Bemerkungen über die Nil-Provinzen
bei Schendi.
Als ich die Provinz Schendi im Winter 1824 besuchte,
war sie eben durch die Armee des rachebrütenden
Mehemet Beg von neuem unterjocht worden. Die
unerhörtesten Grausamkeiten wurden verübt, um den
Mord des Ismail Pascha zu rächen; man stach bei Matemma
an tausend wehrlose, Weiber und Kinder kaltblütig
mit Messern nieder; und doch war ihnen Verzeihung
zugesiehert worden! Zu Schendi sperrte man Alle, deren
man habhaft werden konnte, ohne Rücksicht auf Mitschuld,
in mehrere grofse Häuser ein, und verbrannte
diese Unglücklichen lebendig. Kurz, Spiefsen, Braten
und Gliederverstümmeln war damals an'der Tagesordnung.
Was für Nachforschungen über Völkerkunde kann
ein Reisender unter solchen Umständen unternehmen?
Wie soll er Gelegenheit finden, den wahren Charakter
der Eingebornen zu studieren, der durch diese Gewaltsamkeiten
entstellt seyn mufs. Auch beschränkte sich
der Wirkungskreis meiner eigenen Beobachtungen auf die
Umgebungen des Lagers von Gurkab. Trotz dieser ungünstigen
Verhältnisse glaube ich über die Bewohner der
Provinz Schendi nachstehende allgemeine Bemerkungen
mittheilen zu können.
Die meisten freien Männer haben Gesichtszüge, welche
auf eine Abkunft von Hedjas-Arabern hindeuten: grofse
schwarze, etwas tief liegende Augen mit dicken Augenb
r a u n e n , regelmäfsige Nase und Mund, längliches Gesicht,
dichten schwarzen Bart, starkes, etwas gelocktes
Haupthaar, und grofsen starken, wohlproportionirten Körperbau
findet man gewöhnlich unter den Ackerbau treibenden
Schendawi; ihre Hautfarbe variirt vom Hellbraunen
ins Schwarzbraune; die ausschliefsliche Landessprache
ist die arabische; sie selbst leiten ihren Ursprung aus
dem Hedjas ab, und bilden mit den Bewohnern der Provinz
Schakie, die Jahelin-Araber. Man findet auch hier
zeitig Spuren der alten ethiopischen Gesichtszüge, wie
ich solche oben (pag. 31.) charakterisirt habe; besonders
fiel mir solches bei den Bewohnern der Insel Kurgos auf.
Obgleich jeder Familie eine gewisse Anzahl Galla- und
Nuba-Sklaven einverleibt war, so hat sich doch die eingewanderte
arabische Race ziemlich rein erhalten. Bastarde
aus Verbindungen mit Sklavinnen gibt es sehr
viele, aber diese wurden nie mit den freien Bewohnern
in eine Klasse, versetzt. Während meines Aufenthalts
würden sehr viele auf diese Art erzeugte Kinder als Sklaven
verkauft. Wie man mir versicherte, so geschieht es
beinahe nie, dafs ein' solcher Bastard sich mit einem frei-
gebornen Mädchen verheirathet; solche Verbindungen hatten
bei den Dongolawi, während des Einflusses der Schakie
Oberherrschaft, öfters statt; das heifst, Bastarde
der Schakie heiratheten freigeborne Mädchen der Dongolawi.