dorfes. Ungefähr in der Mitte liegt der Marktplatz, auf dem von
morgens bis abends unter einem Bambusdach Verkäuferinnen mit fertigen Eßwaren hocken,
während morgens zahlreiche Händler von der Küste ihre Waren gegen die Produkte des
Binnenlandes vertauschen. Pringabaja bildet für Nordost-Lombok den Mittelpunkt des
Handels. Große Mengen von Zwiebeln
gehen von hier aus alljährlich nach dem
Hafenplatze Labuan-Hadji. Die allgemeine
Anlage entspricht dem von Swdla gegebenen
Plane.
Das Distriktshaupt von Pringabaja, mit
dem wir schon mehrfach schriftlich zu tun
gehabt hatten, sollten wir heute von Angesicht
schauen. Wir waren nicht wenig erstaunt,
als ein sehr korpulenter Mann mit
zwei ebenso dicken Begleitern erschien. Diese
beiden, in Fig. 53 abgebildeten Männer stellen
zwei gute Sasak-Typen aus dem östlichen
Lombok dar. Der eine der beiden, der
Schreiber des Distriktshauptes, dokumentiert
seine Zugehörigkeit zum Adel durch das in
einem langen Zipfel vorn niederhängende
Hüfttuch, eine auch bei den Baliern verbreitete
Sitte (s. S. 5). Meinem javanischen
Diener Karto, der sich auch gern Raden
titulieren ließ, und der hauptsächlich meine
malayische Korrespondenz führte, gefiel
dieses adlige Abzeichen so sehr, daß er
sein Hüfttuch ebenfalls vorn lang schleppen
F ig . 53. Z w e i w o h lg e n ä h r te S a s a k e r , e in A d e l ig e r «
u n d e in M a n n a u s d em V o lk , a u s P r in g a b a j a . l i c k ) .
Das schwerfällige Distriktshaupt von
Pringabaja litt stark an Asthma. Er erzählte mir sofort, daß ihm der Kontrolleur von
Selong des öfteren Asthma-Zigaretten geschenkt hätte und bat auch mich darum, worauf
ich ihn auf eine Bestellung derselben in Surabaia vertrösten mußte. Doch stellte der hohe
Herr noch weitere Anforderungen an meine medizinischen Kenntnisse. Er zog seine
Jacke aus und zeigte seinen feisten, krätzebedeckten Körper. Unter furchtbarem Kratzen
machte er mich auf die verschiedenen besonders schlimmen Stellen aufmerksam. Ich
holte dann eine Büchse grauer Quecksilbersalbe hervor und ließ unseren werten Besuch
sich damit einreiben.
Der Fortschritt in der Entwickelung des Sasak-Dorfes im Vergleich zu den Gebirgsbewohnern
ist augenfällig. Einzelne Häusergruppen innerhalb der vier Dorfviertel sind
wiederum mit Lehmmauern (tämbok) abgeschlossen und jede Familie hat ihr Eigentum
durch einen Bambuszaun (kämpu) vom Nachbargebäude getrennt.
Zum ersten Male sehen wir S e n k b r u n n e n (tjerübung sümur), die meist mehreren
Familien zusammen gehören. Sie sind unseren europäischen Kesselbrunnen ähnlich, besitzen
einen Durchmesser von einem Meter und kommen bis zu sieben Meter Tiefe vor.
Ihre Innenwand ist aufgemauert aus Kopfsteinen mit Lehm und die Öffnung bis auf ein
Loch in der Mitte zugedeckt, auf dem ein tonnenartig ausgehöhlter Palmenstamm steht,
um das Eindringen von Schmutz zu verhindern. Zum Schöpfen des Wassers bedienen
sich die Sasaker vorwiegend zusammengebogener Lontar-Blätter (djontal, auch duntal), die
wie Lampignons aussehen oder Schöpfeimer (gäjong üpih) aus Pinang-Hüllblättern, die mit
einem Griff (gäpit) versehen sind. Die Anlage von Brunnen entspringt dem Umstand,
daß das nur spärlich vorhandene Oberflächenwasser für den großen Ort nicht ausreicht.
Besonders bemerkenswert für Pringabaja ist der auf der einen Seite jeden Hauses
sich befindende Baderaum und der auf der anderen liegende Abort. Der B a d e ra um besteht
aus drei Wänden von Bambusgeflecht, in dessen einer Ecke ein großer tönerner Wasserkübel
(bong) auf dem gepflasterten Boden steht, der bei vielen Häusern durch eine Wasserleitung
aus Bambusrohren (pandjör) mit dem Brunnen verbunden ist. Gelegentlich ist
auch eine Art Badewanne (bong b£l£) angebracht, ein im Erdboden mit Kalk und Steinen
ausgemauertes Loch. Nahe dem Brunnen befindet sich eine ähnliche, steinausgelegte
Bodenvertiefung als Badewanne für die Kinder (sumür ketjil).
Der A b o r t (pätjiringäng) ist meist überdacht und stellt eine brunnenähnliche, tiefe
Grube dar, die in der Höhe des Erdbodens bis auf ein kleines Loch zugedeckt ist, das
durch einen Holzdeckel verschlossen wird. Hier begegnete mir zum ersten Male diese Einrichtung;
denn in den übrigen Dörfern fehlt sie meist, da diese sich durchweg in der Nähe von
fließendem Wasser befinden, welches bei den Malayen allgemein zur Defäcation benutzt wird.
Außer Pferde-, Hühnerställen und T a u b e n s c h lä g e n , wie sie in Sw£la schon Vorkommen,
hat man hier merkwürdigerweise auch noch H u n d e h ü tte n . Man ist sonst bei
den meisten muhamedanischen Malayen-Stämmen gewohnt, die Hunde verwildert umherlaufen
zu sehen. Schon in Sembälun fällt es auf, daß ihnen in besonderen Holztrögen Fressen
bereitet wird. Trotzdem aber sieht man viele Tiere, die nur aus Haut und Knochen bestehen.
Neben Reisschobern, großen (sämbi) und kleinen (päntak), sowie Büffel- und Kuhkraalen
aus Baumstämmen (bäran sämbi), Ziegen- (bäran bemb£) und Pferdeställen (pondök
djarän) trifft man im Dorfe zerstreut noch eine besonders bemerkenswerte Einrichtung,
nämlich P f e r d e k r i p p e n (kobokän djarän), die in einem Pfeiler aus Steinen mit Lehm
bestehen und oben eine Vertiefung, gewöhnlich mit einer Tonschale, haben.
- -Den P fe rd e n scheinen die Sasaker überhaupt mehr Pflege und Liebe entgegenzubringen
als die Javanen. So achten sie genau auf ihre Krankheiten. Bei Windkolik binden
sie einen Gürtel (sakanih) fest um den Bauch des Pferdes und bewegen- das Tier, bis
Besserung eintritt. Auch von der Anwendung einer Art nasser (Priesnitz-)Umschläge zur
Beseitigung von Kolik machte man mir Mitteilung. Um die Pferdezucht zu fördern, hat
die holländische Regierung seit einigen Monaten in West-Lombok einen Tierarzt stationiert.
Für einen gewissen Ordnungssinn zeugen große Bambusrecks (lalatäng kerfcng),
wie sie in Europa zum Teppichklopfen gebraucht werden und hier zum Trocknen der
Kleider dienen. Man sieht sie fast hinter jedem Hause. Auch unter den Hausdächern
oder im Hause selbst findet man noch ähnliche schwebende Recks (pendjampeäng kerfcng)
zum Zeugtrocknen und Glätten durch Beschweren mit einer Holzstange. Die Sauberkeit