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 sondern  einer  gelben  Farbe  und  nimmt  gelegentlich  die Gestalt  eines Menschen  an.  Er bewohnt  
 eine  Höhle,  Sangia  omäne  ( =   das  männliche  Heiligtum),  im  Steilufer  der  Süd  Küste  
 bei  Burangäsi, wo  sich  in  einer Bucht  ein  sehr  tiefer  Kolk  befindet,  d a s   A u g e   d e s  M e e r g 
 o t t e s :   Matäna  sangia.  Seine  Frau  haust  in  einer  zweiten  kleineren  Grotte, Sangia  bawine  
 (bawine,  das Weib).  Nach beiden  darf aber niemand  mit  den  Fingern  zeigen  oder  gar 
 sein  Bedürfnis  in der  Nähe des heiligen  Auges  verrichten,  da  sonst  unweigerlich  das  Boot 
 vom  Strudel  verschlungen  würde.  Die  in  der  Nähe  dieser  Höhlen  wohnenden  Butonesen,  
 besonders  diejenigen  von  Burangäsi,  pflegen  von  Zeit  zu  Zeit  Opfergaben  dort  niederzulegen. 
   Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  daß  die  Gefahren  des  strudelreichen  Meeres  und  
 die  Seeräuber,  die  hier  einen  sicheren  Schlupfwinkel  besitzen,  die  heilige  Scheu  vor  diesem  
 Orte  als  den  Wohnsitz  eines  Geistes  hervorgerufen  haben.  Dieser  Gott  genießt  auf  ganz 
 Süd-Buton  eine  besondere  und  bei  
 einem  seefahrenden  Volke  sehr  begreifliche  
 Verehrung.  Man  errichtet  
 ihm  eigene  O p f e r a l t ä r e ,   die  ebenfalls  
 Ombo  genannt  werden.  ln  
 Wasuemba  liegt  ein  solcher  mitten  
 im  Dorfe  (Taf.  XXII,  Fig.  2);  es  ist  
 ein  Steinpfeiler  und  ein  galgenartiger  
 Opferpfahl  auf  einem  Hügel  aus  aufgehäuften  
 Korallenblöcken.  Bei  Eintritt  
 eines  jeden  neuen Monsuns  oder  
 zu  Beginn  einer  größeren  Seereise  
 legt der Gläubige Früchte, wie Bananen,  
 Kokosnüsse, Kladium- und Ubi-Knollen  
 wie  Gemüsestengel  („kampurüsi“,  in  
 Bau-bau „kaläme“ genannt) dort nieder.  
 Zu Neujahr  (biduäno  küri)  aber  feiert  
 man  ein  großes  O p f e r  f e s t,  und  der  
 Gott erhält von der gemeinsamen Tafel  
 F ig .  99.  O p f e r s to c k   am   M i t te lp f e ile r   d e s   W o h n h a u s e s ,  d e r   a u f   d em   O p f e r s 
 seinen  gebührenden  Anteil.  —  Außer  den  verschiedenen  Klassen  von  Seelen,  Geistern  und  
 Gottheiten  gibt  es  auf Buton  noch  einen  Herrn*)  der Geister,  der  L a k in a   S a n g i a   JG o la .  
 Dieser  gilt  als  der  Schöpfer  der  Welt  und  war  in  der  Urzeit  König  der  Insel  Buton.  
 Heute,  so  sagte  man  mir,  kümmert  sich  der  Gott  nicht  mehr  um  die  Menschen,  und  man  
 braucht  keine  Angst  vor  ihm  zu  haben.  Da  Furcht  der  einzige  Grund  ist,  weshalb  die  
 Menschen  Opfer  darbringen,  so  genießt  dieser  Geist  keinerlei  Verehrung.  Wahrscheinlich  
 ging  er  aus  der  Ideenverbindung  eines Oberwesens mit  der  Seele  eines  mächtigen Urahnen  
 hervor.  Diese  Entstehungsart  wird  auch  wahrscheinlich  durch  die  Sage  von  der Schöpfung  
 des  Buton-Volkes.  Dieser M y th u s   ist  recht  interessant  und  lautet  nach  der Darstellung  der  
 Butonesen  des  Distriktes  Laporo-Limbo  folgendermaßen: 
 Eines  Tages  ging  der  Lakina  Sangia  J  Gola  in  Begleitung  einer  Sklavin  (batüaq)  
 und  seines  Hundes  Mantöa  in  den  Wald  bei  Hötu,  als  das  Tier  in  einem  Baum  einen  
 W a ld m e n s c h e n   witterte.  Der  König  nahm  diesen  mit  sich,  legte  ihm  den  Namen  La  
 *)  Die  Vorstellung  als  Oberwesen  oder  Obergeist  kommt  jedoch  nicht  ganz  klar  zum  Ausdrück.  
 Zusatz  v.  Verf. 
 t e in   e r r i c h t e t   i s t ,   in   L im b o . 
 Hötu  bei  und  gab  ihm  bei  Sampuläwa  ein  Stück  Land,  das  er  nach  ihm  Hötu  nannte  (ein  
 heute  nicht  mehr  bekannter  Ort  bei  Lapöla  nahe  der  Süd-Küste).  Dieses  Wesen  sprach  
 kein  Butonesisch,  sondern  nur  Bangaiisch,  wie  die  Leute  auf  den  Inseln  nordöstlich  von  
 Celebes.  Er  sollte  nach  dem  Wunsche  des  Gottes  der  Stammvater  der  Bevölkerung  von  
 Buton  werden.  Zu  diesem  Zwecke  lehrte  Sangia  J  Gola  den  La  Hötu  die  Kunst,  durch  
 Reiben  zweier Holzstücke  Feuer  zu  machen  und  erteilte  ihm  den  Befehl,  stets  einen  großen  
 Brand  vor  dem  ebenfalls  für  ihn  gebauten  Hause  zu  unterhalten.  Da  kamen  viele  Leute  
 voller  Neugierde  aus  allen  Teilen  des  Landes  und  wärmten  sich  daran.  Besonders  aber  
 gefiel  es  den  Frauen,  sich  des  Abends  an  dem  Feuer  niederzulassen  und  bei  La  Hötu  zu  
 übernachten.  Daraus  erwuchs  dann  eine  zahlreiche  Nachkommenschaft.  So  entstand  aus  
 der  Vereinigung  der  Kinder  des  Landes  mit  dem  Waldmenschen  La  Hötu,  der  als  Schiffbrüchiger  
 auf  einem  Baumstamme  von  Bangai  nach  Buton  gekommen  war,  allmählich  ein  
 Volk,  das  sich  über  die  ganze  Insel  verbreitete.  Auf  diese  Weise  wurden  in  dem  Distrikte  
 Tonanbülu  (in  der  Sage  auch  Tudangbulo  genannt)  die  Dörfer  Lapöla,  Täna-üko,  Sampea,  
 Watu-rämpe,  Kowi-änaq,Äimbo,  Kasömbu  und  Bänte  gegründet. 
 Eine  ganz  ähnlibhe  Sage  erzählte  man  mir  in  Wakahaü  mit  dem  Unterschiede,  daß  
 der Waldmensch  und  S t a m m v a t e r   den  Namen  La  S iü m p u   trägt  (siümpu  =  vereinigen,  
 zusammenfügen,  sowie  auch  .d e r  Name  einer  Insel  an  der  Südwest-Ecke  Butons),  eine  
 Bezeichnung,  welche  die  Vereinigung  des  einheimischen  mit  dem  fremden  Völkerelement  
 andeuten  soll.  Dieser  Mythus  enträtselt  uns  also  in  einfacher  Weise  ein  anthropologisches  
 Rassenproblem. 
 Wie  aus  den  geschilderten  religiösen  Anschauungen  hervorgeht,  muß  man  d ie   
 B e w o h n e r   d e s   m i t t l e r e n   S ü d -B u to n   als  H e id e n   bezeichnen.  Von  Küstenleuten  
 haben  sie  jedoch,  wie  ich  erfuhr,  gelegentlich  auch  einmal  den  Namen  eines großen  Geistes,  
 eines  Sangia  und  Dewa:  Au  La  T a ä l a ,  also  des  muhamedanischen  Allah,  nennen  hören.  
 Dieser  soll  die  Menschen  geschaffen  haben  und  sie  auch  sterben  lassen,  doch  wisse  man  
 nicht,  wo  er  wohne,  und  wie  man  ihn  verehren  müsse. 
 Die  Seelenverehrung  isfcln  ganz  Indonesien  weit  verbreitet.  Seelenhänschen  sind  
 vor  allem  östlich  von  Buton  aus  den  Molukken  bekannt  und  kommen  auf  einigen  Inseln,  
 z.  B.  im  westlichen  Ceram,  zusammen  mit  S e e l e n u r n e n   oder  -töpfen  vor,  eine  Erscheinung, 
   die  auch  bei  den  Dajakern  Borneos  weit  verbreitet  ist.  Grabdenkmäler  mit  so  
 schönen  und  mannigfaltigen  Schnitzereien  und  scharf  von  einander geschiedene  Wohnungen  
 für  die  Seelen  der  Verstorbenen  und  die  Ahnenseelen  wie  auf  Buton  wüßte  ich  weiter  
 nicht  aus  dem  Archipel  anzuführen.  Menschliche  Figuren  als  Grabzeichen  kennt  man  von  
 den  Niassern,  Tagalen,  Bisayas  und  den  Bewohnern  der  Südwester-Eilande,  wie  Letti,  
 Luang  und  Wetar.  Darüber  wird  später  im  Kapitel  „Die  Insel  Wetar“  Näheres  berichtet  
 werden.  Sie  dienen  ebenfalls  als  Aufenthaltsort  der  Seelen  und  werden  sozusagen  wie  
 Fetische  verehrt  und  dann  selbst  in  besonderen  Geisterhäusern  aufbewahrt. 
 Während  die  Seelenverehrung  und  der Geisterglaube  einen  ursprünglichen  Charakter  
 tragen,  weisen  die  G e b r ä u c h e   b e i  S c h l i e ß u n g   u n d   T r e n n u n g   v o n   E h e n ,  bei  
 Geburten  und Beschneidung  eine  Mischung  mit  islamitischen  Sitten  auf,  und  zwar vorzugsweise  
 in  den  Küstengebieten.  An  Stelle  des  Brautvaters,  der  die  Ehezeremonie  vornimmt,  
 ist  an  den  meisten  Orten  der  muhamedanische  Priester,  der  Mudji  (Motji)  getreten.  Diese  
 Tatsache  findet  jedoch  in  rein  politischen  Verhältnissen  ihre  Erklärung,  denn  Sultan  und  
 Sarat  Igame,  der Glaubensrat,  schreiben  eine  sozusagen  „kirchliche Trauung“  vor,  erklären  
 ohne  diese  die  Ehe  für  ungültig  und  behandeln  die Erbschaftsstreitigkeiten  dementsprechend.