Wenn man in der magnetischen Breitenparallele des
Dorfes Gurkab auf dem östlichen Nilufer fortgeht, so
kömmt man sieben und fünfzig Minuten lang durch eine-
mit Schneidgras und Buschwerk bewachsene Ebene von
Nilschlamm; an der nun folgenden Sandwüste liegt ein
verlassenes Dorf, dessen Namen man mir nicht zu sagen
wufste.' Nachdem man in der Sandfläche zehn Minuten
lang immer in der nämlichen Richtung gegangen ist,
kömmt man an eine Gruppe von beträchtlichen Schutthaufen
; alles hat der Zahn der Zeit verstümmelt; mit
Mühe entdeckte ich einige Säulenschafte, die dritthalb
Fufs im Durchmesser hatten, und deren Kapitaler mit Isisköpfen
verziert waren. Zwölf Minuten östlich von diesen
grofsen Schutthaufen stehet eine Gruppe von dreizehn
kleinen pyramidalischen Grabmausoleen; sie sind
von Quadersandsteiu und laufen ziemlich spitzwinkelig
zu, jede circa dreifsig Fufs hoch; die Aufsenseite ist
treppenförmig; kein Aditum ist an denselben angebaut,
und ein sonstiger Eingang ist auch nicht zu bemerken.
Nahe dabei sah ich auf der Erde liegend den verstümmelten
Körper einer sitzenden Sphinx von schwarzem
Granit, gleich denen bei den Tempeln von Barkal, Argo
und Scheck Selim. Diese ersten Pyramiden stehen unre-
gelmäfsig in drei Reihen, die von Norden nach Süden
ziehen. Ein zweiter weit beträchtlicherer Sammelplatz
von Grabmausoleen liegt von hier östlich in einer'Entfernung
von ein und dreifsig Minuten, immer in der nämlichen
Breitenparallele von' Gurkab. Ein und zwanzig
Pyramiden von verschiedener Bauart liegen hier in unre-
gelmäfsiger Reihe an dem Saume einer Sandsteinfelsterrasse
* von Norden nach Süden zu. Diese Grabmausoleen
hahen theils eine stumpfwinkelige pyramidalische Form,
das heifst, ihre Basis ist mehr als noch einmal so grofs,
als ihre Höhe, und alsdann sind ihre Seitenflächen und
Kanten treppenförmig ausgezackt; theils laufen sie ziemlich
spitzwinkelig zu , und dann sind ihre Kanten geglättet.
An beiden Arten sind die Spitzen alle abgestutzt.
Das südwestlichste Grabmausoleum unterscheidet sich von
allen ändern durch seine eigenthümliche Bauart; es bestehet
in einem massiven Sockel, zwanzig Fufs ins Gevierte,
und sechs Fufs hoch; dann folgen zwei kleine
Staffeln, welche als Basis einem prismatischen Thurme
dienen, der fünfzehn Fufs hoch ist; dieses Mausoleum,
so wie alle andere von pyrainidalischer Form, haben auf
ihrer östlichen Seite ein Aditum, das ihnen als Vorhalle
dient, und dessen innere Wände mit sehr geschmackvoller
Bildhauer arbeit verziert sind. Immer stellt diese die
Apotheose des Verstorbenen vor, indem ihm Opfer und
Libationen gebracht werden. Die Gruppen der Basreliefs
sind im Ganzen genommen wie diejenigen der Grabpyra-
miden bei Barkal, aber hier ist die'Bildhauerarbeit reichhaltiger;
auch unter den hiesigen Pyramiden ist eine, so
wie unter denen von’Batkal, deren Aditum sich von allen
ändern dadurch auszeichnet, dafs seine Decke von wohl
zusammengepafsten Quadern gewölbt ist; es ist die fünfte,
von Süden gezählt ; sie ist deshalb noch bemerkenswert!!,
weil die äufsere Façade des Aditums durch ein Basrelief
von zwei stehenden weiblichen Figuren verziert ist, von
denen jede eine Gruppe von Gefangenen mit einem Speer
niederstofsen will. Das Gewand dieser Victorien ist sehr
reich verziert; sie schienen mir _nicht so steif als die an
den egyptischen Tempeln abgebildeten Gruppen von Bria-
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